Am eigenen Zopf ohne Haupthaar. Das Weiterzuarbeitenversuchenjournal des Dienstags, dem 3. November 2015.


[Arbeitswohnung, 7.41 Uhr]

Es ist mir hier keine Lebstatt mehr. Ich fühle mich wohler in Frankfurt, in Amélia, in Neapel, wo auch immer ich schlichtweg von den Ereignissen, weil sie Nichtereignisse sind, mich fernhalten kann, so daß ich sie nicht mitbekomme. Die Arbeitswohnung war über zwanzig Jahre lang mein inneres Zentrum. Das ist vorbei. Kehre ich von einer guten Reise hierher zurück – jede Reise ist momentan gut -, braucht es keinen halben Tag, und das Unglück erfaßt mich erneut und zieht mich runter. Der Freund gestern nacht, über Skype, riet mir dringend, von dem schon vorbereiteten Youtube-Clip Abstand zu nehmen, weil man ihn in jedem Fall mißverstehen werde; das Thema sei viel zu heikel.
Ich löschte ihn.
Sprach schließlich >>>> das da auf.
Bin mit Frau v. Hüons Anthologie fast fertig. Muß mich heute aber auf die >>>> Moderation des Musiksymposions vorbereiten. Heute abend ist Empfangsempfang, da muß ich wieder den Selbstsichren Positiven spielen. Ehrenvoll genug, daß ich gebeten wurde, morgen nachmittag die Moderation zu übernehmen.

Es ist kein Durchkommen. Ich hatte gehofft, mit einem solchen Buch wie >>>> Traumschiff, dem sich besondere „Schwierigkeiten“ nun wirklich nicht mehr nachsagen lassen und das überdies – auf zumal zärtliche Weise – ein uns alle angehendes Thema behandelt, Gehör zu finden, da nun auch ein nicht nur engagierter Verlag hinter ihm steht, sondern einer, der allgemein bekannt und geliebt ist und über Möglichkeiten verfügt, die sehr kleine Verlage schlichtweg nicht haben; aber all dies ist offenbar egal; ich bin und bleibe der Unhold, den man nicht bespricht, jedenfalls nicht in Deutschland, den sich der Buchhändler, also die Buchhändlerin, schon gar nicht auf die Verkaufstische legt, man will die schließlich nicht beschmutzen. In wissender Verkennung der Realität habe ich gehofft, mit nun endlich diesem Buch vielleicht instandgesetzt zu werden, auch meinen Alltag finanzieren zu können.
Aber ich habe zu viel und zu oft reagiert, habe es gewagt, mich zu wehren. Sowas wird in Deuschland nicht goutiert. Man soll sich anpassen und fügen, soll die Macht anerkennen und sie vielleicht nicht grad anbeten, aber sich ihr auf jeden Fall beugen. Man soll leise sein, still, sich seinen Teil allenfalls denken. Von Kästner lernen, der die Faust in der Tasche ballte, damit es niemand sah.
Das Ideal, nach wie vor: aufgehen in der Menge. M i t dem Strom fließen, nicht gegen ihn kraulen. „Holn Se bloß nicht wieder die alten Geschichten vor! Das läßt sich nicht vergleichen!“ Es ist eine Crux, wenn man in Strukturen denkt und das zum Ausdruck bringt.
Lobbies.
Pfründerlwirtschaft.
Karl Kraus: „Wie klein Fritzchen sich vorstellt, daß Politik gemacht werde, so wird sie gemacht.“
Verbotene Themen.
Political Correctness. Gefoltert werden aber darf. Man soll nur nicht drüber sprechen. Und hat mit dem Rauchen aufzuhören, das dem gesunden Volksempfinden schadet, der Meinung der community.
>>>> Schamlosigkeien.
Das Schlimmste nämlich: Namen zu nennen.
Rein abstrakt sind wir a l l e auf der guten Seite. Wir wollen a l l e gut sein, „doch wissen Sie… die Umstände erlaubten es nicht. Ich hab doch diese Leasingraten… und meine Kinder will ich auch ernähren. Und dann noch unser Haus… allein die Zinsen, von den Abtragungsraten sprech ich noch gar nicht… Außerdem, der Mann ist gegen den Pop, das geht einfach nicht! Will er den Kommunismus wieder? Und – sexuell? Na hörnSe mal! Wir haben uns gegenüber den Frauen schuldig zu fühlen! Jedenfalls müssen wir uns so zeigen… und dann der mit seinem Machismo! „Gerne Mann sein…“: Das ist doch völlig unmöglich! Nein, wirklich, weg mit ihm. “

Und wenn ich mich irrte, lebenslang? Ich habe, schon jetzt mit sechzig, das wahrscheinlich umfangreichste poetische Werk der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur vorgelegt, wenn man Die Dschungel und auch die Hörstücke mitrechnet, und ganz sicher eines der vielgestaltigsten; darüber hinaus habe ich auch literartheoretisch ein ästhetisches Konzept der Neuen Moderne formuliert, die die Wandlung ins Auge nimmt, die der sogenannten Realität durch die Neuen Medien widerfahren ist und weiter widerfährt und habe das „wider“ mit ihr zu vermitteln versucht. In den Literaturwissenschaften wird das zuweilen auch gesehen, wurd‘s auch schon vor Jahren. Aber vielleicht irren sie sich ja. Vielleicht habe ich selbst mich geirrt, und all diese Massen poetischen Textes sind tatsächlich, wie‘s der Betrieb offenbar wissen und auf jeden Fall hinstellen will, nichts als egomane Aufblähungen, über die man besser ganz schweigt. Allein schon des guten Geschmackes halber.
Ich weiß es nicht mehr. Wenn der Betrieb recht hat, habe ich ein hohles Leben gelebt.
Ich war lange, sehr lange der, der ans Leben geglaubt hat und es immer immer wieder gefeiert hat. Der Leidenschaft wollte statt Kalkül. Der auf der Seite des Risikos stand, nicht der Sicherheiten. Der lieber dreimal gut irrte als einmal schlechtes Recht zu haben.
Ich bereue das nicht, nein, es ist nach wie vor meine Mentalität. Aber die Kraft fließt aus mir raus, seit knapp einem Jahr. Allerdings hatte sie auch vorher schon deutliche Risse. Es zehrt, jahrzehntelang gegen Mauern zu rennen. Und vielleicht ist meine Dichtung tatsächlich schlecht oder jedenfalls der Erwähnung nicht wert, schon gar nicht einer so herausgegehobenen, wie ich es erwartet habe. Und wie die meisten sie meinetwegen ablehnen, haben sich die wenigen, die sie schätzen, meinewegen getäuscht, ob aus Sympathie, ob aus Freundschaft und aus Liebe. Hie wie da ist allein meine Person im Blickfeld, sind es ihre Schwächen und die paar Stärken; das Werk hingegen spielt keine Rolle. Ob es nun gut ist oder mißlungen.
Sehr vieles nun spricht fürs „mißlungen“.
Selbstüberschätzung.
Narzisstischer Wahn.
Unangepaßtheit aus pathologischem Mangel an Einsichtsfähigkeit: die allerbanalste Querköpfigkeit.
Die Trümmer einer poetischen Fehlgeburt nach der anderen. Abortus: Eimerdeckel auf, reinschmeißen, Eimerdeckel zu.
Altpapier, mit organischen Resten derart verklebt, daß es sich nicht mal recyceln läßt.

Ich habe überlegt, ob ich die Moderation absage. Sie war mir wichtig; ich war sehr stolz darauf, gefragt worden zu sein. Nun werde ich sie nur deshalb nicht absagen, damit mir – und denen, die auf mich bauen – wenigstens eines noch bleibt: meine Zuverlässigkeit. Wäre kein Verlaß mehr auf wenigstens die, ginge ich endgültig unter.

ANH
3. November 2015


15 thoughts on “Am eigenen Zopf ohne Haupthaar. Das Weiterzuarbeitenversuchenjournal des Dienstags, dem 3. November 2015.

  1. Vielleicht ist ja nicht der Autor unwürdig, sondern die Leser – so wie ich, der seine Traumschiff-Rezension einfach nicht fertig kriegt, den Zweifel plagen, weil er soviel überlesen hat, nicht genau genug gehört zu haben glaubt…

    Dass Sie diese Zweifel haben und auch noch öffentlich eingestehen,.. zeugt doch von Stärke. Wer würde nicht lieber das alles in die hinterletzte Ecke seines ungeschriebenen Tagebuchs vergraben?

  2. ich habe mich sehr über dein kommen gefreut am freitag. und bei deiner düsteren stimmung, muss ich dennoch amüsiert schmunzeln über: am eigenen zopf ohne haupthaar. betrieben geht es nicht ums recht haben, zuvorderst, betrieben geht es um vermarktung, denke ich, das sagt das wort ja schon. die frage wäre, glaubt einer der vielen betriebe, er könne dich vermarkten? ich würde sagen, ja, immer mal wieder! dass das alles hinten und vorne nicht reicht, ist gelinde gesagt beschissen bis unaushaltbar, völlig d accord. aber ich würde vorschlagen, halte dich nicht damit auf, ob sie dich wollen und mögen, oder nicht, das kann dir egal sein. dass es einem nicht egal ist und schmerzt, mehr als verständlich, das auch. du selbst bestehst drauf, das leben als roman begreifen, man muss es vielleicht gar nicht trennen, man muss es auch nicht mögen, würdigen müsste man es in jedem fall und auch so, dass es dich erhält, ich drücke dir für die literatour nord die daumen. preise sind überfällig bei dir, sehe ich auch so. alleinstellungsmerkmal, eigentlich das, was betriebe interessiert, ist bei dir absolut vorhanden. im lcb wurde langanhaltend geklatscht, zu recht und nicht nur von freunden und gönnern. jede kleine kritik trifft umso härter, wenn kein boden unter den füßen ist und alles, was durchaus für ein wollen spricht, wiegt dann nicht sehr schwer, kann ich sehr gut verstehen. aber, man will dich, man verlegt dich, man lädt dich ein, aber bitte, fehlgeburten sind tatsächlich was anderes, denn bücher schreibt man außerhalb seiner selbst, die spielen sich nicht körperlich an dir ab, zumindest nicht so. wenn du nur einmal erlebt hättest, was hormone mit dir machen können, und wie ausgeliefert man sich da fühlt und ohnmächtig und wie alle geisteskraft die man dagegen aufbringen kann nicht reicht, das irgendwie zu lenken, kontrolle darüber zu bekommen, die man aber beim bücher schreiben meistens hat, dann würdest auch du den unterschied merken. poetische fehlgeburten gibt es schlichtweg nicht und echte wünsche ich keinem, denn sie lassen einen vollkommen ratlos und befremdet zurück. allerbanalste querköpfigkeit klingt in meinen ohren nicht so verkehrt, popablehnung klingt verkehrt, aber nicht so verkehrt, als dass man es dir nicht zugestehen könnte. alban, ganz ehrlich, ich weiß nicht, was man gegen dich hat, mal denke ich, es ist dies, mal das, selten denke ich, es ist so, wie du es denkst, dass allerdings was dran ist und leider nicht zu knapp, das sehe ich inzwischen auch, wieso, weshalb, warum, keine ahnung. was dagegen tun, aufs schöne fokussieren! raus gehen bei sonnenschein, leben, weiter zetern, hadern, schimpfen. das traumschiff läßt sich nach allen maßgaben des marktes verkaufen, das denke ich auch. die autorenbuchhandlung und die verlage stellen den neuen romanen schauspieler zur seite, die sie vorlesen, es scheint einfach immer schwieriger zu werden, ein publikum für bücher zu finden, das kommt erschwerend hinzu, offenbar. ich hab ein bisschen gezittert, hier was vom freitag zu lesen, dann war ich sogar ein bisschen enttäuscht, dass nichts kam, dann dachte ich, ok, du machst es aus rücksicht nicht und habe mich wieder drüber gefreut, das irre ist eben, dass bei allen ja ständig die inneren übersetzer mitlaufen, darum ist einfach gar nichts sagen manchmal die schlauere strategie, weil jeder der hier liest, was anderes liest, aber es wäre sehr schade, wenn man hier gar nichts mehr läse, sehr sehr schade. selbst deine feinde bauen drauf, bin ich mir sicher. denn recht eigentlich bist nicht du der narzisst, zumindest nicht allein, sondern sie sind es nicht minder, sollten sie tatsächlich deine kommentare hier gegen dich einnehmen, aber auch schon beim bachmannpreis etwa, das bist schon du, das war von anfang an da und das ist auch gut so und es verdient respekt, nicht wenig! korrigiere, verdient mehr als respekt.

    1. @diadorim. Nur eben, weil mir das wichtig ist. Ich sprach von poetischer Fehlgeburt, bin mir des Unterschiedes sehr sehr wohl bewußt. Aber Männer gebären so, anders können sie es nicht; es ist ihnen vom Geschlecht her anders versagt. Das rechtfertigt meinen Vergleich nicht, macht ihn aber vielleicht verständlich.
      Die Sprachlosigkeit, das nur noch Stummseinmüssen, von dem Du schreibst, empfand ich als eine poetische Fehlgeburt zum ersten Mal, als die Bamberger Elegien spurlos untergingen; nur Benjamin Stein schrieb im Netz, und klug, über sie. Vorher hatte ich es so hilflos verspürt anläßlich einer Abtreibung, die ich auf keinen Fall wollte, gegen die ich aber nichts tun konnte, so daß ich mit zu ihr hinging – wie ich zu allem gehe, was mit Kindern zu tun hat. Ich war hilflos, als das Kleine da, bevor ausgeschabt wurde, abgesaugt starb – genau darauf bezieht sich mein Bild mit dem Eimer. Es ist eine Erfahrung. Diese Abtreibung geht bis heute in mir um, ich habe sogar Gedichte drüber geschrieben, Trauergedichte.

      Wegen der Aufführung. Ja, ich schrieb bewußt nicht, einerseits, weil es dieses Veröffentlichungsverbot gab (“keine Videos, keine Fotos – sonst wird es unangenehm”), das ich als Konzept aber gut verstehe; zum anderen, weil ich meine Einwände nicht belegen könnte, immer nur behaupten. Zum Dritten wegen Monika Rinck, die mich einfach nur genervt hat. Das kann gut auch an mir selbst liegen, gesteh ich sofort zu. Zum Vierten (es mag ans Dritte geknüpft sein), weil ich überhaupt keinen Sinn für Kalauer habe. Auch das sagt nichts über Qualität; sogar der von mir bewunderte Thomas Pynchon kalauert gerne, ebenso Krausser zuweilen. Ich bin nicht humorlos, kann sogar ziemlich herumalbern – zum Kalauer wird das aber erst, wenn man es zum Bild macht, so, wie ein fotografierter “wahrer” Sonnenuntergang als Bild nahezu immer zu Kitsch wird; es ist sogar sehr schwierig, ihn zu literarisieren, weil es doch darum geht, die jeweilige Einzigartigkeit zu erfassen, auf die sich seine Wahrheit eigentlich gründet. Ich fühle, daß ein ähnliches Problem beim Kalauer vorliegt, also dem, was dann als Kalauer in die Welt tritt.
      Insgesamt ist die Infragestellung dessen, was real sei, mir aber sehr vertraut – vielleicht war sie sogar zu vertraut für mich, etwa das Experiment mit der künstlich verschobenen Wahrnehmung und ihrer Zurechtrückung durch das Gehirn. Ist ja eine naturwissenschaftlich schon uralte Erkenntnis, die man sich ganz einfach klarmachen kann: die erste Zurechtrückung finde schon ohne jedes Experimenat statt: “physikoptisch” betrachtet müßten wir alle nämlich so sehen, wie eine laterna magica das Bild wirft: seitenverkehrt und auf dem Kopf. Daß dies nicht der Fall ist, ist schon der Eigentätigkeit des Gehirns zu verdanken. Vorformuliert findet sich diese Erkenntnis längst bei Kant, nämlich “daß die Vernunft nur das einsieht, was sie selbst nach ihrem Entwurfe hervorbringt” (Kritik der reinen Vernunft, Vorrede), daß sich also “der Gegenstand (als Objekt der Sinne) nach der Beschaffenheit unseres Anschauungsvermögens” richtet (Zitat von ebda). Zu fragen wäre hier doch, wie diese Erkenntnis in die künstlerische Darstellung finde und zwar als künstlerische Darstellung. Die bloße Veralberung eines neuen Max-Planck-Institutes wirkt auf mich da nur fad.
      Eindruck hat Ann Cotten auf mich gemacht, der ich dort erstmals begegnet bin, jedenfalls ihrer Selbstinszenierung; ich könnte meinen Eindruck aber nur sinnlich begründen, wofür ich dann wieder Watschen einstecken müßte. So habe ich von dem Abend vor allem mitgenommen, daß ich mir ihre Bücher besorgen muß. (Die Deinen habe ich alle).

    2. auch die von rinck sich zu besorgen, schadet in keinem fall! was du tust, ist verständlich, aber die rks ist ein gemeinsames format, ich werde nichts kommentieren, was sie zu sprengen versucht, indem sie sie nach protagonistinnen sondiert, denn so ist sie nicht gedacht. dir gefiel ann in ihrer verkleidung, und ich lach mich total schlapp, weil ich zu monika sagte, wenn ich was hier läse, dann schriebest du mit sicherheit was zu ann, ich kenn dich schon gut, scheint mir :). was soll ich sagen, ich liebe monika, ich liebe ann, mit meiner position im betrieb und auch zwischen ihnen, die sie mir nicht zugewiesen haben, hadere ich immer mal wieder, klar, ich seh auch vieles nicht ein, ich wende auch meine wut mal gegen sie, rufe mich dann aber zurück und sage mir, nein, genau das nicht, ann hat meine texte genial übersetzt, ann und monika hadern auch immer mal wieder miteinander, aber für die rks sind wir eben zu dritt diese, ein viertes aus dreien, auch wenn wir sonst alle in unseren eigenen hundetrichtern stecken. max-planck-institute veralbern tut zuweilen not, denn was wir zuvor lasen, waren wirklich allerbanalste feststellungen aus eben diesem institut, monika im hundetrichter leuchtete mir da sehr ein, ich bewundere ihren mut, oftmals den rein physisch schon unangenehmsten part bei den rottenkinckschows einzunehmen, anderthalb stunden im hundetrichter, DAS ist mehr als mancher volksbühnenschauspieler bereit ist zu ertragen! ich werde aber dir niemanden ein noch ausreden, das geht ja eh nicht. ich hab bei allen dreien meiner bücher gedacht, es kommt noch was, es zog meist leicht an, gar nicht schlecht, dann verebbte es recht schnell wieder, es ist eine erfahrung, die sehr viele autor*innen machen und natürlich denke auch ich, aber bei mir müsste, sollte, könnte es doch anders laufen und was meinst du, wie ich es zum kotzen finde, wenn die rede vom büchnerpreisträger nun land auf land ab gehört wird, aber fokussiert wird auf kermani, der griechische gott win-win, jaja, dabei hebt goetz immer wieder aufs poetische ab, nein, soll auch nicht sein, das doch bitte nicht auch noch, das poetische, all die peinlichen poetischen nasen in ihren selbstausbeuterischen kleinstverlagen, das verspricht kein win-win, davon doch bitte die finger lassen. dabei hat kämmerlings mich mit album durchaus mal prominent in der faz gewürdigt, aber da lebte ja auch noch kling, als schutzheiliger, jetzt, wo man den auch getrost vergessen kann, warum sich noch mit seinen adepten quälen. lehmkuhl und von törne schrieben im freitag bei wiederauflage vom album, man sei gespannt auf das nächste, das nächste kam ein halbes jahr später, so gespannt waren sie dann wohl doch nicht, denn keiner von beiden sagte was dazu. heiße luft, es gibt genug andere, man kann nur mit peter hacks sagen, ach volk, du obermieses, auf dich ist kein verlass, heute willste dieses, morgen willste das. so gesehen kann ich deinen ärger vestehen, aber ich habs oft nicht anders erwartet, wenngleich mir auch immer anders gewünscht.

      und du bist ann cotten zum zweiten mal begenet, denn du warst schon im kaffee burger bei einer rks damals zusammen mit a! das war schon die selbe ann cotten, du hast sie vemutlich nur nicht erkannt! oder war das im burger damals keine rks? kann auch sein, ich erinnere das falsch.

    3. und, ich gestehe zu, dass auch männer bei abtreibungen sicher hilflos sein können, wütend und es als trauma erfahren, wenn sie das kind wollten. weiß ich keine lösung für, weil, tatsächlich, alles, was sich an meinem körper abspielt, wie soll ich das sagen, ich kann mir keine andere verfügungsgewalt denken, die darüber befinden darf, als schlussendlich ich selber. ich bin ja auch davon überzeugt, so lange frauen nachwuchs austragen müssen, wird man sie immer oppressiv manipulieren wollen, schon allein deshalb trachtet eine wissenschaft auch danach, dieses vermeintliche privileg ihnen zu entreißen, und kinder werden auch außerhalb des mutterleibs ausgetragen werden, das wird kommen, bin ich mir sehr sicher. gebären schadet dem eigenen organismus ja auch manchmal nicht schlecht, wird alles gern verschwiegen, sonst stellen die frauen das auch noch ein, was dann. ehrlich, wenn ich ein kind nicht austragen will, welche macht soll mich dazu zwingen, es zu tun? das ist noch viel unmenschlicher, scheint mir, auch wenn das für männer dann als totale ohnmacht begriffen werden kann, verstehe ich auch. aber der köper ist die grenze, scheint mir. ich bin mir allerdings auch sicher, dass viel weniger abgetrieben würde, wenn partner da wären, die sagten, komm, wir schaffen das, ich steh dir bei, das ist alles nicht so einfach, wohl wahr.

    4. @diadorim, sprengen habe ich wirklich mit meinen Bemerkungen nix wollen, schon gar nicht Eure Dreierkonstellation, sondern einfach nur kurz umrissen, was in mir umging. Was Ann Cotten angelangt, so hatte sie’s leicht, auf mich zu wirken, schlichtweg wegen des dialektalen Zungenschlags, auf den ich zur Zeit wie süchtig reagiere. Poetisch kann ich das gar nichts sagen; der Abend und Cotten waren weit entfernt von der ästhetischen Evidenz, die ich z.B. bei Schultens erlebt habe, so sehr, daß ich einfach nur sprachlos war, wenn nicht benommen. – Mit Rinck ist’s eine andre Geschichte, die ich nicht ausbreiten will, von der Du aber eh weißt. Frag einfach nochmal Phyllis, die war ja dabei und selbst betroffen.
      Egal, Ihr macht Euer Ding, und das ist völlig in Ordnung.
      Ich war übrigens zum ersten Mal auf einer rks, meines Wissens. Was im Burger damals war, weiß ich nicht mehr.

      Und selbstverständlich hat letztlich, bei einer Abtreibung, also Eingriff in ihren Körper, die Frau zu entscheiden. Auch für sie hat so etwas nicht selten traumatische Folgen. Ich würde nur sehr wahrscheinlich nicht mehr mitgehen (oder vielleicht doch: um in der Realität zu bleiben und um wirklich Abschied nehmen zu können, d.h.: mitverantwortlich zu sein; nur so ist Trauer möglich, also Verarbeitung). Zuletzt noch: Vergiß nicht, daß während des Eingriffs die Frau opiatisiert ist, der Zeuge aber so wenig wie der Arzt/die Ärztin.

    5. da würde ich als mann auch nicht mitgehen, ganz klar, nicht in den op-saal, wohl am bett sitzend, dass du das durftest, wundert mich, aber wieso nicht, man darf ja auch bei geburten dabei sein, stimmt eigentlich. kam mir nur nicht in den sinn bei ausschabungen, bei denen ich selbst sediert bin, auch noch den m im op-saal wissen zu wollen, da war ich auch eh narkotisiert, davon wollte ich nichts mitbekommen müssen, auch wenn in dem fall der embryo ja schon tot war und eh so winzig, dass man schon viel fantasie aufwenden hätte müssen, das war das einzig gute, ich habs gar nicht als neues leben begriffen, es war ja immer sofort schon wieder vorbei, bevor es richtig gestartet hat und ich hätte denken können, ein neues leben, schau an. was aber nur ein paar wochen schwanger sein mit dem organismus machen, erst alles hochfahren dafür, das ist ja irre, wie schnell der hcg wert hochschnellt und wie lange es dann braucht, bis der organismus das alles wieder zurückfährt. ich weiß nicht, ob ich je abgetrieben hätte, mit 20 vermutlich, aber ich hab auch alles unternommen, als ich nicht schwanger werden wollte, nicht schwanger zu werden. und bis heute weiß ich nicht, ob ich die verantwortung für ein anderes leben je hätte tragen können, vermutlich nicht, sonst hätte ich sicher sehr viel früher kinder gewollt. und mit rinck war es ein einmalige ereignis, jeder ist auch mal launisch, das hat ja nicht immer was mit der außenwelt zu tun, manchmal erträgt man in irgendeiner situation etwas nicht, bei monika wunder ich mich, nicht minder als bei dir, wie sie das alles durchhält, termin um termin, da kann man auch mal komisch druff kommen. aber ich war nicht dabei, und wenn, was hätte ich gesehen, wieder etwas ganz anderes sicherlich. auch aus meinem leben verschwinden leute, von denen ich das nicht annahm zb. ich versuche mir immer zu sagen, ok, dann ist es halt so, was weiß ich schon, warum und weshalb, hat alles vermutlich weniger mit mir, als mit den konstellationen bei den reagierenden oder nicht reagierenden zu tun. ich denk mir meinen teil, groll ne weile, mehr kann ich eh nicht tun. wenn man nicht so ist, wie die menschen einen gern hätten, lässt sich da wenig dran ändern, dann ist es besser, die wege trennen sich wieder, oder finden sich erst gar nicht. das ist für mich alles viel komplizierter zurück aus brasilien in berlin, als ich dachte, diese ganzen sozialen dinge, ich stehe da noch staunend davor. sind aber auch alle immerzu überlastet, das machts auch nicht einfacher, scheint mir und das innere konkurrenzgefuchtel los werden, auch keine leichte übung dabei, na ja.

    1. es ist wirklich schade dass du nicht weisst, was musikalische komposition bedeutet, du hattest doch die chance
      nicht ich.
      mein geier war doch frank ( zappa ) der was : dadaist ?
      der 12 ton freak ?
      mein a23h ?
      davon träumten die fellaz gelegentlich wie lok kreuzberg wo warst du ?
      imheissen herbst sowie letztlich am stutti in der freetitsarea ?
      trenne fiktion von reality und du gehst irgendiwe weiter, alban.

  3. Heute in der SZ, S.14, “Traumschiff”-Besprechung von Insa Wilke, stellenweise leicht kritisch, aber grundsätzlich emphatisch eingestellt.

    Siehe auch Perlentaucher.de, er präsentiert heute auf der Hauptseite (!) dort den Buchumschlag unter der Überschrift “Fremdsein in der Sprache” (die Zusammenfassung der Rezension klingt schlimmer als sie tatsächlich ist meiner Meinung nach). Hab Ihnen davon mal einen Screenshot gesichert. -> http://traumschiff.netlify.com/

    Es geht aufwärts!

    PS: Ist sogar schon online: http://www.sueddeutsche.de/kultur/deutsche-literatur-der-alte-kapitaen-tod-1.2720085

    1. @gewitterbogen zum Perlentaucher. Komme gerade >>>> von dort heim.
      Die Rezension kannte ich schon seit heute früh und werde morgens eine kleine Anmerkung dazu schreiben. Nur vorweg: Ich finde sie fair und klug, auch wenn ich einiges anders sehe als die Rezensentin. Ihre eigene Perspektive zu haben ist in jedem Fall ihr recht, und sie kritisiert bedacht.
      Was den Perlentaucher anbelangt, liegt die Sache anders. Seine “Zusammenfassung” ist allerdings typisch. Von dort nicht gemochte Autoren werden grundsätzlich so behandelt, daß auch gute Kritiken zu miesen werden. Etwa das Perlentaucher-Wort “Prosaballast” kommt in der Rezension überhaupt nicht vor, nicht einmal das Wort “Ballast”. Ohnedies “arbeitet” der Perlentaucher fast prinzipiell suggestiv färbend; jedenfalls geschah dies in meinem Fall schon mehrmals so. Deshalb wundert mich diese “Zusammenfassung” überhaupt nicht. Doch ist sie vor allem ein Schlag ins Gesicht der Rezensentin, der die Worte im Mund verdreht werden, viel weniger in meines, den man gerne treffen würde. Solche Kollateralschäden werden vom Perlentaucher seit je auf das zynischste hingenommen. Man lese also einfach selbst und schaue auch auf das seltsame Nachklappen des letzten Satzes der Rezension; dieser komisch unverbundene Stilbruch eines sonst höchst genau ausgefeilten Textes paßt zu dieser klugen Rezensentin nicht. Was mithin schließen wir nun daraus?

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