ABAO-40-APCA

Padre Angelo in seiner braunen Kutte stand gesenkten Hauptes heute an der Kasse im Laden an der Ecke, vor der sich kleine Münzen häuften, für die er sich „ewige Lichter“ gekauft. Man wollte mich erst vorlassen, denn das Zählen schien langwierig. Und eben dem sah Padre Angelo demütig zu. Ich gab zu verstehen, es sei keine Eile, tauschte im letzten Moment auch noch die widerwärtigen Würstchen gegen einen Sechserpack Eier. Dann kam ich doch vor dem Ende des Zählens an die Reihe. Eine braune Münze des Padre kam in einen Plastikbehälter: die sei ungrad. Ungrad wie die Zahl der Fahrstühle – nämlich drei -, die in die Altstadt hinaufführen sollen. Nach dem Essen über ZT gebeugt, hörte ich Stimmen vom Platz in die Wohnung murmeln. Eine Menschenansammlung. Bekannte Gesichter darunter. Auf dem Platz drückte mir Bruna gleich ein Flugblatt der Grünen (Legambiente) in die Hand: Un Sì per dire No: referendum 2011 – stop al nucleare. Da werde ich kaum mitstimmen können als Unhiesiger. Und ist mir auch eine zwiespältige Betroffenheit. Italien muß viel Strom importieren, etlichen davon aus Frankreich. Energieschachspiele außerhalb jeder Betroffenheit. Bauernopfer. Da ich gerade gegessen, ergatterte ich mir von dem Tisch, der gleich neben meinem dort geparkten Auto stand, wenigstens ein Glas Wein, beschwerte mich scherzhalber bei den beiden Tischlern, die seit kurzem unter mir hobeln, hämmern und sägen (gestern den ganzen Tag) und brachte sie dadurch in eine mir unangenehme Verlegenheit, die ich zu beschwichtigen suchte. Denn es stört nicht wirklich, ist nur das Wahrnehmen dessen, was geschieht. I saw you! Da so viele Leute dort versammelt waren, das Licht in meinem Arbeitszimmer direkt über der Versammlung noch im Dunklen lag und ich auch noch mein ZT-Pensum erledigen wollte (Daniel und Franziska as intimates : schöne Stelle), worin mich das Gemurmel von unten unterbrochen. … das Gemurmel von unten!. Aber da ging ich dann. Die hübsche Decke meines Arbeitszimmers zu beleuchten. Plötzlich wurde dann beim Lesen gesprochen und nicht mehr gemurmelt. So daß ich mir die Lederjacke überzog (schon davor war es kühl) und wieder hinunterging. Was letztlich dort dann illustriert wurde, was das Projekt der drei Fahrstühle, die in die Altstadt hinaufführen sollen. Stolzes Erwähnen von ansehnlichen EU-Finanzierungen. Kommerz und Tourismus. Mehrmals. Besonders der Provinz-Vertreter des Handels- und Handwerksverbandes. Dabei liegt der Reiz der Oberstadt gerade darin, daß es hier keinen Kommerz gibt. das Gemurmel von unten. Am Ende sprach der Bürgermeisterkandidat (Wahlen im Mai und Lautsprecherwagen noch und nöcher, die Kundgebungen ankündigen, in diesen Tagen). Ein Lächeln überkam mich, als er über baricentro zu baricentrico stolperte und gar den Schwerpunkt als schwerpunktmäßig definierte und die Oberstadt meinte. Aber da ging ich dann abermals. Indes die ganze Zeit die hübsche Decke meines Arbeitszimmers zu sehen war, denn ohne dieses Licht hätte ich nun wirklich nicht wieder hinabsteigen können.

4 thoughts on “ABAO-40-APCA

  1. so steigen Sie… … denn hinab, zum “gemurmel von unten”, lieber signor lampe(!). das sollte ich dieser tage auch tun, doch noch schrecken mich die ‘inferi’. immer an Gesù denken, dessen großer abstieg ja übermorgenn ansteht…

    cordiali saluti

    A.

    1. Komischerweise bleibt mir im Gedächtnis von meinen Eisenbahnfahrten nach Italien (als ich noch in Berlin wohnte) die eine Inschrift am Eingang eines Friedhofs noch vor Verona : Resurrecturis. Fällt mir jetzt wieder dazu ein. Und auch sonst viel Spätrechtshaftes.

      ab ovo & ad ovum

      Ihr

      BL

    2. Inschriften Und auf dem Torbogen zu einem Friedhof bei Weggis (Schweiz) steht- ich las es im Vorbeifahren- “Was wir sind, werdet Ihr bald sein”. Nicht sehr ermutigend, aber leider wahr. Daher : carpe diem.

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