Das Arbeitsjournal des Mittwochs, dem 5. Januar 2011, beginnt mit Jessey Norman zwischen Liebe und Verlust. In den Kommentaren eine wichtige Diskussion zur Moral. Mir blieb nicht die Zeit, da mitzumischen. So zwischen Liebe und Verlust.

So nämlich heißt die CD, die ich gerade zu hören anfange; ein Geschenk. Ich kaufe mir solche Zusammenstellungen nicht, weil ich finde, daß für „The Best of”s Klassik Radio völlig und überflüssig genügt. Die letzten Minuten des Tristans, Isolde Liebestod, direkt hinter Rogers With a Song in my Heart und Adams O Holy Night zu klatschen, was diese CD tut, ist auf jeden Fall ein Verbrechen.

4.52 Uhr:
[Arbeitswohnung. Bizet, Quand je vous aimerais aus Bizet, Carmen,
die immerhin, wenn auch aus ideologischen Gründen, von Nietzsche
favorisiert wurde.]

Aber M. hatte nach dieser Zusammenstellung gefragt. Da erinnerte ich mich, daß die CD irgendwo bei mir auf eine Archivierung wartet, für die ich seit langem keine Zeit mehr gefunden habe. Weshalb sich hier die CDs stapeln, noch uneingeordnet in die Regale. Was wiederum heißt, daß ich da gar nicht so richtig weiß, was ich an Musiken hierhab. Von den mp3s, flacs usw. abgesehen, die sich in Ordnern, also Dateien befinden und da alphabetisch nach Komponisten aufgeführt sind, ist in meinem Bewußtsein, was nicht archiviert voliegt und also mit Suchnummern versehen wurde, nie richtig bei mir angekommen. Das betrifft natürlicherweise vor allem CDs, die aus Zusammenstellungen bestehen.

Um halb fünf pünktlich aufgestanden, um Viertel vor eins lag ich im Bett. Ich nahm gestern nacht das Fahrrad nicht, teils aus, was gefährlich ist, Bequemlichkeit, teils, weil man mein Rücklicht demoliert hat im Hof und ich so, nicht recht verkehrssicher, nicht m Dunklen übers Eis rutschen wollte. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das nicht eine Ausrede ist, mit der ich mir selbst gegenüber einlenken will. Jedenfalls muß ich dringend wieder das Training aufnehmen, mich auch um meinen Körper kümmern. Schon, weil ich dann entschieden weniger rauche. Aber woher die Zeit nehmen? Den Mittagsschlaf daf ich mir keinesfalls versagen, denn ich schlafe ohnedies wenig genug. Außerdem entfällt „mittags” sowieso, der Betreuung meines Jungen wegen, es sei denn, er entscheidet sich dafür, was er schon mehrfach erwogen hat, sein Mittagessen in der Schule zu nehmen. Wiederum ist der Abend, schon meiner auch für Training nötigen >>>> Routine wegen, keine gute Zeit für Sport.
Der Profi brachte mich dann nachts von der >>>> Bar zum Alex, von wo ich, über die Stauferzeit lesend (den Boockmann in Siedlers Deutscher Geschichte – Bd. 4 von 12 -), bis zur Fröbel heimfuhr. Mit dem Profi hatte ich den Jungenroman durchgesprochen; der Freund ist voller Ideen; vor allem aber wurde mir das Anliegen bewußt, ein moralisches, das mich auch in diesem Text treibt: das Gute und das Böse in ihre verschiedenen Hinsichten, die eigentlich Interessen sind, aber von ihren Austrägern so nicht empfunden werden. Daran hängt eine Tragik, die sich in dem Jungenroman rein spielerisch austrägt, was sich übers Phantastische gut gestalten läßt und in ein spannendes, hoff ich, Geschehen einbindet. Wobei, das wurde mir gestern nacht ebenfalls deutlich, nicht etwa eine fest umrissene, determinierte Handlung die Spannung erzeugt, sondern das Begebnis aus der direkten Formulierung heraus. Genau das ist der Grund für meine Vorliebe >>>> digressiv mäandernden, nicht etwa planen Erzählens – einmal abgesehen davon, daß es ein Literarisches festhält und nicht den Roman an den Spielfilm verschenkt. Das gilt, glaube ich, für Kinder-/bzw. Jugendbücher ganz genau so, auch wenn da die Konstruktion deutlich hinter der Erzählung zurückzustehen hat.

Jetzt aber wieder die Praxis. (>>>> Findeiss war gestern nacht auch wieder in der Bar; ich hintertrug ihm >>>> den Safanski, den er mit einem knappen „Das ist wahr” kommentierte. Dann hinterließ er, später nachts, >>>> einen Gruß).

[Richard Strauss, Cäcilie.]

12.45 Uhr:
Müde, ziemlich. Das 13. und 14. Kapitel des Jungenromans fertig. Die Konstruktion der Erzählung ist noch nicht ganz da, schält sich gerade heraus. Das Ganze läuft elegant, aber hat noch nicht den atemraubenden Spannungsgang, der mir vorschwebt. Wobei sich das, meiner Erfahrung nach, ergibt, sowie eine Rohfassung steht, der „Rohling”, wie Do das immer genannt hat.
Gegen halb neun kam mein Sohn zum Frühstück; die Schule ging heute zwei Stunden später als sonst los. Wir plauderten, ich erzählte von dem Buch, er hatte eine Idee, die recht hübsch ist, aber für den eigentliche Bogen nicht hilft. Den will ich bis übermorgen abend gespannt haben.
Mittagsschlaf jetzt, dann kommt der Junge zum Essen. Ich werd ihm ein halbes Hähnchen besorgen. Hausaufgaben danach, indes ich mit den Elegien weitermache. Die zwölfte ist dran, meine „Vater-Elegie”. Mit etwas Talent krieg ich dann auch noch die 13., welches die letzte ist, fertig. Dann nochmal auf Papier korrigieren; danach kann das Buch in den Satz.
(Richard Strauss hab ich zur Arbeit gehört: Arabella unter Thielemann).

20.05 Uhr:
Soeben fertig geworden mit allen Elegien. Jetzt müssen sie ausgedruckt werden, damit ich sie noch einmal auf Papier, und zwar laut, lesen kann. Was ich morgen oder erst mit etwas Abstand am Freitag tun will.
Der Nachmittag brauchte aber auch einiges Besorgen, kurz war ich bei M. drüben, um ihm die Jessey-Norman-CD zu bringen; dann war mit meinem Jungen etwas zu erledigen. Schließlich mehrfach, über Skype, mit der Löwin telefoniert, die zur Zeit wieder in Wien ist. Es gebe da eine Möglichkeit für eine Lesung – worüber ich mich irre freuen würde. So lange war ich nicht mehr da. Mit >>> Christiane Zintzen wollte ich, sowieso, etwas für den ORF machen. Vielleicht läßt sich das kombinieren. Dann Telefonat mit der Samarkandin, von der ich allen Grund zu befürchten hatte, daß sie sauer auf mich sei. Ist sie aber wohl nicht. Wir werden das mit Muscheln besiegeln. „Ich las, du hast viel zu tun.” Kann man so sagen. Denn Johann Tammen von den >>>> horen rief auch noch an: ob ich über XXX etwas Lyrisches, angemessenerweise auch Hymnisches schreiben könne und wolle, nur halt: es muß noch in diesem Monat fertig sein. Ich kann nicht Nein sagen, jedenfalls nicht, wenn es um so einen Mann geht. Ansonsten, ich bin auf Schweigen verpflichtet, doch neugierig machen, das darf man.
Der Profi kommt vielleicht nachher noch. Er hatte mir Geld geliehen, neulich, damit ich über die Feste hinwegkam; das kriegt er jetzt wieder. Es ist einiges Geld. Deswegen auch war ich vorhin in der Stadt. Daniello ist da; es habe es, spottete er, aus einigen seiner Mädchengeschäfte abgezwackt. Die, übrigens, tun, was sie tun, gerne; die Samarkandin ist meine Zeugin. Sie tun es sogar mit Überzeugung. Aber das gehört in Melusine Walsers Biografie, die ich hoffentlich lange v o r meinem Friedrich vollende. Der freilich verlangt j e t z t sein Recht: durch Boockmann nochmal oder durch Stürner. Mal sehn.

28 thoughts on “Das Arbeitsjournal des Mittwochs, dem 5. Januar 2011, beginnt mit Jessey Norman zwischen Liebe und Verlust. In den Kommentaren eine wichtige Diskussion zur Moral. Mir blieb nicht die Zeit, da mitzumischen. So zwischen Liebe und Verlust.

  1. Netz – Kultur Vielen Dank für den Link zu dem Text von Uwe Wirth. Der hat mir sehr geholfen, etwas (mir selbst und anderen) zu erklären, was ich schon begriffen hatte, aber nicht präzise in Worte fassen konnte. (Er weist auch, denke ich, auf die Gründe hin, warum die Übertragung einer Netz-Erzählung wie “Die Fenster von St. Chapelle” in Buch-Form tatsächlich eine “Übersetzung” ist. – Meine Idee ist ja immer noch: – auch – typographische Elemente zu verwenden. Über – BLENDUNG. Aber das passt vielleicht tatsächlich nicht zu Ihrem Erzählen.)

    Über das Gute und Böse bin ich ganz anderer Meinung. In ihrer Reinform sind sie gerade interesselos. Ohne Motive. Und daher – beide – fürchterlich. (Das Gute ist: die pure Liebe zum Lebendigen. Das Böse ist: die pure Freude am Töten.) Das ist noch “vormoralisch”. Es ist eine menschliche Entscheidung (und eine richtige, finde ich), Gut und Böse moralisch zu werten. Als reine – natürlich – treten sie selten auf. Fast immer schon verunreinigt durch Motive. Kinder aber suchen nach der reinen Form hinter den Motiven. Sie wollen wissen: Wer ist der Gute, wer der Böse? Sie hassen die “Ambivalenzen”, die wir ihnen zumuten wollen, geradezu. Das ist schön und grausam. Ein moralisches Kinderbuch? “Das Unbehagen an der Kultur” – muss man Kindern zumuten.

    1. “die pure Freude am Töten” als d a s Böse. Darüber kann man lange nachsinnen. Leben, um weiterzuleben, ist aufs Töten angelegt; vor allem während der Aufwuchsphasen brauchen wir tierische Fette usw. Da stellt sich jetzt die Frage, weshalb man, daß für solche Nahung getötet werden muß, mit Schuldgefühl belasten soll. Es gibt Jäger, die ausgesprochen Lust an der Jagd empfinden. Müssen das notgedrungen böse Menschen sein? Auch ich habe schon ausgesprochene Lust bei Tötungsakten empfunden, allerdings gegenüber phylogenetisch fremden Geschöpfen, namentlich Insekten, die als aggressiv erlebt werden. Mücken zum Beispiel. Usw. Auch das sind aber Geschöpfe, und prinzipiell haben sie, wenn man überhaupt von einem Lebensrecht ausgeht, ein nicht geringeres Lebensrecht als ich selbst.
      Das mit den Ambivalenzen stimmt nur auf den ersten Blick. Sie locken, ja faszinieren auch Kinder, was man ganz gut an Figuren wie Darth Vader beobachten kann. Auch die Fasziniation durch böse Kobolde ist bei Kindern auffällig. Dies gerade macht auch die alte Macht der Märchen deutlich, die man in meiner Jugendzeit gerne um ihre Grausamkeiten zensieren wollte. Usw.

    2. Pur Töten um zu leben – das folgt doch Interessen. Ich bin weder Pazifistin noch Vegetarierin (womit ich das nicht vergleichen möchte). Das pur Böse bedeutet: Lust am Zerstören des Lebens ohne ein (Eigen-)Interesse. Es ist, wie ich schon sagte, eine Entscheidung, das moralisch aufzuladen und mit Schuld(gefühlen) zu belegen. Ich treffe sie. Die Jagd finde ich nicht verwerflich, aber die Jagd um des bloßen Lustempfinden des Jägers willen, ja, die schon. (Mücken schlag ich auch tot: Ich habe ja Interessen!) Vilém Flusser in “Gesten”: „…die Betrachtung der zerstörerischen Geste erlaubt auch, der Falle der Verharmlosung des Bösen zu entgehen, die von jenen gestellt wird, die alles relativieren. Auch solche Immoralisten kann man ruhig verachten, denn sie selbst verachten die Würde des Menschen, indem sie seine Fähigkeit zur Bosheit missachten. Es gibt, wenn auch selten, die Geste der einen, absichtslosen Zerstörung und Destruktion, den Verrat am Geist (an der Gestalt, an der Freiheit) aus reinen Motiven. Aus solchen Gesten kann man das Dasein als Gegenwart des Bösen in der Welt herauslesen; als das echte, radikale Böse. Es gibt den Teufel.´“

      “Grausamkeiten zensieren” – das verachte und bekämpfe ich, gerade für Kinder. Das kinderfeindlichste Bilderbuch, das ich vorlesen musste, war der harmoniesüchtig-dämmliche Felix Hase. Das Böse ist faszinierend, ganz genau. Das “gute Ende” auch.

      (etc.)

    3. Was sagt der Hausmeister des deutschen Geistes dazu: “Man muß nicht den Teufel bemühen, um das Böse zu verstehen. Das Böse gehört zum Drama der menschlichen Freiheit. Es ist der Preis der Freiheit.” (R. Safranski: Das Böse oder Das Drama der Freiheit.) Das ist natürlich Süßkram, so wie es der Hausmeister in seinem Büdchen an Schüler verkauft, die das von Muttern eingepackte Butterbrot in die Mülltonne geworfen haben. Daher die vielen dicken Kinder.
      Meiner Ansicht nach gibt es weder das Gute noch das Böse in “Reinform”, es ist immer schon mit Lustgewinn verknüpft, als Gedanke schon auf die Zukunft gerichtet. Und es ist natürlich eine Entscheidung, zu pflegen oder zu töten. Kinder können sich aufopfern für ein Tierchen, weil sie Lust am Beschützen haben, weil sie Lust an der Macht haben, die es ihnen erlaubt, es vor den bösen Erwachsenen zu schützen; sie können es aber auch aufschlitzen, um Lust am Leiden zu haben, dem des Tieres und auch am eigenen, denn die Strafe der Erwachsenen folgt, auch wenn deren Empörung nur gespielt ist, was schlaue Kinder bemerken. Es hat eben alles mit Lust und Macht zu tun, dem Drang des Menschen, sein Leben als ein gelingendes zu leben, unmittelbar. Auch zu einer bestimmten Moral und einer bestimmten Ethik muß der Einzelne sich immer wieder neu entschließen – Begriffe helfen dabei nur bedingt, denn es ist ja immer “nur” der eigene Kosmos, in dem wir uns bewegen.

    4. Das Gute wie Böse in “Reinform” ist fürchterlich! Ob es “das Gute” oder “das Böse” gibt, jenseits aller Psychologisierung (Motivsuche), bleibt zweifellos am Ende eine Glaubensfrage. Jedoch ist Ihr Einwand, es sei die gute wie die böse Tat “immer schon mit Lustgewinn” verknüpft, aus meiner Sicht gar kein Einwand gegen meine – von Vilém Flusser hergeleitete – Überzeugung, dass es ein “rein Böses” (wie Gutes) gibt. Es wird von ihm ja gerade das als “rein Böses” gedacht, was seinen Lustgewinn pur aus der Zerstörung nimmt, also eine Geste anstrebt, die keiner anderen Absicht folgt, als zu vernichten. Ich versuche, es an einem Beispiel zu erklären: Ein Kind zerstört aus Rache für eine Ohrfeige die Burg, die ein anderes gebaut hat. Ein Kind zerstört die Burg, die das andere gebaut hat, um dort etwas anderes, eigenes zu bauen. Ein Kind schlägt alle Burgen kaputt, die andere bauen, baut aber selbst nichts. Das erste Kind hat ein Motiv, das noch die moderne Strafrechtstheorie gelten lässt (wenn sie auch ein geordnetes Verfahren verlangt statt Selbstjustiz): Vergeltung. Das zweite Kind hat gleichfalls ein Motiv außer der Lust am Zerschlagen. Wir könnten sagen, es sei egoistisch. Beide handeln nach einer in unseren Breiten verbreiteten Moralvorstellung falsch und die Eltern würden sie wohl ermahnen. Das dritte Kind hat nur ein Motiv: die Lust an der Zerstörung. Das ist pur. Und böse. Es will nicht etwas Bestimmtes zerstören, das es stört, oder die Regeln ändern oder ein Neues schaffen oder sich rächen, es will einfach zerstören, was hergestellt ist. Das ist rein und schrecklich. Wie aber, finde ich, auch die rein “gute Tat”. Kant hat das einmal erklärt (ich finde die Stelle gerade auf Anhieb nicht): Einem kranken Freund zu helfen, sei kein Verdienst und nicht “gut”. Gut sei eine Tat nur, wenn sie keinen Unterschied mache zwischen Freund und Feind. Der Lustgewinn darf gerade nicht aus der Liebe zu einem bestimmten Menschen hervor gehen, sondern bloß aus dem “moralischen Gefühl”. Diese Reinheit (der Heiligen) erfüllt mich gleichfalls mit Schrecken. Denn sie ist lieb-los (die allumfassende Nächstenliebe kann mir jedenfalls das Gefühl individueller Nähe und Verbundenheit nicht ersetzen).

      Wie Flusser schreibt: Jede Geste, die nicht “pure Bosheit ist, ist überhaupt keine, sondern bloß frustrierte Suche nach Freiheit. Wenn sie aber absichtslos… geschehen, dann sind sie böse, was selten ist, weil es unmenschlich ist (wie leider auch reine Güte). Und dann sind sie fürchterlich.”

    5. Der Mensch handelt natürlich nie ohne Motiv, nur daß Ihr drittes Kind den Rahmen allgemeiner, hier gültiger Moralvorstellungen sprengt und so durchaus neue Regeln will, nämlich seine eigenen. Es will Macht, und dies gerade dadurch, daß es nach den für alle geltenden Regeln nicht mehr angemessen bestraft werden kann, sondern nur noch, der Tat entsprechend, unangemessen. Dieses dritte Kind erlangt so eine herausgerückte Position und ist, als Mensch, ganz befangen in ihr, ganz identisch mit der eigenen Lust daran – man psychologisiert durchaus nicht, wenn man das ohne philosophische Begrifflichkeiten und Muster als gegeben ansieht, letztlich getreu der Erkenntnis “Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches ist mir fremd”. Rein und schrecklich wäre meiner Ansicht nach nur die Tat einer seelenlosen Apparatur, der keinerlei Idee zugrunde liegt. Nur so kann es das Böse und auch das Gute in Reinform geben, nämlich außerhalb jeden menschlichen Bezuges – manche nennen so etwas Schicksal, und das kann “fürchterlich” zuschlagen und das Gute oder Böse bewirken.
      Was die “gute Tat” anbelangt, so müßte auch diese nach Ihrem von Kant entlehnten Beispiel getan sein ohne jeden Unterschied des Empfängers und vor allem ohne einen Bezug zu den Folgen – wer flickt schon seinen Feind wieder zusammen, damit dieser wieder gegen ihn und die Seinen losgehen kann! Das wäre in der Tat lieb-los, es wäre schrecklich und vor allem unmoralisch gehandelt gegenüber denen, die der feindlichen Gewalt ausgesetzt sein werden. Eine interesseloses Wohlgefallen am Guten (oder am Bösen) wird es also nicht geben können, solange der Handelnde sein Handeln reflektiert und eben keine seelenlose Apparatur ist.

    6. eben, herr schlinkert, «Der Mensch handelt natürlich nie ohne Motiv». weshalb die «rein» guten und «rein» bösen taten ja auch so fürchterlich, eben widernatürlich erscheinen, wie melusine b. es beschrieben hat. denken Sie sich das dritte kind einmal radikalisiert: der ungemischte drang zu zerstören. er führt zwangsläufig zur zerstörung der grundlagen für diesen drang und sein subjekt selbst. trotzdem wird ihm nachgegeben, interesselos, ohne nachvollziehbares motiv.
      so kommte es, dass die wirklich «bösen», wenn sie den einmal filmisch inszeniert werden, wie jeff glodblum als mr. frost oder (tendenziell) auch der joker des jüngsten batman-streifens, momentlang verständnislos schaudern machen. und WEM solche gestalten im leben begegnen, gibt ohne weiteres an, «dem bösen» (n.) begegnet zu sein.

      und was Ihre «lieb-lose» gute tat angeht, sie berührt gewissermaßen den dissens zwischen henri dunant und florence nightingale: während des ersteren rotes kreuz jede und jeden zusammenflickt, gerade im kriegsgebiet, um sie und ihn dann wieder als kanonenfutter oder kanoniere hinaus zu schicken, hat letztere klar gesehen, dass solche ‘gute’ tat die reihe der ‘bösen’ nur verlängert. – und doch wollten wir als reicher nordwesten doch keineswegs auf ‘unsere’ humanitären einsätze verzichten, oder?

    7. Die Wirkung des dargestellten absolut Bösen im Rahmen einer dramaturgisch aufbereiteten Handlung soll natürlich fürchterlich, unmenschlich wirken, seelenlos. Die Katharsis ist ja nicht von ungefähr das Ziel der antiken Tragödie, auch wenn dort die Raserei, die Enthemmung zur bösen Tat führt und nicht die kalte Berechnung. Das ist alles Spiel, und der Mensch ist ja nur da Mensch, wo er spielt – wenn Schiller recht hat.

    8. Danke, Herr Aikmaier. Sie haben ausgedrückt, was ich meinte. Lieber Herr Schlinkert, wie gerne teilte ich Ihre Überzeugung, dass kein Mensch eine “seelenlose Apparatur” sein oder wie eine handeln könne. Was aber ist das: “die Seele”? Es ist ja dann eben doch jener immaterielle “Ort”, wo auch das Gewissen, die Fähigkeit zum Mitleid und zur Mitscham, die Fähigkeit das eigene Handeln nicht nur logisch, sondern auch moralisch zu beurteilen, sitzt. Wenn aber eine/r das nicht hat? Und doch Mensch ist? Das wollen Sie sich nicht vorstellen. Ich will das auch nicht. Aber ich weiß, dass es das gibt. Sie wollen glauben, das dritte Kind wolle Macht, weil nur dies Ihnen ermöglichte, es zu verstehen. Wenn es aber nichts anderes wollte, als zu zerstören? Lesen Sie einmal Interviews mit Serienmördern. Viele antworten schlicht auf die Frage, warum sie mordeten: “Weil ich es kann.”

    9. Was Sie ansprechen ist das Bösartige als Folge oder Ausdruck von Geisteskrankheit (über diesen Begriff kann man sich natürlich auch wieder trefflich streiten), von Verrückt-Sein. Der Geisteskranke ist natürlich Mensch, sowohl für sich selbst aufgrund seines Bewußtseins von Handlungsfähigkeit als auch für diejenigen, die helfen, ihn vor sich selbst und die anderen vor ihm zu schützen. Dann steckt das Böse aber als Unfähigkeit zum Mitleid und zur Mitscham in einem bestimmten Menschen, und daß es das gibt, weiß ich sehr wohl, doch das rein Böse ist es trotzdem nicht, so lange es mit einem Individuum verbunden, sozusagen kontextualisiert ist. Das Böse an sich oder rein Böse funktioniert, denke ich, nur als Mythos, an dem immer noch ständig zu arbeiten ist (die Kunst beschäftigt sich seit je her und für immer damit), weil mit der Realität des so genannten Bösen umgegangen werden muß, weil es Angst macht und fürchterlich ist. Das reale Böse fällt somit nicht unmittelbar in den Bereich der Kunst, und das real Gute auch nicht, denn im ersten Fall wäre Kunst dann Verbrechen und im zweiten Kitsch.

    10. “Der Geisteskranke ist natürlich Mensch, sowohl für sich selbst aufgrund seines Bewußtseins von Handlungsfähigkeit als auch für diejenigen, die helfen, ihn vor sich selbst und die anderen vor ihm zu schützen. “

      Der Geisteskranke ist natürlich Mensch..welch ein enormer Satz für die ganze Menschheit.

    11. “Das reale Böse fällt somit nicht unmittelbar in den Bereich der Kunst, und das real Gute auch nicht, denn im ersten Fall wäre Kunst dann Verbrechen und im zweiten Kitsch. “

      Meine Güte, hier haben sie aber einen schönen Spielplatz für ihre Wahrheiten und wie leicht lassen sie sich ausser Kraft setzen.

      Wassili Grossman, beschreibt in seinem Roman “Leben und Schicksal ” den Weg der Juden nach Ausschwitz so tief, so klar, dass man mitfährt, man fährt nicht nur mit ihnen mit, man spürt die Schritte die zu den Duschkammern führen, man kann das Gas spüren, man ist so fassungslos, dass solche dummen Wahrheiten dagegen vorkommen wie ein billiger billiger Satz eines Menschen, der weder weiß was Mensch sein heißt (Verrückt sind auch Menschen) noch ein Künstler sein kann (as reale Böse fällt somit nicht unmittelbar in den Bereich der Kunst)–

    12. Damit wir uns nicht mißverstehen, vielleicht ist da etwas nicht ganz richtig rübergekommen: das Böse und das Bösartige fällt nicht unmittelbar, aber in jedem Fall (!) mittelbar in den Bereich der Kunst, denn nur so kann (bedingt) nachvollzogen werden, zu was der Mensch fähig ist. Dies zu erkennen ist zwar nicht Auftrag, aber Inhalt der Kunst. Fiele das Böse unmittelbar in den Kunstsektor, so wäre der Terroranschlag von 09/11 womöglich Kunst, eine Ansicht, die ja durchaus von prominenter Seite geäußert worden ist. Solch eine Sicht ist aber widersinnig – eine adäquate künstlerische Umsetzung dagegen macht selbstverständlich Sinn.

      Und was die (aus dem Zusammenhang der Beiträge gerissene) Feststellung, der Geisteskranke sei natürlich Mensch, betrifft, so hat es da ja durchaus auch mal andere Ansichten gegeben, die ich jenseits allem Geplänkels um Gut und Böse als indiskutabel ablehne.

    13. Sie haben natürlich Recht, aber das ist auch einfach, weil es logisch ist, ein Künstler sollte tatsächlich machen dürfen was er tun muss (oder kann, wie auch immer)..

      Aber mit Binsenweisheiten, sollte der Künstler doch sparsam sein, ja am besten wäre es, er würdesie weglassen.
      Beschreiben sie lieber einen Verrückten, beschäftigen sie sich mit ihm, so macht es doch der Künstler.

      Und…wer spricht ernsthaft vom 11 September als Kunstwerk? Müssen wir etwa mit einem dieser unsäglichen Musicals rechnen? Wird Johannis Hessters mitspielen?

    14. @Schlinkert zu Trost. Opfer als Material der Suggestion. Ich würde auf Trosts Einwand nicht reagieren, da er unlauter ist. Er nimmt das aus deutscher und jüdischer und deutschjüdischer Perspektive mit einigem Grund größte je geschehene Unrecht als Mittel, Ansichten und Argumente, die ihm mißfallen, nicht etwas zu widerlegen, sondern sie zu denunzieren. Wenn man auf derartig Suggestives eingeht, kommt man nolens volens in die Rolle eines, der sich verteidigen zu müssen scheint. Ihr letzter Satz, Herr Schlinkert, strömt davon etwas aus. Das liegt aber nicht an Ihnen, sondern an der suggestiven Methode Herrn oder Frau Trosts, die es, wenn man genau hinguckt, ist, was die Opfer noch einmal, jetzt nämlich rhetorisch, mißbraucht.

    15. @Trost. Das Wort vom 11. September als Kunstwerk hat Stockhausen geprägt, und zwar nicht ohne zureichenden Grund. Allerdings ist der Satz einige Male verstellt, vor allem aus dem Zusammenhang gerissen worden. Christina Weiß, in politisch begeisterter Korrektheit, hat den Mann dafür quasi aus Hamburg rausgeschmissen.
      Das Wort eines militärischen Meisterstücks als Kunstwerk stammt im übrigen aus dem Golfkrieg von den US-Amerikanern selbst. Daß – militärisch betrachtet – das Geschehen am 11. September besonders meisterhaft war, kann kaum bestritten werden. Das ist völlig unabhängig von der moralischen Einschätzung, die bekanntlich bei Parteien verschieden ist.

    16. Hier irrt Herr Herbst aber wirklich. Tatsächlich geht es mir um Sprache nur darum, ich sage mit keinem Ton, dass Herr Schlinkert ein schlechter Mensch ist, wie sollte ich das, ich kenne ihn nicht.
      Ich sage nur, das etwas falsch ist an dem was er da schreibt, dass darf man doch noch.
      Ich sage auch, dass es Gegenbeispiele gibt, genauso wie es zu diesen Gegenbeispielen auch wieder Gegenbeispiele gibt.
      was ich sage ist, das Kunst keineswegs politisch, human oder moralisch sein muss, ich sage nur, das ein satz wie “Verrückte sind natürlich auch Menschen” sehr sehr merkwürdig ist

    17. Ach so….Na ja insziniert war das vortrefflich, das war die Mondlandung ja auch schon…aber ist das schon Kunst, das frage ich mich weil ich es nicht weiß

    18. @ANH Ich denke, es hat da einfach nur ein Mißverständnis gegeben wegen des ungenauen Lesens meines Textes, der ja nicht für sich allein steht – das kann im Eifer des Gefechts vorkommen. Die in der Tat fragwürdige Methode Trosts ist dann die Folge dieses Mißverständnisses. Aber das ist ja nun geklärt – jetzt könnte man natürlich noch über die Aussage Karlheinz Stockhausens diskutieren, 09/11 sei das größte Kunstwerk aller Zeiten. Könnte!

    19. @Norbert W. Schlinkert Wer schreibt: “Tatsächlich geht es mir um Sprache nur darum, ich sage mit keinem Ton, dass…” widerlegt sich selbst, in eben diesem Satz, nicht wahr? Daher glaube ich nicht, dass hier ein Missverständnis vorliegt, sondern ein Missverstehen-Wollen. Es ist eine nicht wenig erfolgreiche rhetorische Methode, gegen Argumente, die einem nicht passen, eine Betroffenheit ins Feld zu führen, die den anderen moralisch zu disqualifizieren sucht. Genau das hat “Trost” getan, indem er ein Buch herbeizitiert hat, bei dessen Lektüre er, der Leser, nach Ausschwitz “mitfährt”. (Das allerdings, gebe ich zu, ekelt mich, dieser Missbrauch, wie ANH das ganz richtig nennt.)

      Mir ist es schwer gefallen, Herr Schlinkert, Ihrer Wendung zur Kunst respektive Literatur in dieser Debatte zu folgen. Wenn ich Sie hier richtig verstehe, sagen Sie: Die Kunst setzt “das Böse” (sozusagen a priori, aber kontra-faktisch) voraus, um das dem Menschen Mögliche zur Darstellung zu bringen. (Quasi wie Kant in der Metaphysik Gott voraussetzt und ihn dann ausklammert). Das kann ich akzeptieren: Es ist letztlich unerheblich, ob es “das Böse” tatsächlich gibt, wenn es doch als Fluchtpunkt unseres Denkens vorausgesetzt werden muss. Kunst/Literatur kommt ja nicht umhin, sich der Moralität des Menschen zu stellen, d.h. dem Zwang moralisch zu urteilen und die Grenze, auf die hin gedacht/geschrieben werden könnte, wäre dann die Idee eines Menschen, der völlig sich diesem Zwang entzöge, also grenzenlos amoralisch wäre: Die absolut unbegreifliche, die wider-natürliche Tat. Un – Sinn, aber eben nicht pathologisch, also wieder in die “Norm” als Abweichung einzugemeindend, gedacht.

      Es ist schwierig für mich, das aufzudröseln: Wir begannen diese Auseinandersetzung mit der Frage, ob es “das Böse” als Reines gäbe oder die jeweils als böse wahrgenommene Handlung nur Ausfluss von Interessen(-gegensätzen) sei. Aus meiner Sicht hat sich durch die Wendung zur Literatur, die Sie vollzogen, die Frage erledigt. Von hier aus ist es ganz unerheblich, ob es “das Böse” gibt (für mich als reale Person freilich bleibt sie von Bedeutung). Aber man muss im Horizont “des Bösen” schreiben.

      (Aléa Torik hatte recht: Sie sind streitlustig, Herr Schlinkert. Ich aber auch.)

    20. Circulus vitiosus deus Ich habe keine Wendung hin zur Literatur vollzogen, dieser Bezug ist von Anfang an da, zumindest wenn man den Tellerrand seines eigenen Genres überwindet. Es ist die Literatur, die über alle Zeiten hinweg Verständigung schafft, weil es in ihr um das Menschlich-Allzumenschliche geht, um Geschichten, nicht nur um Begriffe, Systeme oder Wahrheiten. Jede Philosophie stirbt mit ihrem Schöpfer, jede gute Literatur aber lebt aus sich heraus, so daß alle Möglichkeiten des Menschseins, alle Fragen nach Moral, Ethik, nach dem Wie und Warum des Lebens in ihr stecken, und zwar, der Potenz nach, für immer. Das “Böse” und das “Gute” ist so auch nicht Fluchtpunkt, denn es geht nicht um Extreme, wir sitzen im Circulus vitiosus deus, in der Spalte, der Sollbruchstelle, die unsere je eigene Realität und Gegenwart ist. Das ist der erste und letzte Grund dafür, daß wir uns Geschichten erzählen, auch dann, wenn uns die jeweilige Philosophie der Zeit Antworten präsentiert, die nicht falsch sein müssen, denken Sie nur an die Erkenntnis Hannah Arendts, die die Banalität des Bösen erkannte. Dennoch aber muß das Erkannte belebt werden, getragen werden von lebendigen Menschen, zu denen auch die Figuren einer Geschichte gehören (können). Es gab Zeiten, da war die Philosophie auch Literatur, von Platon bis Nikolaus von Kues (und vielleicht sogar bis Sloterdijk) – was sich da alles verhandeln läßt!
      (Ich bin also streitlustig!? Hat Aléa Torik gesagt! Na, der werde ich was erzählen, in aller Freundschaft natürlich!)

    21. Ich bin auch müde – (weil ich ja fast nie schlafe, sowieso) … über Philosophie und Literatur folglich, lieber Schlinkert, können Sie trefflich weiter streiten mit Besarin, hier: http://bersarin.wordpress.com/2010/11/26/philosophie-und-literatur-teil-2/
      , der, wenn ich nicht wieder alles missverstehe, grad anderer Auffassung ist. (Den Namen Sloterdijk allerdings, den überhöre ich jetzt, sonst werde ich gleich so streitlustig, dass ich wieder nicht schlafen kann. Und: Ich MUSS schlafen.)

    22. Gute Nacht! Streichen wir Sloterdijk, das war natürlich eine kleine Provokation (gebe ich zu), und setzen Kierkegaard ein. Ansonsten, liebe Melusine, streiche ich aber nix, höchstens noch das Streiten – Disputation gefällt mir besser. Gute Nacht!

    23. @Norbert W. Schlinkert Da haben wir uns zu nächtlicher Stunde doch noch einmal missverstanden, denk ich. Denn wenn ich schrieb, man müsse “im Horizont des Bösen schreiben”, meinte ich nicht, man müsse über oder aus der Perspektive von Figuren schreiben, die das absolut Böse vollziehen. Was ich meinte war: Man müsse ausgehend von dieser Möglichkeit schreiben, d.h. “das Böse” eben auch im Kleinen, scheinbar Unbedeutenden erkennen und kenntlich machen. Ich meine immer noch, das Böse sei die Lust am Zerstören und an der Zerstörung. Sie tritt selten pur auf, ja, als absolut Böses, aber dennoch kennt sie fast jeder, nicht wahr, außer vielleicht den Heiligen. Dass es Freude bereitet, etwas kaputt zu machen oder zusammenbrechen zu sehen, selbst um des Preises willen, dafür bezahlen zu müssen, – mir jedenfalls ist dieses “allzumenschliche” Gefühl nicht fremd. Da ich jähzornig bin, kenne ich nur zu gut den – durchaus auch lustvollen – Rausch, den das Zerstören freisetzen kann. Zum Glück werde ich tätlich allerdings bloß gegen Sachen. Ich kann sublimieren, — und tu´s, weil ich jenseits der Lust am Bösen (oder nennen wir es meinethalben bloß Faszination), doch fühle und entscheide: Es ist nicht recht, sich an der Zerstörung zu erfreuen (Die Schönheit eines brennenden Schiffes, das im Meer versinkt, am nächtlichen Horizont; die Schreie der Seeleute in den heulenden Wind, die mit ihm untergehen). Auch “das Böse” kann man nur in sich selbst erkennen und erleben, um es dann woanders (wieder-) zuerkennen oder literarisch zu gestalten. Auch mir geht es nicht um die Darstellung extremer Positionen oder Handlungen, aber bloß weil ich glaube, das das Extremste schon in jeder/jedem und im allergewöhnlichsten Alltag angelegt ist.

    24. @MelusineB Das Böse erkennen und kenntlich machen! Ja. Aber was damit anfangen? Kierkegaard hat daraus eine böse Geschichte gemacht, “Das Tagebuch des Verführers”. Auch hier spielt das “Reine” eine wichtige Rolle als reine Idee, denn das rein Böse zerstört das rein Gute, es gilt ein Entweder – Oder, ein Dazwischen ist nicht vorgesehen (kommt aber am Ende, wenn ich mich recht erinnere, unversehens durch die weibliche Güte zum tragen). Hier wird das Böse im Kleinen durch Berechnung zu etwas “Großem” gemacht, das gesellschaftliche Leben, die Zukunft des Mädchens, Cordelia, wird zerstört. Der Leser erkennt das Böse, es ist literarisch kenntlich gemacht, ohne vollkommen fassbar zu sein. Kierkegaard war ohne Zweifel ein Meister darin, die Extreme des Menschen literarisch-philosophisch herauszuarbeiten. Das hat natürlich nichts mit der Zerstörungswut zu tun, die in einem hochbrodelt, wenn einem die Bahn vor der Nase wegfährt (“Demut oder so” http://nwschlinkert.de/page.php?pgid=66) oder der weltbeste Fußballclub nicht gewinnt. Leider sind die öffentlichen Mülleimer inzwischen so stabil, die knarzen nicht mal, wenn man seinen Zorn an ihnen auslassen will. Bleibt nur noch das Sofakissen … (Und jetzt muß ich mich, liebe Melusine, anderen Dingen als dem Bösen zuwenden, wir disputieren dann die Tage weiter.)

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