Paul Reichenbachs Donnerstag, der 15. Februar 2007. Notizen.

>>>Gestern hatte Bruno Geburtstag. Beinahe hätte ich vergessen ihm zu gratulieren. Ab 50 sind ja Glückwünsche, die man Freunden sendet, eine Art von Selbstvergewisserung. Im älter werden anderer wird einem das eigene Alter bewusst. Ein Hauch von Todesnähe streifte unser Telefonat, als Bruno den Herausgeber von >>>„Die Republik“, Uwe Nettelbeck, erwähnte. Nettelbecks Tod muss an mir vorbei gelaufen sein, und ich spürte ihn nicht. Das macht die verfluchte Oberflächlichkeit zu der man verdammt ist, die Jagd nach den Brotkrümeln des Alltags. Ich habe Nettelbecks Impetus immer gemocht. Weiß der Geier, warum ich „Die Republik“ Ende der 80-Jahre aus dem Blick verlor. Die Häme, die der >>>„Knebelbart“ über ihn ausgießt sagt viel über den Neid des Subalternen gegenüber einem Freien Geist. Uwe Nettelbeck ist ein Beweis dafür, dass aus einem Haufen Geld, uno Stronzo, Besseres als Gold gesponnen werden kann. Er war einer von denen, die in keinen Stiebel passen, ein ganz Großer.

In der Nacht.
Klaustrophobische Schrecken, wie so oft im Winter. Ich wachte in Schweiß gebadet auf, ging in meine Arbeitskammer, griff ins Bücherregal und ließ mich von >>>Hubert Fichte, “Versuch über die Pubertät”, gefangen nehmen und musste an SIE denken, von der ich nun schon Wochen nichts mehr gehört habe.

Die Liebe als Gefahr erlebt, weil unerträgliche Abhängigkeit, Unfreiheit droht, potenziert die Lust für kurze Zeit ins Gewaltige. Die Balance des Ich, das – zwischen Auflösung und Erhaltung – seine scheinbare Mitte bewahren will, kann nur gerettet werden, wenn die Libido von der Besetzung des Objekts ablässt. Der Satz „ Ich liebe Dich“, in Meere taucht er mit den Worten „ Du wirst mich nicht mehr los“ auf, klingt wie ein Verhängnis, dem die Liebenden zu entfliehen suchen.
Autonomie ist ein kalte Persona, die Hitze nicht verträgt.
Ich will es heiß.

Bei de Sade gelesen:
… Noch einmal wiederhole ich es, der Vorteil, den wir von einer Sache haben, bewirkt noch nicht deren Verwirklichung….
…Die Natur bietet uns, wenn sie gut erforscht ist, alles was wir brauchen, um uns so glücklich zu machen, als unsere Organisation es zulässt.
(aus: Justine oder die Leiden der Tugend)

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