ABBS-68-APCA

Die Zukunft gehörte dem weltumglotzenden Auge, das mit Bildern betrogen und überfüttert sein will; Burgess, Der Fürst der Phantome vel Earthly Powers. Nur lesend am Abend und Jarrett hörend kam ich zu Notizen zum Text. Und die letzten Tage waren eh’ zu arbeitslastig. Auch der heutige hätte es sein sollen, nur gab es da gestern eine Feier bei den Kolumbianern, zu der man mich eingeladen, ihren Geburtstag von vor ein paar Tagen und den Vollmond zu feiern. Spät erst ging ich hin mit einer Flasche Weißwein, Marke „Lunia“ (Umbrien), um deren Hals ein rotes Bändchen mit einem Schmetterling aus Keramik gebunden war, der – glaub’ ich – aus Guatemala stammte und hier in der Küche an der Wand hing. Ich ersetzte ihn durch eine bereits eingerahmte Postkarte, auf der ein pompejanischer Korb voller Feigen abgebildet (auf der Rückseite die Handschrift einer Vrau mit V.). Während ich las, knarrten die Türen und schlossen sich mit brummigen Seufzern selbsttätig, um dann dieses Schließen ab und an – als wär’s ein Schluckauf – unkontrolliert zu wiederholen. Aber Schwierigkeiten hatte ich dann doch, als plötzlich ein junges Mädchen aus Seattle neben mir saß – „I’m only fifteen“. Ging ich lieber tanzen. Keine Ahnung, woher der Übersetzer den Ausdruck „Wärmwut“ für Wermut hat, ok, wahrscheinlich über „wormwood“ und „lad’s love“, aber ich hab’ das Original nicht. Kein schlechter Übersetzergedanke. Eine solche Wärmwut kam auf, als eine Hebamme mit mir ihr Glas „mojito“ teilte, einen Schluck sie, einen Schluck ich. Aber da war’s schon zu spät und ich zu betrunken. Obwohl, bevor sie mir ihren Beruf „gestand“, plötzlich das Fleisch auf dem flammenden Grill anzubrennen drohte, und ich schon nach dem Gastgeber rief, während ich irgendwelche Nudel- und Reissalate vom Teller in meinen Mund schaufelte. „Die Gabeln waren verbogen“, erinnerte mich Burgess daran. Denn die Hebamme nahm kurzerhand ihre Gabel, mit der sie selbst die Verbindung zwischen ihrem Plastikteller und ihrem extrem schmalen Mund herstellte, und drehte die Fleischstückchen und Würste um. Auch die Schlipsepisode fehlte nicht, die dann wiederum Burgess hervorrief: „Ich brauche einen Schlips“, denn Freund D. präsentierte sich mit einem solchen. Irgendwann, nachdem er den ganzen Abend mit A. geflirtet (was mich (doch, ein bißchen unangenehm (die Eos von neulich)) überraschte), wechselte er den Hals, indem er ihn mir übergab. In der Zwischenzeit dudelte, klimperte, klarinettierte und trommelte es ständig. Aber die Schritte wurden immer unsicherer, und da niemand den Verzicht wollen darf (Burgess) bzw. müssen soll (B.L.), ging es in die Oberstadt – per bacco – torkelnd und furzend. Wie ich tatsächlich noch festzustellen in der Lage war. Morgens um sieben fand ich mich am Schreibtisch wieder, ging ins Bett und schlief bis mittags.

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