Das Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 18. Juni 2015.


[Arbeitswohnung, 8.56 Uhr]

Noch einmal zu >>>> gestern schrieb ich >>>> in einer Antwort soeben folgendes:
Die Tendenz, die Frau zu blocken, habe auch ich. Nur gibt es eine Art der Diffamierung, die objektiv gefährlich ist, wenn sich so etwas auf verschiedenen Seiten ergibt, bisweilen nicht nur, wie wohl hier, wahnhaft, sondern kalkulkierend motiviert. Daß ich, 1955 geboren, aus einer der Ribbentrop-Familien stamme, übrigens nicht aus der Linie Joachims, wurde, seit ich den Literaturbetrieb betrat, immer wieder zu politischen Unterstellungen benutzt; teils bekam ich das erst Jahre später mit. Da können sich die wahnhaften und kalkulierten Motive übel ergänzen. Deshalb muß ich das im Auge behalten, einfach aus Selbstschutz – um so genauer, als ich, anders als viele andere mit historisch bösen familiären Hintergründen, den zeitgenössischen Mainstream-Bewegungen ferngestanden habe und weiterhin fernstehe, etwa dem Pop, und deshalb keine Gemeinschaften oder gar eine Lobby habe, die mich solidarisch schützen würde. Im Gegenteil werde ich auch abweichender Meinungen wegen attackiert, attackiere freilich auch selbst – da ist es sehr praktisch, wenn man Argumente vermittels mehr oder minder hinter vorgehaltener Hand weitergetragener Unterstellungen aushebeln kann, ohne auf sie eingehen, ja sie nur anhören zu müssen, ein mit Außenseiterpositionen wahrscheinlich generell einhergehendes Problem der, sagen wir, Streitkultur. In meinem Fall ist es nur besonders problematisch, weil der Holocaust auch für namentlich weniger Belastete als mich zu einer Maulsperre werden kann. Daß er dafür b e n u t z t wird, ist skandalös genug; die Opfer werden zum Mittel. Und nicht etwa an denen bleibt das hängen, die diesen Mißbrauch betreiben, sondern jenen, gegen den er in Szene gesetzt wird. – Wir kennen diese Dynamik auch aus Zusammenhängen, die nicht personale Ressentiments austragen, sondern Ausdruck (macht)politischer Interessen sind.

Ich sollte weniger trinken, Wein, meine ich. Nun schon zum zweiten Tag verkatert aufgewacht. Doch ich komme zur Zeit mal wieder nicht zum Sport, und die Abende haue ich mir mit Filmen, Serien, um die Ohren. Auch das sollte ich sein lassen. Es ist schlichtweg zu viel zu tun, besonders auch zu lesen. Der pure Eskapismus, ich merke das sehr wohl.
Also erstmal zwei Wochen keinen Alkohol mehr, bis zum Verlagsabend bei >>>> mare, am 2. Juli, dann auch den folgenden Juli ganz hindurch und erst wieder im August, den ich fast vollständig in Paris und Umbrien verbringen werde; seit vorgestern sind die Flüge gebucht. Da möchte ich meinen Wein s c h o n wieder trinken.
Gut, daß ich mich auf meinen Körper nach wie vor verlassen kann: Der mir an sich gänzlich unbekannte Kopfschmerz ist schlichtweg eine Warnung, und die leisen Bauchschmerzen, die mich seit vorgestern begleiten, sind es ebenfalls, wenngleich aus anderen Gründen; sie sagten mir immer, daß ich mit einer Situation uneinverstanden lebe, verweisen auf etwas Prinzipielles, von dem mich das Trinken und Filmegucken aber ablenkt, bzw. ablenken soll – etwas, das ich nicht mehr zulassen möchte, also diese sichAblenkerei. Eine gewisse Müdigkeit, nicht immer weiter kämpfen zu müssen, kommt hinzu -. auch sie eine Art Alarmzeichen. Dazu dieser ganze Alters- und Vorbei-Komplex, der mich seit dreivier Jahren begleitet, sowie die beiden großen verunglückten Liebesgeschichten, deren erste eine Geschichte noch gar nicht gewesen ist, und eine gewisse neue, sich rein entwicklungslogisch begebende Unbehaustheit in meiner quasiFamilie, also meine sich ändernde, jetzt schon veränderte Rolle als Vater -. dies alles macht eine innere Neubestimmung nötig, zu der ich nicht recht bereit bin, von der ich aber weiß, es führt kein Weg herum. So bin ich derzeit einigermaßen fahrig, irgendwie ziellos, was meine auch literarische Antriebsschwäche erklärt und daß ich nach dem >>>> Traumschiff Schwierigkeiten habe, den poetischen Ton zu finden, den ein Vorhaben braucht. Ich wußte ja etwa genau, daß ich die Triestbriefe mit dem ganzen Feuer der abgebrochenen Leidenschaft in einem Zug durchschreiben müsse; dann kamen Geldaufträge und vor allem die zähen Abläufe des >>>> Kreuzfahrthörstücks dazwischen und unterbrachen den Prozeß. Erst in Italien werde ich ihn konsequent wiederaufnehmen können; eigens dafür fahre ich hin, nicht etwa, um Urlaub zu machen, freilich aber auch, um >>>> mit dem Freund beisammenzusein, je ab dem Abend.

Ein anderer, sehr eng gewordener Freund, aus Wien, hat sich für heute angemeldet. Ich werd ein Pane vallemaggia backen, habe einen Spargelfonds vorbereitet; das Fleisch muß noch geschnitten und eingelegt werden. Wir werden reden, wie sich die Tiger Wunden lecken. Da ist es gut, wenn ich schon heute mit dem Alkohol aufhör.

Zu lesen steht vor allem an: Vorbereitung für den am 1. Juli zu haltenden >>>> Vortrag über Heinrich Schirmnbeck. Außerdem ist die nächste kleine Erzählung zu schreiben, ebenfalls ein Auftrag, und fünf der Béart-.Gedichte, weil sie im Herbst erscheinen sollen, sind fertigzustellen.

Blöde, dieser Kopfschmerz. Er drückt auf die Augäpfel. Was mir sehr fremd vorkommt, weil der Schmerz ja innen ist. Offensichtlich verweist er aufs Außen.

*

2 thoughts on “Das Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 18. Juni 2015.

  1. Der Kopfschmerz …. … hat keine sonderliche Bedeutung. Er ist eine Folge schlechten Weines, konkret eines Weines, in dem zu viel Schwefel enthalten war. Der Schwefel macht den Kopfschmerz.

    Trinken Sie etwas BESSERES !

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