ANH, „Frühe Gedichte“ (1974 – 1981), 8. „Metallfluß”

 

 

Funkelnd zieht die Wasserschwärze
träg unter dem Nichtsblitzgewitter
durch beidseits die zwischen den vertränten Uferstraßen hin,

drin wie aufgerissne Narben graben
der Fingernägel, die nach Wurzeln gruben,
zweier Ampelzwitter gelbe Seelen leer

mehr Metalle aus und mehr,
Rohre und gelitzte schwere Kabel,
die schon längst gebrochen, als

sie, bitter Hals an Hals, umschlungen
auf den Essensbergen liegen,
diese unsre Sterbensmittelerze

3 thoughts on “ANH, „Frühe Gedichte“ (1974 – 1981), 8. „Metallfluß”

  1. Für mich ist in diesem Gedicht viel Gelungenes zu entdecken, auch wenn mich manches ratlos lässt. Wenn ich zum Beispiel nur die erste und letzte Zeile lese, ergibt mir schon das einen kleinen, nein, einen ausgewachsenen Kosmos. Für die Wasserschwärze, das Liegen auf Essensbergen und der Erfindung unsrer Sterbensmittelerze gebührt dem Text ebenfalls Lob. Einzig irritiert, sodass ich mehrmals mit dem Lesen neu ansetzen musste, hat mich das Bild dieses grässlichen lilafarbenen Leitz-Schnellhefters, genau die Sorte, die ich als Kind so sehr gehasst habe. Dazu noch authentisch angefressener Kunststoff an der Rückwandkante, die angeknitterte Deckfolie – alles dabei. Niemals hatte ich einen Locher zur Hand. Ständig musste ich mit diesen Bügeln durch die Seiten durchstechen. Das war und ist echter Trash für mich. Aber keiner von der guten Sorte. Das klingt jetzt womöglich einen Hauch passivaggressiver, als es in Wahrheit ist.)

    1. Zum Hefter: Ich bin da stets ganz pragmatisch und nehme, was mir so in die Hand fällt. Tatsächlich dürfte der Hefter noch aus meiner Abendgymnasiums-, wenn auch nicht Jugendschulzeit stammen; ich werfe dergleichen niemals weg. Normalerweise aber nehme ich am liebsten diese doppelt bestückbaren blauen Hefter, die hinten auch noch ein Fach für lose Dokumente haben, der Hans- Soldan-Stiftung für Rechtsanwälte. Nur ist meine Quelle (ich nahm immer ausgemusterte) schon lange versiegt, und bei Soldan darf ein Nichtjurist wie ich leider nicht bestellen. Soweit ich jedenfalls weiß.

      Zum Gedicht selbst: Es ist dies nur eine sehr schnelle Überarbeitung des so frühen Textes, also ein Entwurf. Für einen tatsächlichen Band aus diesen frühen Stücken ginge ich da, wie ja immer, noch ausgesprochen pedantisch heran. (Versmaß stimmt noch nicht usw.)
      Ich nehme mir diese Dinger nach und nach vor, wenn ich in etwas anderes, das eigentlich (wie jetzt die Triestbriefe) wichtiger wäre, momentan nicht reinkomme. Weil für mich die Proklamation nach wie vor gilt, ein Schriftsteller sei nur, wer am Tag mindestens an einem Satz formal arbeitet. (Nur einen hinzuschreiben, genügt nicht).

      1. … und ich werde, sah ich grad, noch zusätzliche Binnenreime einbauen, um das Gedicht wirklich gut, vor allem rhythmisch, zu schnüren – wie soeben, siehe oben, schon mal ausprobiert. Es ist noch nicht gut so, aber zu spüren, daß es funktioniert.

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