Arbeitsjournal. Donnerstag, der 4. März 2010. Fängt mit Brahms an und erklärt die Löschungen.

6.51 Uhr:
[Arbeitswohnung. Brahms, Streichquartett a-moll.]
Den Morgen mit Löschungen begonnen; es scheint manchem nicht klarzusein, daß es sich bei Der Dschungel nicht um einen Plauder-, bzw. Laber-Blog handelt. Eigentlich wollte ich dazu gar nichts mehr schreiben; jetzt sag ich’s mal deutlich: Beiträge nichtregistrierter Kommentatoren werden gelöscht, wenn ich das für notwendig halte oder wenn mir einfach danach ist; ich werde das nicht mehr erklären; registrierte Kommentatoren hingegen haben, finde ich, ein Recht auf Erklärung. Es geht nicht um den Ton, es darf weiterhin, auch gegen mich, geschossen werden, nur bitte halten Sie sich an ein wenig Zugespitztheit, also Argumente, die sich aber auch nicht immer und immer wieder leiernd wiederholen sollten; wenn Sie zugleich einigermaßen höflich, sagen wir: zivilisiert in Ihrer Ausdrucksweise bleiben, hat ein Kommentar alle Chance, stehenzubleiben. Was nun das von Canes Seiten immer bekifftere Selbstgespräch anbelangt, das er mit Teresa (Gast) geführt hat und weiterzuführen offenbar gedachte, wobei die eine Gästin von der anderen von mir aus nicht zu unterscheiden ist, so löschte ich nicht, weil ich etwas gegen Mundart hätte, sondern weil ich dieselben Kriterien an Mundart-Dialoge anlege wie an hochsprachliche; sich gegenseitig in Zappa-Erinnerungen zu baden, reicht nicht, weil das zu viel von einem herumsickernden AchFrüherWarDochAllesBesser hat; sowas ist mir schon bei meinen Vorderen immer auf die Nerven gegangen. Ich glaube begeistert an die Zukunft, schon als Vater; wer meinen Optimismus nicht teilt, tut gut daran, keine Kinder in die Welt zu setzen. Andernfalls macht er sich schuldig.

Es wird ein Erledigungstag heute werden: Post öffnen (endlich, grrr), antworten, soweit mir möglich und soweit es klug ist, Rechnungen bezahlen (wozu ich durch die Prenzellande radeln muß), Buchhaltung ohne Buch, doch immerhin mit Heftern („Ablage” nannte man sowas zu meinen Lehrzeiten und nennt man vielleicht immer noch so); dann sind meine Füße zu pflegen, dringend liebevoll; dann ist für den Bub eine Pizza zu besorgen, weil er sie sich gestern gewünscht hat; dann ist abzuwaschen, und eigentlich… tja aufgesaugt, wenn nicht gewischt müßte auch mal wieder werden. Dazwischen Die Dschungel. Und bei >>>> Die Reise gibt es ein technisches Problem, das aufgrund des ersten Seitenwechsels deutlich wurde: Scrollt man Die Dschungel ganz hinunter, gibt es einen Link, der zur nächsten Seite führt: „ältere Beiträge” ist er genannt. Solch ein Link fehlt für Die Reise, und ich hab noch keine Ahnung, wie ich den da hinbekomme. Er ist für das Projekt aber wichtig. Vielleicht weiß jemand von Ihnen Abhilfe.
Und das Projekt selbst fängt auch schon wieder an, >>>> Leute zu verärgern. Wohl wahr, was neulich Radisch angemerkt haben soll (und ein erbittertes Zittern habe sie spastisch durchzuckt): In mir träfe der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels absolut den Falschen. Fragen Sie mich aber bitte nicht, wie man überhaupt auf solch eine Idee kommen konnte. Ich halt’ das eh für eine Ente.

ABER. Nachts erreichte mich eine Mail des Kinderbuchverlages, für den ich >>>> im November die ersten Kapitel eines Jugendromans geschrieben hatte: „Nun ist es so, dass mir das Manuskript in vielerlei Hinsicht wirklich gut gefällt und wie üblich lesen jetzt auch noch weitere Kollegen im Lektorat. Sind denn unterdessen neue Kapitel entstanden? Und vor allem: Können wir in Leipzig auf der Buchmesse sprechen?” Selbstverständlich können wird das; ich rief sofort den Profi an, egal, daß es 23 Uhr war. Er saß und arbeitete (ich selbst hatte >>>> Cotzee gelesen, das Buch hat mich erwischt); als ich die Nachricht vorlas, rief er: „Das ist jetzt fein! Dann mach dich auf T-Shirts und Becher gefaßt, auf den ganzen Rummel des Mechandisings. Von nun an, wenn das Buch erschienen ist, wirst du wirklich Geld verdienen.” Besser als mit Aushilfsjobs, dachte ich, auch wenn ich’s lieber mit meinen anderen Büchern täte. Aber da ich das Buch (es wird eine Buch-Serie werden) g e r n e schreibe, weil ich eben Kinder auch liebe, ist’s wieder in Ordnung, zumal Kinderbücher er erlauben, Erkenntnisse und Haltungen mit einem Sinn weiterzugeben, den man bei Erwachsenen bezweifeln kann: was erstmal geprägt ist, ist geprägt; kaum mit Therapien kommt man da raus. Das ist bei Kindern (noch) anders. Also ich freue mich riesig. Mal sehn jetzt, wie das Gespräch auf der Messe laufen, was es bringen wird. Denn die ersten Kapitel meines Romans stecken voller politischer Inkorrektheiten; wie ich von Eisenhauer weiß, ist das bei Kinderbüchern extrem heikel. Denken Sie etwa an >>>> d i e s e Geschichte. Insgeheim hatte ich längst geglaubt, man werde den Entwurf meines Romantextes schon deshalb ablehnen. Offensichtlich war das ein Vorurteil. Jedenfalls, w e n n der Roman zustandekommt, wird er (selbstverständlich unter Pseudonym; man würde mir andernfalls meine BDSM-Nähen um die Ohren hauen) in einem der vermögendsten Verlagshäuser Deutschlands erscheinen; Leser, sehn Sie’s mir nach, daß mich das sehr beruhigt. Es wird ja auch meine Gläubiger freun. Nein, Heyne ist es nicht. Da hätte ich aber gerne ANDERSWELT: Man muß mit der Kunst in die Massenverlage, alles andere hat in diesem Buchmarkt fast keinen ökonomischen Sinn mehr.

[Brahms, Streichquartett G-Dur.]

8.47 Uhr:
Nicht zu fassen! Die Löwin ruft an, aus ihrer Wiener U-Haftanstalt (oder sagt man besser „weanerischen”?): die Wunde sei schon fast verheilt (Durchschuß), aber sie hinke. Das könne sie nicht leiden, so zu hinken. Außerdem habe man ihr die hohen Pumps weggenommen, sie wisse überhaupt nicht, wie man mit flachen Schuhen gehen solle… „frau” sagte sie: wie frau mit sowas gehen solle. „Total unattraktiv. Also zu hinken mit hohen Absätzen habe was, das könne man („frau”) kultivieren, mit flachen sehe das nur scheiße aus, und sie, als radikale Frauenrechtlerin, dürfe das auch sagen. Die Anwälte meinten indessen, hohe Absätze kämen vor Gericht nicht so gut, die stünden auf Mäuschen in grau, womit sie aber nicht „musculus” meinten, sondern naichwisseschon. Ob ich àpropos nicht >>>> June über ihren, der Löwin, Aufenthalt informieren könne? Sie, Leona, hätt so gerne mal klugen Besuch. (Hatte ich schon erzählt, daß sich die beiden kennen?) Aber es sei’n halt nur diese Männlein um sie herum, und im Gefängnis selbst das nicht, „aber wenn jemand schon Schlagstöcke trägt… nein, Alban, es ist überhaupt nicht immer gut, gebildet zu sein, also” das Wort sprach sie wirklich aus: „symboltechnisch”. Wie denn das Essen sei, wollte ich wissen. Sie lachte auf. Einen Moment lang sei sie versucht gewesen, Sushi zu bestellen, aber sie sei sich nicht sicher gewesen, ob ihre Herrin Wärter das überhaupt kenne, und bloßstellen habe sie die arme Frau nun wirklich nicht gewollt. Jedenfalls gehe sie, die Donnerkatze, davon aus, nächste Woche freizukommen. Ich schickte ihr einen Kuß hinter die Gitter, dann legte ich auf. Und jetzt mach ich den Abwasch.

14.11 Uhr:
[Frank Martin, Cembalokonzert.]
So, die Wege liegen hinter mir, mein Frankurter Honorar ist quasi weg, etwas Handgeld blieb übrig: also das übliche Knappsurfen wieder. Dafür ist die Wäsche geordnet… welche Ordnung plötzlich im Flur; jedoch Antimotten-Zeug muß nachbesorgt werden, unbedingt. Meines Jungen Pizza backt im Ofen, mein Sahnehering ist mit Äpfeln, Lorbeer und viel Zwiebeln eingelegt (Gewürzgurken zu kaufen vergessen), die Füße warten auf den Nachmittag wie das Cello. Der Verlag meldete sich, nun steht unser Messetermin, und ich sehe einem Vorschuß entgegen, der mich mal durchatmen lassen wird. Nun ist noch Post zu beantworten, zwei Fristen dabei, die ich, um Zeit zu gewinnen, ausreizen muß, ungern übrigens, weil die Leute eh so zuvorkommend sind: ich meine vor allem das Finanzamt, sehr sehr freundlich, aber ich kann nicht anders, als ich tue. Diese Last wär ich schon gerne mal los, allein aus Gründen der Haltung. So war es immerhin süß bei meinen Vietnamesen; ein ganze Stange hab ich mir geschnappt, legte sie offen hinten in den Fahrradkorb, da macht mir der Zeitungsverkäufer Zeichen: Seien Sie vorsichtig, Sie wissen doch. Auch er freundlich, man steckt unter einem Leder, schreibt Hofmannsthal. Ihmzuliebe, dem Verkäufer, nicht Hofmannsthal zuliebe, der davon eh nichts mehr hätte, pack ich die noch warme Ware in die elegante Ledertasche, die mir aus andren Zeiten verblieb. Zu Penny, wo sich kaum je etwas verändert. Undsoweiter. Also die Post jetzt, bis mein Bub hiersein wird; den Mittagsschlaf hab ich von 12 bis 13 Uhr vorgeholt; wunderbare Musik, dies Frank-Martin-Konzert. Mit dem Jungen werd ich mal alle Klamotten durchgehen, die er hierhat: aussortieren, aus was er hinausgewachsen ist. Das wird einiges sein.

20.49 Uhr:
[Am Terrarium. Bruckner, Messe f-moll.]
Wüßte Rainald Goetz, welch ein Ausbund an Feig- und Miesheit sich ständig auf ihn beruft, er müßte das Gefühl bekommen, etwas grundsätzlich falsch zu machen; dabei kennen wir uns gar nicht, sind einander ein paarmal über den Weg gelaufen, das war’s auch schon. Man beobachtet sich im Augenwinkel: er mich, das geht aus seinen Büchern hervor, ich ihn, weil man ihn dauernd vor mich hinstellt. Ich habe kein Urteil darüber, ob seine Arbeit gut oder nicht gut oder annehmbar ist: sie interessiert mich schlichtweg nicht. Nicht aus ästhetischen Gründen, sondern weil unsere Lebenswelten zu verschieden sind und also die Leidenschaften sicher auch. Ich lese auch keine Bücher, die vom Fußball handeln; das können gern auch gute Bücher sein, ich würd das nicht bestreiten.
Weshalb ich das hier überhaupt schreibe? Weil abermals jemand sich des Dschungelnamens einer anderen bemächtigt und unter ihm einen Brief geschrieben hat, dem man Herkunft wie Gemeinheit sofort anliest; es bedurfte gar nicht der hinweisenden Mail meiner benvenuten- ich möchte sie einmal so nennen, es ist ein Ehren/Wort: – Seismographin Nun möchte ich es aber gerne der Undine überlassen, ob man die Garstigkeiten >>>> dort stehenläßt oder nicht. Aus welcher verkniffenen Ecke sie kommen, ist allen Dschungellesern deutlich; das muß man nicht mehr benennen.

Die Kinder schlafen, लक ist davon in die Nacht, ich hab noch etwas mit der Wäsche zu tun, danach werde ich Cotzees Schlimmes Tagebuch weiterlesen. Außerdem wollte die Löwin noch einmal anrufen… klar, wenn man sie läßt.

2 thoughts on “Arbeitsjournal. Donnerstag, der 4. März 2010. Fängt mit Brahms an und erklärt die Löschungen.

  1. @ANH admin oder contributor/weblog/einstellungen…. weiter nach unten scrollen und die auf der startseite anzuzeigenden tage auf 2 limitieren (weil bis jetzt 2 tage auf der startseite erscheinen). wenn der nächste eintrag geschrieben werden wird, müßte dieser sich automatisch hinter dem dann auftauchenden link verbergen, weil er ja in der vergangenheit liegen wird.

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