sehr spät lag ich gestern im bett….

… kalt war mir. ich fror so sehr, daß ich mir die zweite decke aus dem wohnzimmer holte. wenn narben aufbrechen, ist das ein ziemlich wunder zustand. nachdem ich mir hypercube gestern noch angesehen hatte, fragte ich mich: “wem begegnet man im anderen, dem anderen?, oder sich selbst.” “du hast da noch eine leiche im keller, die ziemlich lebendig ist.” als omnipotent bezeichnet man stammzellen, die die fähigkeit haben, sich in alle zelltypen eines organismus differenzieren zu können, die sich dann zu einem lebensfähig kompletten organismus entwickeln. das leben hat mich eines gelehrt: unter anwendung von reinstem pragmatismus leben zu wollen, dieser pragmatismus ist für mich lebensnotwendig. warum?. begegnet mir ein problem, will ich’s hinter mir haben, um dann weiterleben zu können, nichts weiter. mir ist zuviel begegnet, als das ich auf diesen pragmatismus verzichten könnte, ich brauche ihn. was mit meiner angst ist?. ja, die meldete sich gestern mal wieder, es geht aber schon wieder. ich schrieb es schon einmal. wenn man sich in einer das leben wirklich bedrohenden situation befindet, gibt’s keine angst mehr, nur noch reines handeln, es ist ein automatismus, der alles ausschaltet, man weiß in dem moment nur, was man tun muß, um zu überleben. “ich muß mal”, ist schwierig, das mit gebrochenem unterkiefer zu sagen, aber dieser satz und mein anschließendes handeln retteten mir mein leben. heute denke ich, daß er auf grund meines körperlichen zustandes nicht mehr damit rechnete, daß ich überhaupt noch zu einem handeln in der lage war. war ich aber noch, er hatte mich unterschätzt, war für einen moment unaufmerksam. die nächsten drei tage fehlten mir in meiner erinnerung gänzlich, erst jahre später kam das nach und nach wieder hoch. vielleicht resultiert auch gerade aus dieser situation mein pragmatismus, der mir häufig vorwurfsvoll angesagt wird: “du mit deinem pragmatismus.” “was willst du, leben, oder nicht. du hast ein problem, willst du es lösen, oder nicht. alles was man lösen und klären kann, ist kein problem.” ich weiß, daß mir ab und an auch arroganz nachgesagt wird, weil die menschen nicht verstehen, daß ich einfach nur einen klaren kopf behalten will… viele probleme, die für andere menschen ja wirklich probleme darstellen, und es auch sind, sind für mich keine mehr. “manchmal bist du derart arrogant.” “ich bin nicht arrogant, ich will das ding einfach nur vom tisch haben.” es ist schwierig, daß anderen menschen wirklich erklären zu können, sie denken, ich halte mich für einen überflieger, bin ich aber nicht, ich handele nur. als ich gestern abend vor dem zubettgehen noch auf der toilette saß, kam ein flashback. ich holte mich so gut ich konnte, daraus, ging ins schlafzimmer, schloß die tür, verschloß sie, was ich lange nicht tat, kletterte ins bett, zog mir beide decken über den kopf. kurz vor dem einschlafen dachte ich noch: “wenn du wieder gesund bist, fängst du mit kampfsport wieder an, du mußt im training bleiben.” viele jahre konnte ich noch nicht einmal auf den boxsack einprügeln, stand wie gelähmt davor… bis das irgendwann brach, danach hatte ich ein absolutes problem, wenn ein “gegner” vor mir stand, es war ja nur training, für mich war das aber viele jahre kein training. göttin sei dank hatte ich einen trainer, der das wußte. als ich dann das erste mal in das, zwar geschützte gesicht meines “gegners” schlug, war das eine unglaubliche befreiung, es löste sich so viel in diesem augenblick, ich bekam allerdings die kurve nicht mehr, weil diese wut so aus mir rausbrach…. zwei männer legten mich zu boden, es dauerte eine weile, bis ich wieder vollständig da war. alle drei halfen mir über jahre, damit umgehen, die wut dosieren, auch dabei einen klaren kopf behalten zu können. oft sagte man mir: “du mußt das endlich abschließen… es ist vorbei, und gut.” “es ist niemals vorbei, eine solche narbe ist und bleibt eine solche, und sie sitzt im körper, und manchmal passiert etwas, was sie wieder aufbrechen läßt, dann geht der heilungsprozeß von vorn los.” ich habe mich daran gewöhnt, daß das niemand versteht. es ist keine arroganz, ich will einfach nichts anderes, als leben.
als ich gestern die formulierungen las, daß ich doch selbst schuld daran wäre, wenn so etwas passierte, kam auch ein flashback hoch. ich saß in der gerichtsverhandlung, der pflichtverteidiger des scheißkerls, der das mit mir gemacht hatte, versuchte während der dauer dieser zweitägigen gerichtsverhandlung an der schwurgerichtskammer nichts anderes, als mir den anteil an schuld an diesem geschehen zuschieben zu wollen, den er lediglich darin begründet sah, daß ich eine frau bin. die frau ist immer selbst schuld, wenn ihr so etwas passiert. nicht der schädiger muß seine unschuld beweisen, die geschädigte muß das tun. da interessiert auch nicht die tatsache, daß ein prof. der gerichtsmedizin ein gutachten abgibt, welches eindeutig aussagt, daß man dem tode nur ganz knapp von der schippe sprang, auch nicht die tatsache, daß man ob seiner körperlichen verletzungen hinterher fast drei tage bewußtlos im krankenhaus lag… die frau, der das passiert, muß ihre unschuld beweisen, dabei hat sie unter umständen nichts anderes getan, als abends im dunkeln über die straße zum zigarettenautomaten zu gehen, um sich zigaretten holen zu wollen. wenn die allgemeinheit schon so denkt, ist es kein wunder, daß die härte von haftstrafen durch diese schuldzuweisung allein am frausein, aufgeweicht wird.

die morgensonne kommt rum, der milchkaffee ist fertig, die zwei weichgekochten eier mit schnittlauch auf getoastetem brötchen auch. es ist zwar sehr morgenkühl, aber ich werde draußen frühstücken.