Elke Erb. Ach Elke Erb.

Wie sie nun alle gehen,
eine nach dem und der anderen.

 

           Ich bin sehr stolz, daß sie, die ich verehrte, mich gemocht hat. Ins Kondolenzbuch der ZEIT, von der ich’s soeben → online erfuhr (“Schriftstellerin”, aber, ist falsch; Dichterin muß es heißen), habe ich folgendes geschrieben:

 

 

          Dieser Tod geht mir nah, näher sogar als der vor kurzem → des Freundes. Obwohl wir uns nur sehr gelegentlich gesehen und miteinander gesprochen haben, stets in wechselseitiger Achtung. Bei ihr war immer etwas, doch zugeneigter Spott dabei, ich meinerseits verehrte. Ihr für mich wichtigstes Buch ist eine Übersetzung[1]WIS UND RAMIN, Roman einer verbotenen Liebe im alten Persien, Aus dem Georgischen von Nelly Amaschukeli und Natella Chuzischwili, Reclam Leipzig 1991, die sie, weil es eine deutsche Dichtung ist, 1991 herausgegeben, redaktionell durchgesehen (also auch sprachlich gehoben) und für die sie das Nachwort geschrieben hat, eines, das, für ihre Poetik höchst bezeichnend, folgendermaßen endet:

Schon bei der ersten Arbeit an der Redaktion sah ich, daß der ungewöhnliche Weg zu einer Übersetzung aus einer wenig bekannten Sprache, den wir gegangen sind, nicht nur möglich ist (d.h., daß das Übel der indirekten Übersetzung, nämlich aus einer bekannteren Sprache, in die das Original bereits übersetzt wurde, nicht in Kauf genommen werden muß) — sondern ich nahm auch wahr, daß sowohl die deutschsprachigen Versionen, die die Übersetzerinnen bei der Übertragung der georgischen Formulierungen wählten, als auch die wörtlichen Wiedergaben jener Stellen im Original, für die sie keine ganz befriedigenden Äquivalente fanden, mir einen überraschenden Reichtum von Anregungen für die endgültige deutsche Fassung boten. An die Stelle jener Nötigung, die Möglichkeiten der eigenen Sprache zu aktivieren, die man in verstärktem Grad bei der Übersetzung aus einer Sprache, die man gelernt hat, sonst nur von besonders schwierigen Texten oder Stellen erfährt, – an die Stelle dieser Nötigung traten (auch mir dem Segen der Kollektivarbeit!) die Anregungen und Vorschläge der Partnerinnen, die ich dann übernehmen konnte oder/und zu ermöglichen (harmonisieren) hatte. Insbesondere empfand ich dankbar, daß sich die Sorge um den Wortschatz auf diesem Weg einer mittelbaren Übersetzung linderte (es ist statistisch erwiesen, daß eine Übersetzung den Wortschatz des Originals oft verringert). Der Vorteil unsere Weges wird für mich nicht verdunkelt davon, daß der Text bis zur Druckfertigkeit viermal geschrieben werden mußte und die Arbeit sich über mehr als ein Jahrzehnt hinzog.

Berlin, im Januar 1989 | Elke Erb

 

***

           Ist es ein Zufall, daß ich soeben, anderswo, las, am Ende des Kanals habe die hellenische Landschaft ihre tellurische Härte verloren und sei mütterlicher, sanfter, sinnlicher geworden? Wie eine Frau im Schlaf auf einem Quilt aus Salzwasser.

 


Elke Erb, 18. Januar 1938 bis 22. Januar 2024




 

References

References
1 WIS UND RAMIN, Roman einer verbotenen Liebe im alten Persien, Aus dem Georgischen von Nelly Amaschukeli und Natella Chuzischwili, Reclam Leipzig 1991

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