Leoš Janáček hören. Pausentag als Arbeitsjournal des Dienstags, dem 6. März 2012.

9.16 Uhr:
[Arbeitswohnung. Janáček, Orsud (auf Englisch gesungen…).]
Es gibt Komponisten, deren Musiken, hat man intensiv >>>> eines der Stücke gehört, zu einer Sucht werden, die sich erst einmal ausleben muß. Dazu gehört für mich unbedingt Leoš Janáčeks. Also ist das heute ein Janáček-Tag. Ich habe ihn mir, sozusagen, freigenommen, bin nämlich n i c h t aufgebrochen, um zu dem Autorentreffen nach Bad Münstereifel zu fahren; es wäre mir definitiv zu viel geworden. Noch hängen mir die vergangenen Tage in den Seelenknochen. Ich brauche einfach Zeit für mich und meine Gedanken, muß zumal die Gefühle wie die kleinen, nun so durcheinandergeratenen Magnete wieder ausrichten, die das Feldschild unserer Selbstbewußtseine stabil halten. Schon gar nicht wollte ich mich von meinem Cello trennen jetzt, hätte es andernfalls mitgeschleppt. DochFalls Du es Dir doch noch überlegst: ICE 650, Wagen 32 Platz 74sms‘t mir soeben >>>> Ricarda Junge, die betrübt war, als ich sie gestern am Telefon über meine Entscheidung informierte. Ich mag aber wirklich nicht wieder in den Kampfmodus schalten,. Was unweigerlich zu geschehen hätte, stellte ich vor Kollegen einen neuen Text vor; als ich noch regelmäßig an diesen Treffen teilnahm, bekam ich auch regelmäßig auf den Deckel. Das fisch ich mir freiwillig nicht auch noch in mein momentan ein wenig zu sehr gerissenes Netz, nicht in den folgenden Tagen. Sondern konsolidier mich wieder, bis ich nicht mehr a l l z u abgehäutet bin. Schon das für Donnerstag anberaumte Krisenbehebungsgespräch dräut mir zu dunkel entgegen. Manchmal denk ich jetzt, ich möchte eigentlich auch gar nicht mehr schreiben, sondern nur noch mit meiner Musik allein bleiben, mich auflösen in ihr.
Seltsam aber, und bezeichnend, wie die Sprache ein komponiertes Melos verändert: diese Orsud-Aufnahme jetzt hört sich wie englische Musik an, als wutschte immer mal wieder ein bißchen Vaughan Williams mit hinein. Also musikalisch, auch wenn es schön klingt, geht das bei Janáček g a r nicht – wobei es Sprachen gibt, die für Musik gut ineinander kompatibel sind, etwa das Englische und das Deutsche; Britten, der auch so ein Suchtmacher ist, funktioniert in der Übersetzung, aber schon der französische Don Carlo Verdis ist etwas völlig anderes als der italienischsprachige; Italienisch und Deutsch sind wiederum absolut nicht „austausch“bar, in g a r keiner Oper. Darüber einmal einen Aufsatz zu schreiben, würde mich sehr reizen. Doch muß ich dazu wirklich, wie ich >>>> dort schrieb, Partiturseiten hören können. Eines Tages, also, werde ich das angehen.
Die Löwin sagte am Telefon, ich hätte mir die folgenden Tage freigenommen. So läßt sich das wohl sehen. Erholungsphase. Tatsächlich will ich aber für das neue Hörstück den Galouye weiterlesen; ich komme nur mühsam voran, was daran liegt, daß in den Stories sprachlich eigentlich nichts passiert: die Bücher sind allein auf Handlung angelegt; eine Poetik werde erst ich ihnen geben. Ob das legitim ist, sei einmal dahingestellt, es reizt mich indes als künstlerisches Projekt. Faßbinder hat das gleiche schon mit Galouyes Simulacron 3 getan, als >>>> Nachdichtung in Film.
Im übrigen ordne ich meine Tondateien, ordne sie zu, also konvertiere sie erst und verschiebe sie dann. Da herrscht einiges Chaos auf meinen Festplatten.
Guten Morgen. Nach Orsud ist Katya Kabanova dran.

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