Serengetijournal. Montag, der 10. Januar 2011. Mit einem Blick in den Morgen des frühen Berlins zurück und ins Grau seiner Gesichter, gefolgt von einer ersten Anbetung der Sonne.

16.37 Uhr:
[Lager Matanga. Frühstücksvögel.]
So haben Do und ich diese schwarzen Vögel immer genannt, als wir, zum letzten Mal 1987, in Kenia waren: Frühstücksvögel. Hier laufen sie aber schon mittags herum und schreien hell; vielleicht, daß sie die Löwin verspotten, die wirklich mit High Heels hergekommen ist. So daß sie morgen früh jedenfalls nicht vom Pickup springen kann, wenn’s in die Savanne geht. Hat sie aber wohl ohnedies nicht vor. „Für sportliche Abenteuer sind S i e zuständig, ich schau aber gerne zu.” Nicht daß Sie sich ‚Pickup’ jetzt wie einen Pickup vorstellen! Seine ‚Lade’fläche ist vielmehr eine Art Sänfte, in die eine teppichüberworfene Ottomane eingelassen ist, damit Madame La Lionesse es bequem hat, wenn wir über die Pisten rumpeln. Es soll aber ja tatsächlich nur ein Tagesausflug sein und insgesamt die kurze Reise uns, im Wortsinn:, mit Sommer erfrischen.
Das tut not*. An die Berliner Gesichter zu denken heute früh in der S-Bahn zum Flughafen! Meine Güte, nicht ein einziges Lächeln war da, so, wie eben auch der helle Schnee nn geschmolzen und alles draußen naß und klamm ist. Ich hatte einen solchen Eindruck von Gezwungenheiten… keiner da drin hatte irgend eine Lust auf den Tag. Einige Leute dämmerten noch oder schliefen sogar, das ging an. Dann eine junge Frau, a bisserl – um dieses eigenartige Wort einmal zu verwenden – untersetzt, die einen Harry Potter im Taschenbuch las und einen Gürtel trug, der Werbung für den PLAYBOY machte. Seltsam, dachte ich, so weit ist’s wohl ncht her damit, nicht mehr Sexualobjekt sein zu wollen. Das haben die Firmen pfiffig angestellt: sind sie als Name einmal durchgesetzt, fällt die Frage nach den Inhalten weg, so vielleicht, wie man sich einst an berühmte Burgherrn, bzw. Fürstenhäuser hielt, waren die nur eingeführt. Die großen Firmen sind funktionell ja nichts anderes als moderne, postmoderne Fürstenhäuser. – Nichts gegen den Playboy, übrigens. Abgesehen davon, daß mir ‚sein’ Frauengeschmack recht fremd ist, hat er doch redaktionell lange Zeit lang gute Literatur befördert. Was man von anderen Herrren(!)magazinen so nicht oder nur weniger sagen kann und von den meisten seriösen Magazinen überhaupt nicht.

(*: Noch so ein Widersinn der neuen deutschen „Recht”schreibung.
Das tut Not bedeutet ganz offenbar, daß etwas Not schafft,
das tut not hingegen, daß etwas nötig ist.)

Jetzt auf den Gemeinschaftsplatz, um etwas zu essen, bevor wir ein erstes Mal ins Land zu meinen Krokodilen und der Lionesse Löwen fahren. Viel Zeit bleibt uns heute dafür nicht, denn gegen sechs wird es dunkel. Ob sich eine solche Kurzreise lohnt, fragen Sie? – Welch eine Sonne, Leser! S o n n e. Seit halb vier Uhr früh bin ich schon auf den Beinen. Und abends Gespiel im Hotel im wilden Getrubel, der Tiere, der Menschen, der Nacht. Ich denke nicht, daß ich mich heut noch mal melden werde. Gearbeitet hab ich während der Anreise gut.

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