III, 333 – Des Heimats Mondzwiebeln

Die Hawaii-Inseln auf dem linken Unterarm fangen langsam an zu verblassen, Maui ließ sich nicht blicken. Die Hauptinsel selbst zögert mehr als die Nebeninseln. In ihrer Mitte stülpt sich eine rote Vulkanblase. Die abzukratzen ich mich nicht getraue.
Vorerst brauche ich also keinen Äskulap und Dermatogeographen.
Wie ich mich auch nicht getraue, auf den Begriff Heimat einzugehen, und ihn im Grunde auch nicht brauche. Zwar las und likte ich gestern einen Essay dazu im >>>> ‘Tagesspiegel’. Sinnigerweise natürlich mit einem Bild von Gartenzwergen. Gestern behauptete ich noch, darauf eingehen zu wollen, oder wie ich schrieb: “Kein dummer Essay, sieht mich selbst ko-involviert im ständigen Umschiffen dieses Begriffs, dem Herkunft anhaftet und auch so etwas wie Identität, selbst wenn ihre Hilfsanker längst woanders auf Grund gelaufen… darüber laut nachdenken zu gegebener Zeit…”
Rubbish! Nee, mach’ ich kein Politikum daraus. Verfänglich allemal. Auch die Katalanen haben eine Heimat und ihre Sprache, und in gerade der liegt Unabhängigkeit.
Sie, Heumahd, macht sich einfach nur ab und an bemerkbar.
Die beste Heimat-Alliance mag vielleicht vor fünf Jahren gewesen sein. Abschlußabend des Schützenfestes, Absingen von ‘Kein schöner Land in dieser Zeit’. Mein Cousin schaute mich verwundert an, weil ich die Stimme so recht schön und auch sehr teilnehmend klingen ließ. Gefiel-Gefühl. Als Kind schon diese Schützenfestabschiedsmelodie. Und in Dorfmitte tatsächlich Linden. Oder täusche ich mich? Eher waren da doch Roßkastanienbäume. Jedenfalls auf der anderen Straßenseite im Vergleich zu der anderen, die mir gerade in den Sinn kommt. Also dort, wo der Bäcker war, der, wie es hieß, damals in der SS war. Von der Familie hat sich jede Spur verloren. Ok, man kaufte ‘Amerikaner’ dort und ‘Kunsthonig mit Bienenhonig’ und meinetwegen auch ‘Lachsersatz’ und ‘Rübensirup’ (so eine Art gelber Becher).
Fast schon etwas, wie in der Kirche ‘Ein feste Burg’ mitsingen.
Komm’ ich jetzt doch in diesen Heimat-Diskurs?
Sicher, wenn einer den ganzen Tag brotarbeitshalber über Hölderlin reflektiert, wird ihm, der’s tat, auch nicht un-heimlicher, aber eben doch irgendwann der Müdigkeit ein Freund. Und nicht zu vergessen:
“The potatoes hiss.” (Sylvia Plath) Abgießen. Weiterschreiben. Auf die Uhr schau’n.
Schauinsland.
Der Wald aber stehet nach wie vor. Das sind auch die ausgedehnten grünen Flächen auf der topographischen Karte. Der Hainmahd.
Nein, der Hei(l)mat-Diskurs ist politisch immer fehl am Platz. Seine Valenz ist das Sofa, auf dem man sich niederläßt, um in die Glotze zu schauen und sich über die Welt zu wundern.
Ich bin gern, wo ich bin. Und wär’s auch dort.
Im Grund’, es hüdert ihn und ist ihm ein Gemauch, dem beizukommen es des Heimats bedarf. Der Heimat? Was ist das? Klar doch, wo “the moon’s celestial onion, / Hangs high.” (Sylvia Plath, Soliloquy of the Solipsist).
In diesem Sinne.

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