Verwirrt. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 3. November 2012. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (144). Sowie, abends, zu Daniel Craig.

10.22 Uhr:
[Arbeitswohnung. Carl Ruggles, Evocations.]
Verschlafen, seltsam. Dabei bin ich früh genug zu Bett. Verwirrt hochgekommen, dann hat eben noch mein Kreislauf gesponnen. Muß mich erst mal fassen. Noch keinen Handschlag getan – doch, ich höre mich bei Youtube durch die Ruggles-Aufnahmen, die es da gibt, muß erst einmal einen Eindruck gewinnen. Wichtiger ist aber Henry Cowell.
Gestern abend hatte ich wieder einen Hämer im Kommentar, erst geantwortet, dann wieder gelöscht, alles. „Warum nehmen Sie diese Leute immer noch ernst?“ so die Löwin am Telefon. Mein Problem: ich nehme immer alle erst einmal ernst. Es geht einfach nicht in meinen Kopf, daß es Leute von mißgünstigem Charakter gibt; ich frage mich immer: was haben die davon, jemanden zu verletzen? Oder: womit verletze offenbar ich sie? Denn sie müssen ja einen Grund haben, ihrerseits mich unbedingt verletzen zu wollen.
Dabei war die Frage, die dieser Kommentator, er nannte sich trefflich „egal“ und setzte vier Ausrufezeichen hinter sein Anonym, – dabei war die Frage, die er anfangs stellte, gar nicht falsch: „Wieso machen Sie das?“ – womit er meinte, weshalb ich Leseerfahrung, Zitate, literarische Überlegungen usw. mit persönlichen Notaten verbrinde – „vermische“, wenn Sie so wollen. Darauf gibt es eine sehr klare Antwort: Weil ich die Trennung von hie sachlich und dort persönlich vor allem in künstlerischen Belangen für erkenntnsitheoretisch falsch halte. Sie können erst einmal praktikabel sein, das sehr wohl, und man geht dann nach Art mathematischen Auskklammerns vor; sie sind letztlich aber verfälschend, und zwar gerade, wenn es um Wirkungsästhetik geht. Zudem spüre ich dem Umstand nach, daß Beobachtung selbst schon ein Teil des Beobachteten ist, ebenso wie, eben, die Entstehung des Werkes zum Werk selbst dazugehört, Teil des Werkes ist. Wir leben nicht in getrennten Sphären; wäre dem anders, wir wären alle Borderliner, sondern unsere Lebens„arbeit“ ist es ja gerade, sie miteinander zu vermitteln. Anders wäre auch Wirkung nicht möglich.
So hätte ich dem Herrrn oder der Frau egal!!!! geantwortet, wäre nicht der kommentierende Ton wieder so unter aller Sau gewesen – auf Verletzung angelegt, nicht auf Erkenntnis.

Kleine Theorie des Literarischen Bloggens 144.
>>>> Litblog 145
Litblog 143 <<<< (um 7.50 Uhr im Link).

Jetzt muß ich mich erst mal finden. Da ich morgen wieder den ganzen Tag >>>> in der Oper sein werde, hat es wenig Sinn, heute schon mit der Thetis-Neulektüre, für Argo, anzufangen, weil ich diese Lektüren ja bis zum Abschluß des vierten Argo-Durchgangs, der zur Lektoratsfassung führen soll, nicht unterbrechen will. Also werde ich wohl die Einführung >>>> für die Veranstaltung am Dienstag vorbereiten und mich mit Cowells, Ives und Ruggles‘ Musiken beschäftigen. Das Netz ist wirklich ein Segen. Nicht so ein Segen ist, daß ich vorhin, schon zum zweiten Mal in zwei Wochen, einen seltsam wegkippenden Kreislauf hatte, ein sich drehendes Schwindelgefühl, und die Augen ließen sich nicht mehr scharfstellen; ich mußte sie schließen, wartete eine halbe Minute, ging noch nicht, wartete noch eine halbe Minute, dann drehte sich das Schwindelgefühl in die Stabilität zurück. Jetzt ist wieder alles okay. Arbeitsüberlastung, möglicherweise, ich sollte dringend wieder Sport machen. Wirklich dringend. Wie schrieb ich >>>> meiner Impresaria vorgestern? ‚Alles wieder ab Dezember. Alles erst, wenn Argo abgegeben ist.“

14.15 Uhr:
[Cowell, 1111 Symphony.]
Noch keinen Handschlag getan. Doch, bei der Post war ich, um etwas aufzugeben, und habe Tahin und Joghurt mit Knoblauch, frischen Chilies, Olivenöl und Zitronensaft vermischt. Und frische Pfefferminze für arabischen Tee gekauft, sowie, als Abendessen, frischen Spinat, den ich mir als Salat mit Joghurt und abermals viel Knoblauch anrichten werde; dazu türkisches Milchbrot. Hörstücke für Winbeck kopiert und auf Dr. Nos neues Thetis-Gespräch geantwortet. Jetzt werde ich mich ein Stunde lang hinlegen. Sò und so viel zur Faulheit.

18.10 Uhr:
[Cowell, Hymn and Fuguing Tune No. 10.]
Läuft alles etwas aus dem Gerück heute; immerhin verstehe ich jetzt einiges von dieser Musik, und Cowell, tatsächlich, hat mich gepackt; Ruggles ist mir ferner. Aber: „Papa, gehen wir heute abend in >>>> Skyfall?“ Das hat er sich schon letzte Woche gewünscht. So wird es ein Sohn-Vater-Wochenende werden, da wir >>>> morgen den ganzen Tag in der Oper sein werden. Dann erneuter Anruf, „Du, Papa? Die Mama würde auch gern mitgehen. Wäre das in Ordnung?“ Also losgezogen und schon mal die Eintrittskarten besorgt – altes Wort, schon, fast; allgemein wird unterdessen ‚Tickett‘ gesagt; ‚die Karten besorgt‘ würde auch reichen, ‚Tickett‘ ist nicht kürzer. Ich erwische mich übrigens selbst dabei. Schleichend geht das vonstatten, wenn man nicht sehr achtgibt.
Also mal wieder James Bond – wobei mir Craig nicht sehr liegt; er ist mir zu, irgendwer hat ihn mal ‚proletarisch‘ genannt, aber das ist‘s nicht; er arbeitet nicht wirklich proletarisch; es ist auch nicht von Kumpel an ihm, nur so eine gewisse fast ungebildete Brutalität. Hm, weiß nicht. Irgend etwas Replikantes. Ich schätzte, als Connerys Nachfolger, Timothy Dalton sehr; Roger Moore wiederum war mir zu eindimensional gelackt.

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