Tom Dooley vor den Versen Argos. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 19. März 2013. Mit Mahler IX am Abend.

8.50 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Latte macchiato, nicht zu fassen, der erste, die erste, nicht zu fassen, Morgenpfeife, ich schlafe und schlafe, erst um acht bin ich hoch. Abermals hat es geschneit, und nicht wenig. Die Bäume und Straücher des zweiten Hinterhofes sehen wie ein Märchenwald aus:

Und weshalb träumte mir von Tom Dooley, hang down your head, ein Lied, das ich als Junge sehr oft gesungen habe? Ich sah eben nach: es stammt aus dem Jahr 1958, prägt also meine frühe Kindheit mit. Jetzt ging es als unentwegt repetierte Zeile durch meinen letzten Traum dieser Nacht, klingt noch immer in mir weiter: Echo von Ferne. Nun auch erst weiß ich, worum es in dem Folksong geht, das war mir früher nie bewußt, ich bin mir ganz sicher, und vielleicht löst sich diese Prägung nun auf – wie eine in der Tiefe abgesetzte, eingekapselte, wie getrocknete Blase, die wieder weich wurde und heute erst, um die fünfzig Jahre später, platzen konnte, ganze Gefühl von Kindheit mit sich ausschüttend, den Geschmack der frühen Sechziger Jahre, Hilflosigkeit des Knaben, die von unklaren, aber schimmernden Sehnsüchten angefüllt ist.

Weiter mit Argo. Vor allem aber muß ich das Programmheft jetzt im Kopierladen fertigstellen, damit es morgen rechtzeitig vorliegt. Ich werde die dreihundert Dinger wohl auch eigenhändig falzen – oder die Blätter morgen meinem Jungen mitgeben; sie müssen ja erst am Abend vor der Aula ausliegen.

Es schneit und schneit. Und ich schlafe und schlafe. Nichts geht so richtig voran. Von Stagnation läßt sich nicht sprechen, aber von einer mir stets, so empfinde ich das, fremd gewesenen Langsamkeit.

(Wenn es so weiterschneit, wird das heute abend heiter werden, mit dem Rad >>>> zur Philharmonie zu fahren. Übrigens können Sie das Konzert live miterleben, auch wenn Sie nicht in Berlin wohnen, und zwar für diese Aufführung unentgeltlich: in der Digitalen Konzerhalle der Berliner Philharmoniker, >>>> dort.)

12.17 Uhr:
Unbfaßbar! Gucken Sie sich mal mein Fahrrad an:



Die Programmhefte für das Klassenspiel meines Jungen sind jetzt fertig; allerdings müssen die 300 Blatt nun noch gefalzt werden:



Außerdem schickte Herbert Motzek, >>>> „mein“ Pfeifenmacher und Tabakmanufacteur, sieben reparierte Pfeifen zurück, die derart schön geworden sind, daß ich einmal mehr vor dem Handwerk den Hut ziehe. Solch eine Liebe zu den Dingen!

Es schneit und schneit immer weiter.

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