Die letzten Tage 90

Schon das Ansichtigwerden einer im Wind sich wiegenden Kiefer, schon die etwas deutlichere Sicht auf den – ja, nicht wie auch immer, sondern – so gekneteten Bergklumpen, daß er seiner Silhouette wie aufs in der dennoch Undeutlichkeit nicht zu erkennende Haar gleicht, ganz zu schweigen von all den Eichen, die da sich wiegen werden. Hypothetische Vorstellung, die eine Vorstellung von der Vorstellung, wie es wäre, wenn ich. Jedenfalls will ich damit sagen, es sei nicht schwül. Aber warm. Das Thermometer in der Wohnung stieg auf 31 Grad. Und also erstmals künstliche Windbefächelung. Hatte heute bei mir bleiben wollen, obschon die Hypothese „eiskalte Quelle“ gestern Abend noch fiel. Nein, die Hitze wollte mich in Zeitlupe. – Gestern Abend: jedenfalls war dem Gärtner (also MM) wieder daran gelegen, mich zu bekochen. Abgesehen davon, daß ihm dieser Gemeinschaftsdrang sowieso innewohnt, denn er tut es auch gern für andere. Sieht man ihn zufrieden, könnte einem das Wort „Wonneproppen“ einfallen. Ich brachte wie üblich den Wein mit. Man erzählt sich die jeweiligen Geschichten. Las ihm auch wieder vor. Dieses Mal allerdings ohne Klampfe. Denn der Mensch hat keine Ahnung von Literatur, aber ich merke, er hört zu. Für mich zumindest verwirrend, ein sich in Falten legendes Gesicht zu sehen beim Vorlesen von Traumstücken aus Artmanns ‚Grünverschlossener Botschaft’, weil da kein Funke überspringt und die Falten für das Suchen nach diesem Funken stehen. Im Gegenzug mein fehlender Funke, wenn seine Handel- und Wandel-Welt sich in seinen Erzählungen aufbaut, d.h. seine Gabe, selbst radebrechend oder gar stumm mit den Menschen ohne störende Reibungen umzugehen, sei’s in Afghanistan, in Kambodscha, Südafrika oder Kalifornien. Aber ich höre zu, denn ich bin ein guter Zuhörer. Beim Verdauungsgang durch die Oberstadt noch mal geschaut, ob die Neffen wieder aus Apulien zurück sind, denn gestern war der Rückreisetag. Gegen acht waren sie noch nicht da. Aber da brannte dann Licht, und wir gingen kurz hinauf zu hören, wie’s gewesen. Wie schon angedeutet, mit ‚Going Home’ home, ziemlich ‚Undead’. Als ziemte sich ein Solches. Allerdings bin ich mir des Ziemens nicht so sicher. Bin eher in der Bewegung, die sich deutlich oft im ‚Tod des Vergil’ zeigt: was Einen durchdringt und Einer gleichzeitig durchdringt. Diese in den sich entgesetzten Bewegungen als Moment sich zeigende Aufgehobenheit. Die subtile Grenze zwischen zwei Zerworfenheiten, die sich in der Formulierung nicht überwerfen (sich mit jemandem überwerfen, nein nicht das), sondern: ein jeder Moment ist der jeweils gegnerische Korb, in den wie gespiegelt der Ball gleichzeitig fällt.

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