Arbeitsjournal. Mittwoch, der 15. September 2010: Das zehnte ilb.

8.03 Uhr:
[Leukert, >>>> Variations pour une porte soupirante.]
Seit sieben am Schreibtisch, höre ich abermals Leukerts Hörstücke und schreibe dabei aber Briefe, bzw. bringe Der Dschungel html auf neuen Stand; und gleich werde ich über das gestern geschriebene Exposé für den WDR gehen und sodann beginnen, die Besprechung der >>>> Leukert-CD zu schreiben, die immer abenteuerlicher und eindringlicher wird, je öfter ich sie anhöre. Das ist dann aber nicht leicht in Worte zu fassen. Zwar, es läßt sich „inhaltlich erzählen”, damit wird aber die Wirkung nicht erfaßt, nicht der Raum, den diese Hörkunst öffnet. Was übrigens, Hörkunst, ein problematisches Wort ist, weil es zugleich „Kunst zum Hören” wie „die Kunst des Hörens” bedeuten kann. Aber vielleicht trifft ja auch beides zu, vielleicht braucht es, um diese Arbeiten zu verstehen und zu genießen, einen ebenso ausgebildeten Hör-Sinn wie das Auge für neue Bildende Kunst gebildet worden sein muß.
Jedenfalls werden mich Exposé und Kritik heute beschäftigen, bevor ich dann abends zur Eröffnung des >>>> Internationalen Literaturfestivals Berlin radeln werde. Mein Junge, der heute wahrscheinlich hier schlafen wird (es sei denn, er kann bei einem Schulfreud übernachten – was er sehr gerne tät), wird mitkommen; das wird dann also etwas später für ihn. Ich bin enorm auf >>>> Goytisolo gespannt. Sicher wird auch >>>> Eigner da sein, der den Spanier gut kennt; wiederum der hat sich früh für Eigner verwandt. Was aber allem voran hier schon gesagt werden muß, das ist, daß Ulli Schreiber einmal wieder >>>> ein beeindruckendes Programm auf die Beine hat stellen lassen.

Vorher indes, nach dem Mittagessen, ist mit meinem Jungen Englisch zu üben, da er morgen einen Test schreibt. Auf jeden Fall muß das Exposé also vor 14 Uhr abgesegnet worden sein. Zweiter Latte macchiato, zweiter Morgencigarillo. Das Wetter ist mies geblieben. Und gestern begriff ich, daß ich dringend für zwei Jahre meine Rundfunkarbeiten der VG Wort nachmelden muß.

9.53 Uhr:
[Leukert, Tree’s Tale.]
Die Sonne kommt durch, Licht wird!
Das Exposé ist raus, jetzt muß ich auf Rückmeldung warten und fang derweil schon mal mit der Leukert-Kritik an. Eine Lesung in Hannover angeleiert; außerdem brauche ich für eine neue Zeitschrift, für die um eine meiner Erzählungen gebeten wurde, die endgültige Fassung in „Azreds Buch” vom >>>> Verlag; anders als ich frönt man dort aber den Nachtarbeiten und schläft deshalb den halben Vormittag durch, jedenfalls aus meiner Perspektive bewertet. Auch da also warten, denn ich habe in den Fahnen noch einiges verändert, das so in meinen doc-Dateien nicht drinsteht; es wäre einfach gut, entspräche der Text in der Zeitschrift dem Text in dem Buch.

Ein ziemlich pikantes Bild in Netzauftrag gegeben: als gerahmtes Poster. Wenn das dann hier an der Wand hängt, ist >>>> mein Ruf v ö l l i g dahin. Dennoch darf ich es, aus Gründen der Diskretion, nicht in Die Dschungel einstellen. Dabei hat es auch künstlerisch einen hohen Wert. (Welch ein Jammer!)

13.37 Uhr:
Das habe ich mir jetzt wirklich selber zuzuschreiben, daß es nun doch ein „kleines” Feature wird. Was den Sendeplatz und die Bezahlung anbelangt, nicht das Stück selbst; daran wird sich nichts anderes ändern, als daß ich jetzt nicht, wie gewollt, mit fünf Sprechern werde arbeiten können, sondern mit zweien Vorlieb nehmen muß; um das „aufzufangen”, übernehm ich dann selber eine Sprecherpartie. Also ich habe den Abgabetermin des Exposés falsch notiert, das rächte sich jetzt. Ganz unglücklich rief die Redakteurin an. Es gebe allerdings, ganz ganz ganz eventuell, noch eine kleine Chance; dafür müssen wir bis Anfang Oktober warten. Egal, ich drehe mein Ding.
Dafür dann Barbara Stang, die >>>> ihre neue Website bekanntgemacht hat; jetzt muß ich nicht immer auf den uralten Börsenblatt-Artikel verlinken und lasse das also auch hier sein. Ich stehe übrigens noch nicht drauf, bei Stang-PR, werde aber nachgeholt zügig. Wie sowieso Stang zügig arbeitet: nicht nur, daß sie das Kunststück hinbekam, noch eine >>>> AZRED-Lesung zur Frankfurter Buchmesse – kaum drei Wochen vorher! – hinzubekommen, sondern jetzt folgte gleich noch eine Lesung in der >>>> Tucholsky-Buchhandlung Berlin.
Während ich so hin- und herschrieb, kam das AZRED-Cover als pdf. Wunderbar, schaun Sie:Dank an >>>> Zazie, die das Titelbild ebenso hierfür geschaffen hat wie seinerzeit für >>>> die horen-Ausgabe zu ANDERSWELT.

Eine halbe Stunde noch, dann wird mein Junge hiersein. Bislang noch keine Zeile zur Akusmatik bei Leukert geschrieben. Nur Planung, Korrekturen, Briefe. Und telefoniert.

22.45 Uhr:
Zurück von der >>>> Eröffnungsveranstaltung des ilb. Den Jungen, der mitwar, zu Bett gebracht, schon schläft er wie ein Stein. Sofern Steine denn schlafen. Noch etwas gegessen im Stehen am hölzernen Küchenbrett, jetzt vorm Laptop.
Solche Veranstaltungen sind irgendwie wie die Treffen riesiger Familien; man gehört auch als Schwarzes Schaf dazu, das man aber durchaus nicht für alle ist. Hübsch etwa, wie >>>> Janetzki nicht drumrum kommt, mich zu grüßen, einfach weil ich im Gespräch mit >>>> Péter Esterházy dasteh, an dem kein Betriebler vorbeikann. Wir kennen uns schlichtweg daher, daß wir denselben Lektor haben; bzw. ich hatte ihn, aber noch heute, da ich in seinem Verlag nicht mehr publiziere, sieht er bisweilen meine Texte durch. Janetzki wiederum, und hingegen, legte mir Steine in den Hinterhalt, wie er nur konnte. Er kann sowas gut, und er weiß, daß ich’s weiß und auch offen drüber rede. Überhaupt nervt meine Offenheit die Betriebler, viele, nicht alle. Außerdem war die Dottoressa da, die viele im Betrieb umschwärmen, als Frau wohlgemerkt, was sie gut weiß. Daran hatte sie heute abend nicht weniger Vergnügen als ich. Der herzliche und herzlich nervöse Festivalleiter dann. Und die vielen jungen Damen, die ihn umgeben und ohne die dieses Festival nicht durchzuführen wäre. Zugleich die Honoratioren aus Politik und Wirtschaft und von den Stiftungen. Eine Kritikerschar sowieso. Ich hätt meinen Spaß noch weiter gehabt, doch mein Sohn schreibt morgen eine Englischarbeit; es war eh schon zu spät für ihn. Was mir aber eben diese große Freude an dem Festival, eigentlich, bereitet, das ist, daß ich mich sehr genau an die Anfänge erinnere und wie der dreiviertel Literaturbetrieb hämische Bemerkungen über Ulli Schreiber machte, als er für seine Idee Hilfe erhoffte. Daß man ihn blockiert hat. Daß er dennoch in die verkrusteten Strukturen einbrach und sie so entzweibrach, daß in der entstandenen Spalte, die dann immer größer wurde, dieses Festival Platz fand und wie eine rankende Pflanze sich links und rechts im Mauerwerk festwuchs… und weitergewachsen ist, immer weiter: man m u ß t e weichen. Und heute sind alle dabei, die in dieser Stadt und über diese Stadt weit hinaus einen Namen haben. Heute w o l l e n sie alle dabeisein. Ulrich Schreiber lächelt dazu, er lächelt meistens. Er hat dazu den Grund.

Gut, ich mach mich mal an den Text.

9 thoughts on “Arbeitsjournal. Mittwoch, der 15. September 2010: Das zehnte ilb.

  1. MBT Förderung des Einsatzes von vernachlässigten Muskeln: die Körperhaltung und weitere Informationen zu verbessern; Anpassung und Form Körperbau; kann dazu beitragen, die Rücken, Gesäß, Beine und Füße Probleme; Gelenke können helfen, heilen, Muskeln, Bänder, und ein paar Veränderungen, die Verringerung der Knie-und Knochen-und Gelenkserkrankungen Druck auf MBT Schuhe Rui Shijian Körperbewusstsein der Bewegung des Körpers führen kann.
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    1. @Cyzmie: Das lasse ich unbedingt stehen. Das ist die pure poésie concrète! Ihr Werbetexter hat sich damit einen Sonderbonus verdient, den Sie ihm unbedingt auszahlen sollten – sonst wird er abgeworben von der Konkurrenz oder gar einem Lyrik-Verlag.

    2. poésie cyzmieé Manchmal ist Ihr Witz, Herr Herbst, einfach umwerfend. Jetzt habe ich mich endlich einmal auch schon am frühen Vormittag auslachen können 🙂

  2. Parallelwelten Mittlerweile lese ich fast regelmässig Ihr Dschungeltagebuch. Amüsiert & fasziniert blicke ich in eine Parallelwelt, der meinen nicht unähnlich: etwa als 35jähriger bewegte sich mein Alltag auch mitunter um Festivals, Frauen, Texte in der Bahn zu schreiben, die zwei Burschen mit Spaghetti versorgen, Leukert hier, Goebbels dort, Trüffel & Luc Ferrari in Paris, amerikanische Stars vom Swimmingpool aus anrufen, Autogramme in Rio, ja: Autos & natürlich möglichst geile Auftritte, Studiotermine, WDR, 3WK, MKVI (Selmer,golden), MKII (Jaguar,golden), kurz: das ganze “Hormoni Mundi” im Anicca, gejagt mit Avantgardestress & anschliessender Rückenbehandlung…

  3. @ Eröffnungsveranstaltung des ilb Bedauerlich, diese Intrigen & das Dissen im Literaturbetrieb. Sowas möchte ich eigentlich garnicht wissen. Kenne es aber leider auch aus meinem Minoritätenbereich Musik. Komme damit leider kaum klar.

  4. Aurorentealität äh, Autorenrealität, na klar doch! Künstlerrealität, Musikerrealität…
    Sorry, ich bezog meinen Kommentar bezügl. Intrigen etc. nicht auf Sie, sondern auf das, was Sie hier in der Dschungel benennen & herausstellen, was ich gut so finde. Sicherlich sind wir alle keine Heiligen, grad weil wir auch Häuser mit vielen Wohnungen haben…

  5. Azreds Buch Lieber Alban Nikolai Herbst,
    nicht nur ist das Cover Ihres neuen Buches sehr schön, schöner ist noch, dass Sie in Berlin lesen. Wenn es irgendwie bei mir passt, komme ich in die Tucholsky-Buchhandlung am 14. Oktober. Bin sehr gespannt und hoffe (und vertraue) fest, dass es ähnlich eindrucksvoll wird wie letzten Herbst im Burger. Letzte Woche war ich nämlich bei der Lesung eines norwegischen Schriftstellers mit nur gedämpfter Stimm- und Modulationskraft. Da war doch seinerzeit im Burger mehr „Musik in der Dichtung“. Sie hatten doch seinerzeit überlegt, zukünftig mitschneiden zu lassen (also Richtung Hör-CD), was ist denn aus diesen Plänen geworden?
    Beste Grüße
    NO

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