früh war ich heute wach…

…. die innere uhr hat auf sommer umgestellt, aber es wird auch schon die tatsache sein, daß der job mich ab morgen wieder in seinen fängen haben wird. warum ich das so sage?… weil es so ist. diese letzten 4 wochen haben mir trotz der nicht so angenehmen umstände unglaublich gut getan, weil ich mal richtig abschalten konnte. wenn ich einen längeren urlaub mache, brauch ich immer gut zwei wochen, bis ich aus dem job wirklich raus bin, erst danach kann erholung beginnen. von dem zweistündigen gespräch mit meinem chef, er kam letzte woche einen abend, so 20.30 uhr, ich rechnete schon garnicht mehr mit ihm, erinnere ich nicht mehr sehr viel, doch… zwei dinge. er verschwieg mir etwas, ich fühlte die ganze zeit, daß er mir eigentlich etwas sagen wollte, es aber dann doch nicht tat, und er saß die ganze zeit mit übereinandergeschlagenen beinen und verschränkten armen, was für mich bei der größe dieses mannes ein merkwürdiger anblick war. ich sprach ihn auf zwei für mich wichtige themen an, er wich aus… “das werden sie am xx.xx.xx erfahren”, also gehe ich davon aus, daß er mir meine fragen durchaus hätte beantworten können, aber vorzog, dieses nicht zu tun. was ich sah, war, daß er eine seiner augenbrauen fast unmerklich hob, als ich die erste frage stellte, sie dann wieder senkte, mir nicht in die augen sah, als er mir die antwort gab. ich werde wohl den richtigen riecher haben. was die form des morgigen “reinen tisch” machens betrifft, hab ich mir genau überlegt, wie ich das tun werde. ich werde morgen früh vor der arbeit brötchen holen, hab mich mit der kollegin zu einem frühstück verabredet, die übergabe soll stattfinden, aber es wird auch diese/ihre aussage, und auch ihr verhalten geklärt werden, wovon sie noch nichts weiß. ich bin in solchen situationen immer sehr ruhig, nenne das einen kontrollierten ausbruch, wahrscheinlich wird sie das, was ich ihr sagen werde, erst realisieren, wenn sie wieder an ihrem schreibtisch sitzt. den eigenen claim muß man gleich abstecken und ins grundbuch eintragen lassen, sonst werden keine grenzen anerkannt.
gestern war meine freundin hier, sie war ziemlich unten. der papa hatte einen so liebevollen brief an seine kinder geschrieben, in dem er den kindern mitteilte, was die mutter kurz vor ihrem tod noch zu ihm sagte, ihm dann auftrug, dieses den kindern nach ihrem ableben zu sagen, wozu er die letzten monate mündlich nicht in der lage war. also schrieb er es auf. einen so liebevollen brief von seinem vater zu bekommen, ist großes großes glück. und nun weiß meine freundin, daß ihre mutter kurz vor ihrem tod an nichts anderes dachte, als an ihre kinder, was sie jetzt damit versöhnt, daß ein wirkliches gespräch vor dem tod der mutter nicht mehr möglich war.

ein satz von borges geht mir im kopf herum:

“in der summa theologica wird geleugnet, daß gott vergangenes ungeschehen machen könnte, doch verlautet nichts über die heikle verkettung von ursachen und wirkungen, die so umfassend und tiefgreifend ist, daß sich kein einziger zurückliegender vorfall, mag er noch so geringfügig sein, ausmerzen läßt, ohne die gegenwart zu entkräften. die vergangenheit modifizieren heißt nicht, eine einzige tatsache modifizieren; es heißt vielmehr ihre nahezu unendlichen folgen zu annullieren. mit anderen worten: es heißt, zwei universalgeschichten schaffen.”

“das aleph”, fischerverlag 1992, seite 70.

nach über 12 jahren hab ich endlich meinen zwillingsbruder gefunden… wo?.. natürlich im netz. ich sprach darüber mit meiner schwester, die sehr ablehnend reagierte, ich fragte sie, warum sie so reagiert, ihre antwort war: “ich kann nichts dafür, er hat einfach zu große ähnlichkeit mit deinem vater, der zwar nicht meiner ist, der sich mir gegenüber aber genauso verhielt, wie er sich dir gegenüber verhielt.” da wurde mir klar, daß mein zwillingsbruder nur deshalb von beginn an keine chance innerhalb der familie bekam, weil er rein körperlich eine so große ähnlichkeit mit dem vater hat. er wird das die ganzen jahre gespürt haben, was für ihn sicherlich sehr sehr schlimm war, denn auch die mutter gab ihm genau deshalb keine chance. oft lag sein kopf auf meinen beinen, ich hielt ihn, und er weinte bitterlich. ich schrieb ihm eine mail, er antwortet wirklich sehr lieb, aber dem grundtenor seiner geschriebenen worte konnte ich entnehmen, daß er sehr froh ist, dem einzugsbereich der familie entkommen zu sein. seine erste ehe scheiterte, auch er hat keinen (aber erst seit einem halben jahr) kontakt zu seinen zwei kindern mehr, was er mir ausführlich erklärte. “**** hat jetzt ein vierteljahr vor dem abschluß seiner ausbildung diese geschmissen, erwartet jetzt, daß ich ihm weiterhin sein leben finanziere, was ich wohl tun müssen werde, **** studiert auf lehramt, aber seitdem ich auch ihr die sonst neben dem unterhalt gezahlten “nebenkosten” nicht mehr bezahle, sprich auch sie kein wort mehr mit mir. meinen unterhalt zahlte ich die ganzen jahre regelmäßig, auch für die mutter, aber irgendwann konnte ich eben nur noch den reinen unterhalt bezahlen, meine firma läuft auch nicht mehr so rosig, wie vor fünf jahren, da musste ich einfach streichen, beide verstehen das nicht, reden seitdem nicht mehr mit mir, wollen mich auch nicht mehr sehen.” er schrieb dann noch, daß er seit 2002 wieder verheiratet sei, eine liebe frau und eine noch schönere tochter hätte, die zwar nicht sein liebliches kind sei, die er aber adoptiert hätte. “ich habe also eine wirkliche familie.” als ich das las, dachte ich: “ja… das mit der familie haben wir alle versucht, aber nur unser jüngerer bruder schaffte das.” jedes kind trägt die last der schuld der eltern auf seinen schultern, wiewohl mir klar ist, daß die eltern auch nur so handelten, wie sie zu handeln in der lage waren. das gestrige gespräch mit meiner schwester ging dann noch sehr ins eingemachte… ihr wird jetzt auch klar, warum mein zwillingsbruder die chance auf das recht einer eigenen persönlichkeit in der familie nicht bekam. sie war zwar sehr nachdenklich, ich sagte ihr, daß ich den kontakt zu meinem zwillingsbruder ganz behutsam aufbauen möchte, was sie trotz unseres gespräches aber erst einmal abwehrte. sie ist sich aber ihrer eigenen haltung bewußt, will sich mühe geben, diese zu ändern, aber auch sie kann nicht aus ihrer haut, auch sie erlebte mit meinem vater dinge… die sie heute noch verarbeitet: “weißt du, es ist einfach so, sehe ich deinen zwillingsbruder, meinen halbbruder, steht sofort dein vater vor mir, aber nicht nur dein vater, sondern auch unsere mutter, also beide in ihrer eigenen situation, ich mache sofort dicht…. und zwar ganz.” “dafür kann aber unser bruder nichts…” “ich weiß, aber ich kann das trotzdem nicht verhindern, du konntest, obwohl du ja von uns allen das schlimmste mit deinem vater erlebtest, differenzieren, ich kann das einfach immer noch nicht.”