Garantie auf Organe: Das Argo- (auch Argo/u/sAugen-) und GalouyeJournal des Freitags, dem 18. Mai 2012.

8.10 Uhr:
[Arbeitswohnung.]

Nur kurz; er muß gleich, der >>>> Eyeborg. zur Augenärztin los. So ist die Früharbeit denn spät, zumal ich erst um halb sechs hochwar. Immerhin zwei Seiten Argo-ÜA geschafft, die zwei weiteren der obligaten vier vielleicht im Wartezimmer, dann noch nach Rückkehr. Danach mit Volldampf >>>> an den Galouye.
Erst hatte ich, vor Rasur und Dusche, den hellen Leinenanzug rausgehängt, dann mich aber doch umentschieden, als sich der Himmel bezog. Also in Grau, der Anzug, aber keine Krawatte oben, sondern unten Chucks.

Später mehr. Mir fällt auch bestimmt noch ein griffiger Titel ein. Vorerst mögen Ihnen die Päonien genügen.

8.26 Uhr:
Jetzt also doch Krawatte; habe einen ganz anderen Anzug rausgehängt, als ich dachte, daß ich wollte. Lieber modischer Herr Alzheimer, ich war in Gedanken. Es macht mir grad aber Freude, ein bißchen oberflächlich zu sein, sprich: meiner Oberfläche ein bißchen Zeit zu widmen. Die Augenärztin ist nämlich schön.

Ab jetzt.

11.20 Uhr:
Grad erst zurück; auf dem Rückweg Schneider, Reinigung, elegante Schnürsenkel; letztre sind nicht mehr leicht zu bekommen, meistens sind es Stricke. Ich verlange aber sehr dünne, gedrehte, auch wenn sie den Nachteil haben, daß man sich schnell mal einen falschen Knoten hineinzieht, der arg schwer wieder zu lösen ist.
Aber das will ich gar nicht erzählen, sondern wie heiter es ist, Garantie auf seine Organe zu haben. Also. Die Nachuntersuchung ergab, ich hatte das aber schon lange selbst im Wortsinn im Auge, daß sich in die rechte künstliche Linse eine Weitsichtigkeit eingeschlichen hat; immerhin von einer Dioptrie. Morgens merkke ich das am stärksten, über den Tag stellt sich das Hirn darauf ein. „Was machen wir jetzt?“ „Wir können das nachoperieren, Das wäre eine normale Lasik.“ „Und was käme da auf mich zu, finanziell?“ „Ich denke, daß wir das noch als Garantieleistung operieren können.“ Bedenkt sich aber noch einmal: „Sie hatten einen Sonderpreis, nicht wahr?“ „Das kann man nicht nur, das muß man so sagen.“ „Ich frage nach. Einen Moment bitte. Wenn Sie wollen, machen wir auch gleich einen Termin.“ „Am besten sofort.“ Ich war geradezu scharf darauf, noch mal so eine Operation durchzuabenteuern; merkte ich selbst. Die Arzthelferin gab mir den 30. Mai, in knapp zwei Wochen also. Die Ärztin kommt noch einmal heraus: „300 Euro.“ „Das kosten meine Tauchscheine, find ich okay.“ „Sie tauchen?“ „Anfang Juli auf Giglio.“ „Oh, dann dürfen wir den Termin nicht so schnell machen. Tauchen dürfen Sie bis drei Monate nach der Operation auf gar keinen Fall. Das wäre nun wirklich viel zu gefährlich.“ Also den nahen Termin wieder gecancelt; wir werden erst nach Italien operieren… „wir“ schreib ich schon; aber da die OP bei Bewußtsein stattfindet, was mir sowieso immer lieb ist, ansonsten ich wahrscheinlich scvhwänzen würde, hat das „wir“ eine Art Rechtfertigung.
Der schönen Frau noch die Hand geschüttelt, dann mit den Helferinnen geplauscht, eine von denen aus Flugzeugen mit Fallschirmen springt. Kommt mit alles sehr entgegen, diese ganze Praxis, wiewohl ich nicht über Krankenkasse abrechnen kann, weil hier nur Privatpatienten genommen werden. Diese meine seltsame Neigung, so weit es irgend geht, alles selbst zu bezahlen… andere haben andere Hobbies, auch teurere.
Hinaus ins riesige SONY-Foyer, aufs Rad, in den Tiergarten rein und durch ihn hindurch. Brandenburger Tor, Polizeiaufgebot. Drei blonde Polizistinnen stehen am Mannschaftwagen, hübsch, hübsch: nein, nicht der Wagen. Ich auf sie zu. „Was‘n los? Bin neugierig.“ „Der arabische Staatspräsident.“ „Oh, da wird er seine Freude an Ihnen haben, so gänzlich unverschleiert.“ Die jungen Frauen lachen, ich grüß und geb Pedalengas.
Nee, die Tauchgänge laß ich mir nicht nehmen, dann muß das Auge warten. Ist auch nicht sonderlich schlimm, gar kein Vergleich zu früher: arbeiten und lesen kann ich ohne Brille, Filme sehen ohne Brille, Autofahren, Fahrradfahren, tauchen. Wir haben keine Eile, meine Linse und ich.
„Da wird ein Sauger angesetzt, das ist ein ziemlicher Druck. Stellen Sie sich schon mal drauf ein. Dann wird in die Hornhaut geschnitten und straffgezogen.“ „Ist wie Bettenmachen“, sage ich. Sein Sie gewiß, ich werde berichten.

Als ich über Unter den Linden radelte, ging‘s mir durch den Kopf: was Ich macht, ist das Bewußtsein, alleine das Gehirn.Alles andere lasse sich tauschen.
Dann kamen mir Zweifel: wirken nicht doch die Organe auf den Geist zurück? Ganz sicher. Jemand, der ewig krank war und dann plötzlich gesundet, dem wird das auch das Bewußtsein verändern. Aber: wie weit geht das? Umgekehrt belastet ein organischer Ausfall, der zudem mit Schmerz verbunden ist, den Geist nun sicher ebenfalls. So daß es dann eben doch nicht egal ist, ob wir blondes oder dunkles oder nur sehr wenig Haar haben auf dem Kopf und sonstwo, oder sehr wenig wie ich, nicht sonstwo, doch auf dem Kopf –

Jetzt ans Cello. Galouye nachmittags ff.

21.40 Uhr:
Bis knapp vor einer halben Stunde durchgearbeitet und mit der Montage fertiggeworden. Alles, was ich jetzt noch tun würde, wäre, an Kleinigkeiten herumzufisseln, die ich wahrscheinlich nur ich selbst höre. Besser, ich warte die Reaktion meiner Redakteurin ab und die der beiden Sprecher, die morgen zum Probehören herkommen werden.

Spargel, Kartoffeln, Butter, Putenbrust mit Honig. Hab kaum was gegessen heute, nur geraucht, so daß mir leicht schlecht ist. Der Magen will.

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