Wir ADSler ODER Wie ein Bauer leben. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 10. Oktober 2011. Mit Ronchettis abwesend bleibender Salomé.

8.09 Uhr:
[Arbeitswohnung. Ronchetti, The Last Desire.]
Dann will ich mich mal an die Kritik machen. Brossmann und ich sprachen >>>> in der Bar, bevor wir auf unsren Rädern zum Prenzlauer Berg wieder hochpreschten, noch einige Zeit über >>>> die Inszenierung, waren imgrunde auch einer Meinung. Die werden Sie heute noch lesen können.
Es hat einigen Reiz, mit jemandem befreundet zu sein, der sehr viel jünger ist, doch die gleichen Symptome hat wie man selbst, und ihm schlichtweg vorführn zu können, daß es sich damit auch noch weitere achtzehn Jahre prima leben läßt und, wie ich hoffe, noch lange darüber hinaus. Alter spielt da, übrigens, viel weniger eine Rolle als bei anderen Menschen, denen Hyperaktivität fremd ist und fremd bleiben m u ß. Ein vermeintlich Soziopathisches, das andere oft an einem wahrzunehmen glauben, jedenfalls das sie gleichsam instinktiv spüren – was, solange man einander nicht näher bekannt ist, häufig zu Ablehnung führt -, findet da untereinander in keiner Weise statt; es kann also nicht eigentlich soziopathisch s e i n; im Gegenteil ist man innerhalb der eignen, sagen wir mal, „Mentalitäts-Ethnie“ sogar hochgradig emphatisch (und wird, ironischerweise, soziopathetisch, denn schlichtweg ist der „Einsamkeits-Koeffizient“ ebenso geringer wie bei aufeinandertreffenden Hochbegabten, mit denen – wahrscheinlich – ADSler zwar nicht unbedingt, aber doch nicht selten einiges zu tun haben; da kommt man dann auch mit Phlegmatikern klar).
Auch darüber sprachen wir noch gestern nacht. Hübsch dabei war übrigens d a s:… Betroffene seien aus genetischer Sicht die Nachfahren der steinzeitlichen Jäger und Sammler. Ihm zufolge ist die heutige moderne Gesellschaft eine Weiterentwicklung der Gesellschaft sesshaft gewordener Bauern. Um sich in dieser Gesellschaftsform leicht zurechtzufinden, benötigt man andere Voraussetzungen und Fähigkeiten als in einer von Jägern geprägten Gesellschaft. Dieser Unterschied zwingt Jäger dazu, sich mit ihren anderen Fähigkeiten und Voraussetzungen einer Bauern-Gesellschaft anzupassen. Wie ein Bauer zu leben, stellt für Jäger jedoch eine permanente potentielle Belastung dar. Daher stehen sie vor der Aufgabe, einen Weg zu finden, sich ihre Fähigkeiten trotz der ungünstigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zum Vorteil machen zu können. Das Ziel ist, Anerkennung für ihre besonderen Talente zu erlangen, anstatt permanent nur „anzuecken“.
(>>>> Thom Hartmann)

Dafür war die Löwin, eben, noch sowas von verschlafen! Ich gab ihr eine halbe Stunde mehr in ihrem Wiener Bett. Dann werde ich mein Telefonat sie mit Nachdruck wecken lassen.

11.50 Uhr:
So, >>>> die Ronchetti-Kritik steht drin.

16.50 Uhr:
[Martin, Der Sturm.]
Noch ein bißchen an dem Gedicht von gestern gesessen; die letzte Zeile gefällt mir noch nicht: aber ich hab grad keine Lösung. Also einkaufen gewesen, weil mein Junge heute abend und nacht bei mir sein wird. Männerabend mit Rindersteaks und Blumenkohl, süßen Weintraubenquark danach; alles bereits vorbereitet nach dem Mittagsschlaf. Und wiederum nach dem kurzen Purcellrausch, in den ich >>>> deshalb geriet, habe ich jetzt >>>> Frank Martins „Der Sturm“ nach Shakespeare vorgenommen, die erste Gesamteinspielung überhaupt, über die ich abermals für die FAZ schreiben soll. Und will. Klar, denn sonst sollte ich nicht. Um das angemessen zu leisten, höre ich die Oper mit dem der CD-Box beigegebenen Libretto; aber ich möchte mir eigentlich auch die Partitur noch besorgen. Zwar darf der Text nicht so lang sein wie >>>> „mein“ Pettersson, Genauigkeit ist selbstverständlich dennoch angesagt. Heute werde ich ohnedies nicht mehr „durchkommen“; jederzeit ist von seinem Cello mein Junge erwartet. Ich sitze im dunkelblauen Anzug mit Weste und Krawatte vor den Computers; das gibt einem Form: – gehört übrigens auch zum strukturierenden Umgang mit den inneren Macken. (Parallel hören: >>>> Fischer-Dieskaus Interpretation der „drei Fragmente“; eine Aufnahme, über die ich von Martins Oper überhaupt hörte; und lange, lange, lauerte ich darauf, daß man sie endlich wieder aufführte und ganz einspielen würde.)

18.34 Uhr:
… und dann bin ich völlig benommen —- >>>> von d e m da… derart, daß ich den Link, völlig uneingedenk des Eitlen, das darin mitliegt, an die Freunde und auch an Literaturbetriebler schicke. Peinlich, ich weiß. Und dennoch.

5 thoughts on “Wir ADSler ODER Wie ein Bauer leben. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 10. Oktober 2011. Mit Ronchettis abwesend bleibender Salomé.

    1. @Edith88: Langweilen Sie sich… … eigentlich gerne? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, auch wenn mir, an und für sich, eine solche Verkrümmung des Gemüts als Wille und Vorstellung mehr als fremd ist.

    2. @BRSMA zu Edith. Die langweilt sich wahnsinnig gerne. Deshalb kommt sie ja hier niemals wieder weg, sondern ist abhängig gewörden von mir. Man kann sagen: sie ist Der Dschungel h ö r i g. Was sie – als emanzipierte Frau, die sie gerne wäre – selbstverständlich dauernd nervt. Darum ihre wütenden, teils auch nur gehässigen Permanentkommentare. Es sind verdrehte Selbstbezichtigungen.

  1. @ANH, Hyper Erinnert mich an etwas: wie ich zum ersten Mal in jener Klinik am toten Meer ankam, die ich dann Jahr um Jahr aufsuchte für lange Zeit. Die Erleichterung, mal nichts erklären, vor allem aber relativieren zu müssen. Keine blöden Blicke oder Bemerkungen, wenn man vor Juckreiz japsend irgendwo saß und das Kratzen nicht lassen konnte. (Pech auch, dass niemand mit Neurodermitiker:innen irgendeine Hochbegabung assoziiert – höchstens eine für Neurotisches ; )
    Eine sehr eigene Form gegenseitigen Wohlwollens kann da entstehen, die einer Freundschaft – aber das wissen Sie ja.

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