Das Giacomo-Joyce- und erste Argofahnen-Journal des Dienstags, dem 28. Mai 2013. Sowie ein Neugeburtenjubel.


Friederike Rose ist gestern abend um 19.05 Uhr
gesund und laut schreiend zur Welt gekommen.
Sie wiegt 3460 g und ist 53 cm lang, hat blaue
Augen und schwarzes Haar. Es geht uns gut.

(SMS von >>>> Ricarda Junge,
angekommen um 8.24 Uhr)

10.28 Uhr:
[Arbeitswohnung. Wieder bedeckt draußen, abermals
sieht es nach Regen aus. Wenn der Mai ist kühl und naß,
füllt’s dem Bauern Scheun’ und Faß: jedenfalls war das so
vor den Gewächshausfabriken der Agrarindustrie.]


Ich habe sofort zurückSMSt. Dann mich wieder, kurz nach acht begann ich, an den Giacomo Joyce gemacht – und bin auch tatsächlich fertig geworden. Jetzt erst bekommt der Text im Deutschen die Atmosphäre, die mir von Anfang an vorschwebte; dabei sind es nur Kleinigkeiten, die ich verändere, bisweilen einen Rhythmus, manchmal die Satzkonstruktion im Binnengefüge. Und für ein paar Worte nehme ich mir Freiheit.
An >>>> HS soeben weggeschickt. Jetzt kann ich mich an die Argo-Fahnen machen, die freilich den Beginn der Neapel-Arbeit noch mal hinausschieben.

(Zweiter Latte macchiato, dritte Morgenpfeife.
Hab doch wieder bis ein Uhr nachts geguckt; meine Disziplin ist „echt arg marod“. Auch der Blick auf die Waage stellte nicht wirklich zufrieden: knapp 81 Kilo bei knapp 1,80 Körpergröße verlangt Maßnahmen. Die ja auch schon ergriffen sind.)

Sie kamen, die ersten 199 Seiten der Fahnen, gestern nacht an. Ich habe da gleich mal hineingeschaut, fand ein Wort, das zu streichen sei; jetzt beginne ich professionell. Und sitze noch in Sherlock Holmes’ Morgenmantel, diesem >>>> jeremybrettschen Hausrock von getrocknetsprödem Kardinalsrot, was ich vielleicht, um mir Form zu geben, eben noch ändern sollte. Etwas essen, allerdings, werde ich erst heute abend wieder, nach dem Laufen. Zielvorgaben sind dafür da, daß man sie einhält. Sich selbst zu betrügen, funktioniert bei mir nicht, weil ich, erzählte ich vorgestern der Löwin, überhaupt nicht weiß, wie so etwas gehen kann; es wäre, als würde man gegen sich selbst Schach spielen und dabei schummeln: ein ebenso absurdes Unternehmen wie auf Kants Schreibtisch der Zettel, der ihn dran erinnern sollte, seinen Hausdiener zu vergessen, dem er gekündigt hatte und der ihm jetzt fehlte. „Aber du weißt doch“, so die Löwin, „daß viele Menschen das tun.“ Ja, ich hab davon gehört, aber nicht die mindeste Ahnung, wie ihnen das gelingen kann. Ihr Verdrängungsmechanismus muß enorm sein, von geradezu kosmischem Ausmaß.

Nicht causieren, Herbst! Sondern arbeiten.

19 Uhr:
Bis Seite 94 in den Fahnen gekommen, dazwischen knapp, mit dem Hin und Her, den Hanteln hier usw. knappe 1h45m Sport. So unerwarteter- wie freudigerweise schläft mein Sohn heute hier; also muß(te) gekocht werden. Er hat sich Spaghetti al ragù gewünscht, das in Deutschland „Bolognese“ heißt. Will man sie gut bereiten, braucht sie einige Zeit. Mein diesmal, für mich selbst erstaunlich, am Küchenfenster üppig, ja geradezu buschwuchernd wachsendes Basilikum rief mich direkt an: Nimm mich! Nimm mich!
Tat ich.
Keine Filme heute abend; ich muß und will weiter die Fahnen lesen. Es ist doch einiges noch machen; vor allem sind manche Formatierungen nicht übernommen worden, was, korrigiert man sie, Folgen für den Umbruch hat. Und die Zeit stürmt dahin. Aber erstmal wird was gegessen, in einer halben Stunde. Geduscht bin ich übrigens auch noch nicht. Aber habe – eine tatsächlich auffallende seltsame Folge meines inneren Reinigens durch Nahrungsumstellung und Alkoholabstinenz – schon viermal heute die Zähne geputzt.
Sò, mein Sohn kommt grad zur Tür rein. Also das Pastawasser aufsetzen. (Die in ein feuchtes Tuch gewickelte zweite Spargeltranche, deren erste ich gestern verspeiste, wird es morgen geben.)

6 thoughts on “Das Giacomo-Joyce- und erste Argofahnen-Journal des Dienstags, dem 28. Mai 2013. Sowie ein Neugeburtenjubel.

  1. Diese freudige Nachricht hat auch mir den Tagesbeginn schön gemacht!

    Was das Selbstbetrügen angeht, so muß das eine Fähigkeit sein, die ganz eng mit dem Vergessenkönnen zusammensteckt, und wenn man das eine nicht kann, klappt’s auch mit dem anderen nicht.

  2. Ja, die Arbeit … … nur die Arbeit wird uns retten.

    Andererseits ist die Fähigkeit zum Selbstbetrug möglicherweise ein notwendiger Überlebensmechanismus. Er macht sich überall geltend, schon beim ersten morgendlichen Blick in den Spiegel. Und wer nicht über diese Fähigkeit verfügt, der hat sicher einen evolutionären Nachteil.

    Seien Sie also nicht so puritanisch. Betrügen Sie sich ruhig einmal selbst, (nicht nur die anderen). Wichtig ist nur, dass Sie sich dabei zuschauen und es registrieren, es also mit Bewusstsein tun. Alles andere ist dumpf.

    1. Also ich für meinen Teil ändere einfach immer wenn nötig meine Zielvorhaben, natürlich nicht die Sache selbst, aber den Zeitplan betreffend – denn was ist schon Zeit! ANH hingegen ist da viel stringenter als meinereiner, ich aber weiß, daß ich mehr als das bisher Getane beim besten Unwillen nicht hätte tun können.

    2. Sie sprechen … … mir aus dem Herzen, lieber Schlinkert. Und ja, die Zeit. Mein geliebert Ausgustinus hat sich dazu unübertroffen geäußert.

      Ich kann es alles nur nach meinem Maß tun. Ich habe lange gebraucht, um mich mit dieser Erkenntnis auszusöhnen. Aber es hilft ja nicht, wenn man sich selbst böse ist, für all das, was man nicht geschafft hat.

      Wenn das, was ich tun will, nur mit übergroßer Disziplin zu schaffen ist, dann wird alle Disziplin der Welt nicht ausreichen, mich an den Punkt zu bringen, an dem ich mit dem Geleisteten und Erreichten zufrieden bin.

    3. Gelernt habe ich das, lieber PHG, natürlich auch erst nach und nach, besonders auch durch Beispiele von Freunden (inzwischen, auch weil sie von Berlin weg sind, ehemaligen), die vor lauter Arbeit und Zeitmangel ihre Freunde nicht mehr einzeln sehen wollten bzw. konnten und so i m m e r Gemeinschaftsrunden einriefen – da sitzt man dann mit fünf oder sechs Menschen herum und redet dummes Zeug, was ja auch sein muß, aber in diesen Fällen waren die Aktionen, gemessen an Sinn und Absicht, tatsächlich so etwas wie Zeitverschwendung. Muß ich nicht haben, sowas.

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