Deutschlandgedanke 09.

Wir werden erst frei sein können, wenn wir zu fühlen gelernt haben werden, was Hitlerdeutschland w a r, und wenn wir es, ohne Schuld zu fühlen, annehmen können; denn eine Schuld haben wir Nachgeborenen nicht. Solange wir s i e aber fühlen und nicht, was Deutschland eben a u c h war und ist, wird es keine „Verarbeitung der Vergangenheit“ geben, weil diese Schuld eine leere, inhaltsleere, eine ohne wirklichen persönlichen Bezug ist. Die Seele k a n n ihn nicht füllen. Erst wenn wir zu sagen und zu fühlen gelernt haben werden, daß auch d a s Deutschland war, aber nicht nur, ja bei w e i t e m nicht nur, erst wenn wir begriffen, wirklich umfassend begriffen haben werden, daß die zwölf KatastrophenTausenjahre zu unserer Geschichte gehören, wenn wir werden sagen können: Ja, das hat Deutschland getan, aber w i r tun es nicht und taten es nicht, es gehört aber zu unserer Geschichte wie der Dreißigjährige Krieg u n d wie Beethoven und Mozart und Kafka, und zu unserer Kultur – offener Stirnen, unschuldig, schuldig nur am Anspruch, der anzunehmen ist, erst dann, n u r dann, werden wir Deutsche sein können und Europäer werden können, ohne uns hinter den USA permanent zu verkriechen, stolz auf das, was Deutschland eben a u c h immer war, Dichter und Denker u n d Richter und Henker und Es geht ein Lindenduft… Ohne ein solches Selbstbewußtsein wird religiös Schuld weitergegeben, nach Art der Erbschuld, die schon selbst Vergehen, ja ein Verbrechen ist, nämlich an den Kindern, wie es an u n s verübt worden ist, ein Mißbrauch, der sich verdrängen muß und dann rächt als Wiederkehr an unerahnten Stellen, irrational gefährlich und leitbar durch Hegemonialinteressen in der Weltpolitik… – erst dann, n u r dann, wird Widerstand auch in Deutschland möglich sein. Nicht, indem vergessen wird, sondern indem ohne Schuld erinnert wird.

[Mir geht ein Gespräch mit Prunier nach. „Wieso S i e und Deutsch? Was hat Sie dazu gebracht, ausgerechnet..?“ Und er erzählt, daß sein Vater ein Deutschenhasser gewesen sei, mit gutem Grund: inhaftiert von den Nazis, dann aus dem Lager freigekommen und sein Leben lang voll Haß auf Deutschland, und wie Prunier sich schon als Junge davon abwendet und denkt: Das kann so nicht stimmen, und studiert als junger Mann die Gegen-Kultur und beginnt sie zu lieben. Das Problem meiner Generation und der nachfolgenden Generationen läßt sich auf den Punkt bringen: Wir haben verlernt, unsere Kultur zu lieben. Wir durften sie nicht lieben. Unsere Kultur wurde uns, das ist der Mißbrauch, zum Anlaß eines permanenten schlechten Gewissens gemacht. Wir selber wurden schlechtes Gewissen und flohen vor ihm in die andere Sprache. I love you. Damit hält Unfreiheit an, und Hitler hat gesiegt. Mit anderem, mit einem prägnanten Wort: Wir dürfen die Deutschlandliebe nicht den Rechten überlassen.]

27 thoughts on “Deutschlandgedanke 09.

  1. Die wichtigsten Sätze sind kleingeschrieben: Wir haben verlernt, unsere Kultur zu lieben. Wir durften sie nicht lieben. Unsere Kultur wurde uns, das ist der Mißbrauch, zum Anlaß eines permanenten schlechten Gewissens gemacht. Wir selber wurden schlechtes Gewissen und flohen vor ihm in die andere Sprache. I love you. Damit hält Unfreiheit an, und Hitler hat gesiegt.

    Wobei ich die Formulierung, Hitler habe gesiegt, für unglücklich halte, weil es suggeriert, dies sei sein Ziel (eines seiner Ziele) gewesen. Hitler ist omnipräsent. Jeder Jahrestag einer KZ-Befreiung ist Gegenstand einer bebilderten “tagesschau”-Meldung, wobei die Rituale dieser Veranstaltungen auch in ritualisierte Berichterstattung transformiert werden. Ich glaube, dass solange diese Form der religiös-sakralen Behandlung anhält, werden diese Akte mechanisierter (in Wirklichkeit seelenloser) Selbstgeißelung als handliche Surrogate für eine reale Erinnerungskultur genommen. Verbinden sie doch zwei Zwecke mindestens äusserlich scheinbar perfekt: Man “erinnert” sich – und man zeigt, dass man sich erinnert.

    Ich glaube allerdings, dass der Exorzismus weniger von Aussen okroyiert als von Innen antizipiert wurde (und immer noch wird). Dazu kommt, dass die Liebe zu einer Kultur eine Kenntnis, mindestens eine Ahnung dieser voraussetzt. Aber das wäre ein anderes Thema.

  2. 09.2: Noch ein Gedanke, ergänzend. Es ist wie im psychoanalytischen Prozeß. Wir müssen in die Regression, in eine Deutschlandsgeschichts-Regression: emotional zurück zu jenem historischen Zeitpunkt, an dem das Trauma begonnen hat, zu jenen historischen Zeitpunkten. Um dann, „vernünftig“, nachzureifen. Genau das ist das Projekt Syberbergs gewesen, das von der wirkenden deutsche Verdrängung weggesondert und stigamatisiert worden ist. Beide, die Linke u n d die Rechte, tragen daran schwere Schuld. Wobei es gerade in „der“ Linken Ausnahmeerscheinungen gab: Hannes Wader etwa.

    1. einzuwenden wäre dass eben die deutsche kultur – sagen wir mal alles vor 33 – eben nicht hitler verhinderte.
      ich selbst liebte die deutsche sprache von nieztsche über goethe büchner heine
      bis sogar brecht bis die häuser in hoyerwerda ( solingen, rostock ) brannten.
      komisch dass das von ihnen hier irgendwie keiner mitbekam die brennenden häuser, obwohl das sicherlich schon für sie alle erlebte zeitgeschichte war.
      vom relativ offenen rassismus bis so c.a. 2006 hier in berlin quer durch alle schichten mal abgesehen.
      die letzte schlagzeile dahingehend sprach von einer ausländerfeindlichkeit von c.a. 30 % und die zahl von 30% judenfeindlichkeit ( erklär mir das mal einer von euch anhand der tatsache, dass in deutschland vielleicht gerade mal etwas mehr als 100.00 menschen jüdischen glaubens leben ) ist so ich das sehe auch noch relevant.
      nennen sie mir bitte ein paar bücher aus der deutschen kulturgeschichte vor 33, die um interkulturalität in welchem sinn auch immer bemüht waren – ich bin kein belletristik leser.
      danke.

    2. wer überlässt denn die deutschlandliebe den rechten? und wie bitte versteht man denn dann einen liebesbeweis, indem man deutschland den deutschen brüllt und nun als nicht rechte irgendwie einen äquivalenten nationalstolz dagegen kreieren müsste? mit gedenken und kundgebungen und aufmarsch und pipapo? solch einer liebe kann ich mich tatsächlich nicht anschließen und wäre nur schwer dafür zu begeistern. nun ja, wie soll ich sagen, liebende sind da, wenn man sie braucht, sie bringen manchmal wein und ciabatta mit, setzen sich in einer lauen sommernacht mit einem an die spree und sagen vielleicht, hey, wir sind in berlin, kannst du das begreifen, wir zwei in berlin, hier und jetzt!

      mancher gi hat hier die liebe seines lebens gefunden und seine liebe für deutschland entdeckt und wir haben worte wie luftbrücke erdacht. man braucht die anderen, um seine liebe zum eigenen überhaupt erst zu finden.

      und heine, wie sehr hat es heine nach deutschland verlangt, keine schöneren zeilen über deutschland, aber auch keine so bitter und scharf.

    3. Man kann die Liebe seines Lebens überall treffen sogar in Deutschland, aber eben nur wenn man dort ist, wenn man dort nicht ist trifft man sie woanders, zum Beispiel in Amerika und vielleicht ist man dann ein Deutschmann und sehnt sich nicht mehr zurück.
      Der Einzige der hier wirklich etwas gutes geschrieben hat war Bullshit.
      Hier leben heißt sich erinnern und die Brände in Hoyerswerda, Solingen und auch Rostock snd noch nicht lange her. Da starben Menschen in Solingen (und Mölm fällt mir ein), in Hoyerswerda und in Rostock schaute der brave Deutsche zu wie Flüchltingsheime brannten. Das ist Erinnern, das ist nicht Lieben. Vielleicht kann man Häuser, Berge, vielleicht kann man Flüsse lieben, Menschen!, die zufällig hier geboren sind, auch die Sprache kann man lieben, aber man kann überhaupt Sprachen lieben und man kann und darf die Frauen lieben und da ist es egal, völlig egal ob die irgendwoherkommen oder ob von einem anderen Stern.

    4. @diadorim zum Nationalstolz. Es geht eben n i c h t um Nationalstolz, sondern um Kulturstolz und -liebe. Kulturell reichte Deutschland ja tatsächlich von der Maas bis an die Memel. Kafka war ein d e u t s c h e r Künstler, Mozart desgleichen, so sahen sie sich auch; es ist nur politisch unkorrekt geworden, die Wahrheit zu sagen. Das Unheil begann damit, aus einem Kulturraum einen nationalen zu erzwingen – ein ganz ähnliches Unheil, ich habe das oft schon angedeutet, zeichnet sich im arabischen Kulturraum ab.
      Nein, für Nationalstolz besteht weißGöttin kein Anlaß. Für Stolz – als innere Identifikation – mit der eigenen Kultur sehr wohl. Im übrigen herrscht auch in Frankreich ein enormer Ausländerhaß, in den USA Rassenhaß usw. (von Japan sprech ich jetzt gar nicht erst); die USA haben im übrigen eine Demarkationslinie, an der auf Ausländer auch geschossen wird, nämlich nach Süden; sie haben ja auch die Konzentrationslager wiederaufleben lassen: wir wissen von Guantánamo; wissen wir nur nicht von noch anderen? Jedenfalls scheinen “die Deutschen” das ganz akzeptabel zu finden, kein US-Botschafter, ich wiederhole es, wurde je ausgewiesen. Zugleich ist es ein Zeichen von deutschem Selbsthaß, gegen sich selbst die marodierenden Banden von Ausländerfeinden ins Feld zu führen, anstatt zu begreifen, daß, wenn überhaupt eine Kultur, die von Deutschland Mischkultur ist und seit jeher war. Ausländerhaß ist eben im übrigen n i c h t deutsch; die schrecklichste deutsche Kulturbarbarei bestand genau darin, eine der Säulen deutscher Kultur, das sog. Jüdische, aussondern zu wollen, sich also selbst teilzueliminieren. Aussagen wie die von Bremsland und bullshitter setzen das als unbewußte “Tradition” fort.

    5. “die schrecklichste deutsche Kulturbarbarei bestand genau darin, eine der Säulen deutscher Kultur, das sog. Jüdische, aussondern zu wollen, sich also selbst teilzueliminieren. Aussagen wie die von Bremsland und bullshitter setzen das als unbewußte “Tradition” fort. 2

      weil ich auf Anschläge auf Menschen hinweise setze ich was fort?

    6. @bullshitter. Es geht nicht um den Hinweis auf Unrecht und auch nicht um die Klage dieses Unrechtes wegen; Sie verstehen offenbar meinen Grundgedanken nicht. Selbstverständlich muß man hier nicht nur anklagen, sondern auch kämpfen. Und zwar a u c h, weil solches Unrecht gegen den Geist der eigenen Kultur ist. Ich habe seinerzeit über den sogenannten Rechtsradikalismus geschrieben; man muß diesen Banden es wegnehmen, daß sie aus “deutschen Gründen” handeln, man muß ihnen ü b e r h a u p t eine deutsche Kontinuität bestreiten, also d a ß es ihnen um Deutschland gehe. Den Ausländermördern geht es nämlich n i c h t um Kultur, die haben überhaupt keine Ahnung, wer Lessing war, der Federico Secondo war, wer Immanuel Kant war, wer Kafka, Gustav Mahler, ja selbst wer Wagner war, wissen sie eigentlich nicht. Das ist ja das Bizarre, daß diese Leute P o p hören, n i c h t deutsche Musik (die man weit fassen muß, selbstverständlich, siehe oben); allenfalls hören sie deutschen Rechts-Pop. Und gelesen haben sie schon mal gar nichts. Wer “Deutschland” sagt, ob leise, ob laut, muß zumindest Grimmelshausen gelesen haben, die beiden Manns, Kleist usw. usw., auch Böll, auch Weiss… Wer das nicht hat, hat von Deutschland keine Ahnung – und mit Deutschland meine ich: Kultur. Und kein “über alles” steht bei mir dabei, sondern ein “auch” und “zugleich”; denn es ist ausgesprochen hilfreich, auch Monteverdi zu kennen und Verdi, Elgar und Britten, Honegger (den Schweizer Komponisten, damit keine Irrtümer aufkommen – man muß das heutzutage ja schon dazusagen), Honegger und Schoeck, Rihm und Stockhausen, Berio, Glasunov, Szymanowski und und und.

    7. ‘oh, just another kind of outdoor game’ eastwoods gran torino, der mir zu platt war, weil zum schluss ja doch der geläuterte ausländerfeind als retter eines guten und gerechten amerika den märtyrer mimen musste, hat trotzdem sehr schöne szenen von beschimpfungsritualen aller gegen alle, die so grotesk sind, wie sie seien müssen, will man den totalen irrwitz daran herausstreichen.
      in erbarmungslos war er erbarmungsloser mit dem mythos seiner selbst und eines amerikas, unter ‘no roof but the sky’: ein abgehalfterter auftragskiller, der für geld tötet, sich von huren engagieren lässt und von hinten schiesst. ja, die mischkultur, die keine ist, die ghettos, die sie hinterlässt, das alles kennt die usa auch und befördert es, statt es zu verhindern, wiewohl sechs millionen juden, und einige andere mehr (pasolini fragt noch, ob eigentlich homosexuelle je anspruch auf ‘wiedergutmachung’ erfahren hätten?), das ist schon unfassbar viel versammelte grausamkeit, will man das leid jetzt mal allein auf den relativ kleinen raum und die relativ kurze zeit ausgedehnt betrachten, die ein hitlerdeutschland verursacht hat.
      mir geht es eher so, ich kann das gar nicht als mich persönlich betreffend betrachten, und ich bin einfach nur froh, nicht teil davon gewesen zu sein, ich empfinde keine schuld, ich habe nichts verbrochen, mein vater zählte zu den sogenannten weißen jahrgängen, allein mein onkel, der sich freiwillig meldete, war bordfunker eines stuka, der, wie es hieß, von den eigenen leuten abgeschossen worden sei, weil sie die bomben über dem atlantik abwarfen, was man sich vielleicht gerne erzählt, wenn ein neunzehnjähriger, den ich nie kennenlernte, im krieg geblieben ist, wie man so sagt. onkel clemens, ein schöner deutscher name, erinnert an brentano, aber ein anderer onkel heisst auch adolf. mein vater hieß karl, eine waffe hat er nie angerührt, und ging jedem streit aus dem weg. verzog sich bei aufkommenden disharmonien auf seinen taubenschlag und ich hab ihn öfter weinen sehen.

      bei der tilmanns ausstellung im hamburger bahnhof gab es ein sehr gutes foto über die grenze zu mexiko, diese schleuse aus drehtürhindernissen und hindernislauf. als ich nach san diego fuhr zur mla-tagung wunderten mich die grossen gelben schilder auf dem freeway, ein piktogramm einer familie auf der flucht mit koffern. achtung, flüchtlinge, bitte nicht tot fahren, nein, das nicht, aber grenzen öffnen, wie soll das gehen, wenn ressourcen weltweit ungerecht verteilt sind, dann braucht man eben grenzen, das ist das ganze geheimnis des apfelbaums in nachbars garten, der den zaun flickt.

      in brasilien sagt man: wir? wir kommen alle vom schiff.

      http://en.wikipedia.org/wiki/Mending_Wall

    8. wozu überhaupt ein “Wir” auf das man sich beziehen soll, und gar lieben soll, das verstehe ich – wirklich – nicht. Noch nie. Warum wir Deutschen? und Unsere Kultur? Warum nicht Einzelne und von mir aus auch Gemeinschaft der Einzelnen, falls Nähe gewünscht wird. Die Unterwerfung unter ein Wir empfinde ich als Sklaverei. Deutsche Kultur als Summe der (verbreiteten, vermittelten) Hervorbringungen, Erzeugnissen von Einzelnen, total unterschiedlchen Einzelnen die zufällig die gleiche Sprache sprechen und manchmal nicht mal das.

  3. dazu passend: ich komm gerade von meinem arzt. am ende der sitzung schaut er mich an und fragt: “und?, wem haben wir den 1. mai als feiertag zu verdanken?”. “der weimarer republik, 1919”, antwortete ich. “nee, nee…. die nationalsozialisten haben daraus einen gesetzlichen feiertag gemacht, wir feiern am 1. mai den letzten nationalsozialistischen feiertag.” “sie vielleicht, ich nicht”, anwortete ich, und verließ das sprechzimmer. soviel zur verarbeitung deutscher geschichte eines akademikers, der zeichens seines jungen alters jahre nach kriegsende geboren wurde.

    1. mir wurde letztens vor der glotze regelrecht schlecht. ich zappte zufällig über ostern zur besten sendezeit in phönix rein – geschichtsformat, 3. reich.
      eigentlich kenne ich auf diesem sender fast nur wirklich gutgemachte und zwar
      harte und abschreckende beiträge über die deutsche ns-vergangenheit – und wie sie alle wissen, wird auf dem sender ja permanent wiederholt.
      nun was sehe ich da plötzlich über ostern ?
      geradezu putzige, idyllische und wohlgefällige bildsequenzen aus dieser zeit mit netten musiken irgendwie untermalt und angehmer stimme aus dem off versehen.
      nun fallen solche bilder in eine ziemlich manifeste wirtschaftskrise, in einen hohen anteil von wie auch immer motiviertem rassismus – egal wie schwach dieser erstmal einstzustufen wäre – und in eine von jahr zu jahr stärker werdende geistige abhängig machung der masse hinsichtlich eliten, sprich in ein recht hochexplosiv angelegtes soziales gemisch hinein.
      nun schlafende hunde weckt man bekanntlicherweise nicht und so verdränge ich
      für meinen teil solche für mich widrigen episoden aber irgendwie wurde mir klar,
      auf was für einem labilen grund man sich eigentlich bewegt.
      kann man ernsthaft der meinung sein, man könne irgendwelchen rechten das deutschlandthema abnehmen und es in einem positiven sinn der gesellschaft
      im allgemeinen zuführen ?
      meiner meinung nach nicht – der deutsche neigt meiner meinung nach zur hybris
      wie auch zur selbstzerstörung und das könnte durchaus aus der tradition deutscher kultur ablesbar sein – könnte, insofern nationalismus kein internationales phänomen wäre.
      ich persönlich ziehe es vor, mich am GG ( grundgesetz ) zu erfreuen, insofern es
      realiter eingelöst ist und ansonsten reflektiert mir hier in deutschland die kultur
      eher allzu narzisstisch auf sich selbst.

    2. Aber was ich auch noch sagen möchte, dass es wahrlich niemanden weh tut, ich meine so ein stolz, außer denen, die es nicht sind, die es nicht verstehen und auch nicht verstehen wollen, warum um Gottes Namen stolz? Stolz ist ein dummes Wort, man sollte es aufs Butterbrot schmieren und aufessen

    3. und übrigens ist das natürlich ein sonderbarer Trick, alle die nicht stolz sind, verstehen entweder davon nichts oder sind rassistisch, das ist sonderbar, denn die meisten Rassisten sind ja stolz, sie sind stolz aus Holz zu sein, sie sind stolz darauf die Unterhosen in der falschen Richtung anzuziehen, sie sind stolz darauf eine Nacht mit Jennifer Aiston verbracht zu haben und manche sind stolz auf ihre Hautfarbe, auf ihre Pickel, auf ihre Gehirnwindungen, auf ihr Fähnchen, auf ihre Schuhe, auf die Art wie sie “nein” oder “ja” sagen

    4. herbst wo will denn jemand eine saubere trennung von kulturstolz und nationalstolz
      stolzest hernehmen können ?
      an anderer stelle verstehen sie es nicht wenn sich jemand mit einer nationalmannschaft identifizieren kann ( geht mir übrigens genauso ) – herbst :
      ich frag sie nochmal, wo bitte ist die deutsche kultur momentan integrativ ?
      wo ist die deutsche kultur momentan homogen – wo zerfällt sie nicht in elite und armut ( egal ob wirtschaftlicher oder geistiger natur ).
      sie verweisen darauf, dass in den usa oder anderen ländern auch rassistische
      stimmunganteile innerhalb der jeweiligen bevölkerungen auszumachen wären –
      ja ist das ein argument und vor allem gegen was ?

    5. herbst bei ihnen frag ich mich eigentlich permanent, was einen schriftsteller dazu antreibt, sich ständig auf deinen dermassen glitschigen und schlüpfrigen boden zu begeben.
      da höre ich sätze von h. kohl heraus, von beckstein womöglich noch oder westerwelle und so weiter ( also ehedem so völlig verquast daherkommenden
      leitkulturfritzen )
      hatte jahre gedauert bis man sich auf das grundgesetz einigte als relativ neutrales konsensfeld und letzteres zurecht.
      nun sie selbst versuchen ja andauernd mit dem begriff pop etwas zu fassen, was
      doch irgendwie nie zu fassen ist.
      also der ausdruck pop steht doch für populär und das leitet sich von volks… ab.
      es werden eigentlich über über popgenres keine politisch kritischen inhalte transportiert es sei denn encodiert – also subliminal oder in welcher form auch immer umschrieben.
      nun frag ich sie : wo in der hochkultur wird letztlich nicht ähnlich verfahren ?
      könnten sie sagen – eine hochkultur liefert ein zu mündigkeit führen könnendes
      vokabular, sprich potential für wehrhafte begegnungsformen gegenüber ausbeutung.
      aber – und das ist das problem – hat ja der durchschnittsmensch ja so gut wie keine möglichkeit eine öffentlichkeit mitzubestimmen und ist doch politisch
      ans kreuzchenmachen auf einem wahlzettelchen alle paar jahre ausgeliefert.
      wenn sich überhaupt etwas ändern könnte in diesem land, wäre es organisatorisch gesehen ( also systemisch ) und dazu gehört bildung – aber halt nicht nur aufs germanistische seminar fixiert.

  4. mich hat folgendes mal zu einem minidrama über gottfried benn inspiriert:

    http://www.youtube.com/watch?v=mZiRiIpZVF4

    (am besten gefällt mir donalds hitlerhüttchen, klar, tiere in architektur, speers germania und waldhausmentalität, ‘bauen, denken, wohnen’, die nazis und die architektur, bedenkenswert für jede art von groteske, was hätte mies van der rohe getan…)

    ja, sich kaputtlachen, das groteske müsste eigentlich konjunktur haben, scheint mir oft.

    goebbels und hitler waren grosse disney fans. schneewittchen, oh ja. und disney selbst wusste und bediente das…

    1. also es ist doch klar dass man irgendwie eine weltsprache braucht oder nicht – über welche die unterschiedlichsten kulturen miteinander in der lage wären zu kommunizieren.
      nun hier in deutschland wurde das englische z.b. im zuge der computerisierung wirklich interessant – anfänglich waren halt viele der fachbücher hinsichtlich derer nun in englisch verfügbar ( das änderte sich – was solls )
      aber wenn sie sich die oberfächen der programme anschauen, so waren diese und sind es wohl noch das offene einfallstor der englischen sprache in welche kultur auch immer.
      klar gibt es noch englischsprachige pop musik – die aber von wirklich vielen gehört oder gar verstanden wird – und nicht nur von deutschen, auch von arabs, türken usw.
      lesen sie mal adorno englisch – fast alles was an fremdwörtern da verarbeitet ist,
      ist im englischen sowas wie fachbezogene sprache.
      woher kommt das englische überhaupt – aus england nicht ?
      befreien sie die sprache von ihren historischen kontexten ( v.a. kolonialismus )
      und so ist das doch einfach nur noch eine sprache, die relativ iele menschen in dieser welt sprechen können und nix irgendwie besatzerzeug.
      eher schon als enteigner – schaffte ichs endlich mal, diese sprache wirklich gut
      sprechen zu können.

  5. stolz Stolz
    Der französische Dichter Michel Seuphor schrieb einmal : « Ce n’est pas l’Allemand qui est nazi, mais l’homme » (Nicht der Deutsche ist Nazi, sondern der Mensch).
    Ich bin immer wieder gefragt worden: „Wie sind Sie auf diese komische Idee gekommen, Deutsch zu lernen?“ Und etwas später: „Deutsch zu lehren?“, und noch später: „Deutsch zu übersetzen?“, was in unserem Europa noch schlimmer klang !
    Wenn es von eitlen (und 1940 gedemütigten) Franzosen kam, konnte ich es verstehen, aber von Deutschen selbst… da fühlte ich mich stets unwohl und musste mich „rechtfertigen“… denn die Frage die mir gestellt wurde, verstand ich so: diese Sprache ist doch unbedeutend, es ist ein moderner Latein(!), die einzige Sprache, die sich lohnt, ist doch das Englische, wie dumm sind Sie eine solche Evidenz nicht einsehen zu wollen !
    Was ich aber ebenfalls hörte, klingt aber noch tragischer, denn wie ANH es so vortrefflich registriert hat, geht es um Kultur. Die NS-Zeit bildete eine Art schwarze Leinwand und der Deutsche konnte nicht im Rückspiegel schauen, ohne auf diese schreckliche Vergangenheit zu stossen. Kultur war mit der NS-Zeit verbunden; Kultur und Vergangenheit konnten schwer getrennt werden, so absurd es auch klingen mag.
    Ebenso wie Frankreich, war und ist Deutschland ein Land der Kultur, nur verlangt man vielleicht zuviel von der Kultur, die wohl ein Firnis, eine Oberfläche ist; der Mensch bleibt was er im Grunde ist: ein Barbar, ein Ausländerhasser wie wir es heutzutage in Frankreich erleben, sobald die sozialen Verhältnisse sich verschlimmern.
    Interessant ist bei uns der Deutschlandhass und ich als Deutschlernender und später als Deutschlehrer in Nordfrankreich habe es seit Kindesjahren erlebt; es war aber sehr zweideutig, denn die Leute die Deutsch lernten, wurden auch zum Teil bewundert – eine soooo schwere Sprache ! – was nicht half, diese Erscheinung zu verstehen.
    Um das Jahr 2000 habe ich ein Buch über den deutschen Widerstand übersetzt („Der lautlose Aufstand“ von Günter Weisenborn, 1953 erschienen!), und diese Arbeit wurde von französischen Widerstandskämpfern finanziert. Ich hielt verschiedene Reden über das Thema aber die Reaktionen waren manchmal heftig, weil man nicht immer bei uns annehmen konnte, dass es in Deutschland Widerstandskämpfer waren. Die Deutschen waren pauschal alle schuld ! Wenn man erkennen musste, dass 800 000 Deutsche Widerstandskämpfer waren, so war das Bild eines schuldigen Deutschlands unmöglich. Welch eine Entdeckung!
    Ich verstand aber zu der Zeit nicht, dass diese Übersetzung keine so grosse Aufnahme in Deutschland hatte (Weisenborns Buch war zu der Zeit in deutscher Sprache vergriffen !).
    Auf diese Kämpfer, die fast alle einen erbitterten Tod kannten, waren die Deutschen nicht stolz; und sie wollten nicht auf sie stolz sein, denn sie störten. Die Werte, die diese mutigen Deutschen verteidigt hatten, waren doch diejenigen, die man brauchte, um ein künftiges Europa zu gründen… das war und ist meine feste Überzeugung geblieben.
    Denn ein Widerstandskämpfer gegen die Nazis in Frankreich konnte man verstehen, aber ein Widerstandskämpfer in Deutschland sollte die Niederlage von Deutschland wollen, und das war der Kern der Gewissensprobleme solcher mutigen Menschen.
    Ich erwähne in diesem Rahmen die Erscheinung der Widerstandskämpfer, weil es hier um Stolz geht, stolz ein(e) Deutsch(e)r zu sein, was ja noch keine Evidenz zu sein scheint. Warum sollten sich die Deutschen der Nachkriegsgeneration schämen?

    1. “Summa summarum
      Plötzlich kam mir der Gedanke, dass alle in der Nazizeit spielenden Filme zusammengenommen womöglich länger dauerten als die 12 Jahre, die Hitlers Regime an der Macht war.

      Rein summarisch fiele die Bilanz dieser Filme wohl ziemlich hoffnungsfroh aus: Helden, Retter und Widerständler aller Orten.

      Als sei es ein systemimmanenter Zwang, falsche Vorstellungen zu produzieren.

      Das Kino will vom Überleben erzählen, zu jedem Preis.”

      gefunden bei:

      http://parallelfilm.blogspot.com/

      ich musste sehr lachen, und habe mich unmittelbar danach gefragt, ob das stimmen kann, also, wo sind hier die rechner, wie viele filme müssten das sein, wenn ein film etwas anderthalb stunden dauert. in einem möglich sich anschließenden alptraum spielte dann vermutlich in allen tom cruise mit.

    2. also herbst vor dem 3. reich wurde in deutschland doch schon amerikanische musik gehört
      ( swing ).
      sie können also nicht behaupten, da wäre irgendetwas nach dem wwII oktroiert worden.
      nach dem 2. weltkrieg wurde der swing wieder aufgenommen und später erst in den 50th kam vor allem mit elvis der rock’n roll auf die jukeboxen.
      was war der rock’n roll und wieso wurde dieser adaptiert ?
      der rock’n roll war eine “rebellion” gegen eine prüde gesellschaft, er war ausdruck eines sexuellen befreiungskampfes gegen sich überholende moralvorstellungen.
      der rock’n roll wurde von der beatgeneration erweitert, die mit ihren protesten dann noch weiterging – vor allem gegen den vietnamkrieg.
      ansonsten war das die zeit der drogenexperimente in den 60th und 70th und überhaupt der experimente.
      wurde irgend jemand in den usa oder in germany oder sonstwo dazu gezwungen sich jeweils diese musik anzuhören ?
      war das tatsächlich eine aus einer reinen antihaltung gegenüber einem establishment geborene musik ?
      wohl kaum – da diese musik nämlich den hintergrund für einen freizügigeren sexuellen umgang lieferte und zudem ohne drogen vielleicht gar nicht zustandegekommen wäre.
      wenn sie mit einem begriff wie corpsgeist hinsichtlich dessem auffahren, so ist das für mich eine glatte frechheit – sie vergessen dabei die enorme musikalische vielfalt die im laufe der jahre entstand.
      dass allerdings macht immer kultur missbrauchen kann, stellen sie gar nicht zur diskussion.
      das wäre für mich aber ein wenn nicht der zentrale punkt einer erörterung.
      schönen abend trotzalldem.

    3. @Keuschnig & @bullshitter. Ich glaube allerdings, dass der Exorzismus weniger von Aussen okroyiert als von Innen antizipiert wurde (und immer noch wird).Völlig d’accord. Ich glaube auch nicht, daß es sich um einen von den USA geplanten Kultur-Imperialismus handelt, wohl aber um einen ökonomischen Imperialismus, der so viel Ware wie nur möglich absetzen will und dem die innere Bereitschaft nicht nur der Deutschen (da fällt es nur so auf, weil dieses “Volk” irgendwie noch n i e recht Kontakt zu seiner Kultur hatte; Bloch hat darüber viel nachgesonnen), sondern überhaupt der Welt ausgesprochen entgegenkommt. Bei den Deutschen ist das mit Schlechtgewissigkeit auch solcher verbunden, die für ein schlechtes Gewissen politisch gar keinen Grund haben – denn weder ich noch i r g e n d jemand, der nach 1940 geboren wurde, kann auch nur indirekten Anteil an dem Unheil verursachend gehabt haben. Das ist Fakt. Wer es bestreitet, setzt ideologisch Schuld-Religion und w i l l sie setzen, aus welchen Gründen auch immer.

      dass allerdings macht immer kultur missbrauchen kann, stellen sie gar nicht zur diskussion.Falsch. Genau das ist in Der Dschungel immer w i e d er zur Diskussion gestellt worden, nämlich den Anspruch umzusetzen, eine Kunst zu schaffen, die sich nicht mißbrauchen l ä ß t. Keiner hat das so deutlich formuliert wie Adorno und es verlangt. Gegen dieses Verdikt gibt es kein Argument. Die künstlerische Frage lautet: wie schaffe ich das, ohne entweder schließlich zu verstummen (der Weg Anton Weberns, eigentlich auch Becketts), noch, ohne die Menschen um ihre Sehnsüchte und Räusche zu betrügen. Seit ich poetisch ernsthaft arbeite, d.h. Literatur zu meinem Beruf gemacht habe, ist dies meine Kernfrage gewesen und es geblieben.

      (Ich finde es bezeichnend, daß hier immer noch Kommentare stehen, in denen gänzlich ungebrochen von “Amerika” geschrieben wird, obwohl nur die USA gemeint sind. Wie oft soll ich n o c h darauf hinweisen? Interessant, daß man im Sprachverhalten gegenüber etwa Frauen oder gegenüber anderen Ethnien Empfindlichkeit entwickelt hat, hier aber wider besseres Wissen auf “Amerika”=USA beharrt. Das gehört ganz genau in den in Rede stehenden Konnex.)

    4. adorno meinte wohl mal : dass jeder satz für sich zu stehen hätte – ein massloser anspruch an jedweden der schreibt aber / und er vergriff sich selbst ja streckenweise gehörig : ” das ekstatische zucken der leiber in der maschine ” so in etwa hinsichtlich des jazz.
      also eine lückenlos redliche stringenz innerhalb einer argumentation erwarte ich sogesehen eigentlich von keinem – halt ein gutes auge drauf.
      einen kulturimperialismus der usa vorgeworfen teile ich doch durchaus, alleine schon weil die usa absolut kein vorbildliches regime ist – da steht ja deutschland aussenpolitisch gesehen wie auch innenpolitisch gesehen schon erheblich besser da.
      ( allerdings kann man den leuten nicht vorschreiben auf was sie abzufahren hätten und ich halte einen madonna-pop für irgendwie “weltläufiger” als ein volksmusikstadel gespringe – obwohl ich beides sicherlich nicht höre und gegen beides eigentlich nichts hab )
      trotzdem – ich hake nach – ist man mit der ns-vergangenheit in deutschland noch längst nicht durch – wie auch in frankreich nicht mit der kollaboration, in der türkei nicht mit armeniern, im irak nicht mit kurden, in belgien nicht mit dem kongo, in den staaten mit gar noch nichts ( sklaverei / indianer / kuba / lateinamerika / usw.usf ), israel mit den palästinensern, russland mit diversen
      aussenpolitischen und innenpolitischen sauereien, naja wüsste irgendwie gar nicht wo da ein ende wäre.
      ich denke, wir in deutschland dürfen ein kritisches verhältnis zu nationalem haben, das zeichnet uns doch regelrecht aus, also da sähe ich keinen masochismus sondern eine fähigkeit, eine distanzfähigkeit, welche uns doch wirtschaftlich gesehen bislang kaum lähmte, oder ?
      warum also das trara ?
      um druck auszuüben auf die teile der bevölkerung mit migrationshintergrund
      sich den staatlichen eingliederungsprogrammen zu fügen, das ist es doch.
      man hat einfach angst davor, dass zuviele leute auf einem vielleicht geringen bildungsniveau eines tages schwierig würden.
      man übersieht allerdings, dass man mit stigmatisierungen nicht nur antihaltungen von leuten mit migrationshintergrund evoziert, sondern eben auch
      eine “ausländerfeindliche” stimmung bei etwa 30% der bevölkerung unterhält,
      die unter schwierigeren wirtschaftlichen verhältnissen womöglich etwas anderes
      zut als ein wenig herumzupflaumen.
      letztlich aber scheiden sich doch die geister bei den löhnen – für alle.
      und dafür soll auch noch ein allgemeiner kultureller überbau zur identifikationsstiftung herhalten.
      hm, wenn das mal gutgeht.

  6. ich war versucht eine ungleichung aufzustellen: vaterland versus muttersprache. d.h. sie versucht mich nicht, sie verführt mich geradezu. ich kann nachvollziehen, was alban meint. es geht mir kaum anders. wobei ich jetzt nicht genau sagen kann, was der unterschied zwischen „kaum anders“ und „genauso“ ist. zu spüren ist dabei jedoch eine generationsfrage. ich hatte gestern schon einen solchen gedanken: daß die generation, die aus der generation hervorgegangen ist, die direkt vom zweiten weltkrieg betroffen wurde, nicht umhin kann, mit dieser zeit des dritten reiches – wie auch immer – eine beziehung zu haben. in jeder familie ist bei dieser generation eine miteinbeziehung. ich spreche aus einer großen distanz. mittlerweile. ich lebe in einem land, in dem es auch das wort „madrepatria“ gibt, wo sowohl mutter als vater sich in einem heimatbegriff vereinigen. auch wenn institutionell das wort „patria“ patriarchalisch den vorrang hat. die entstehung des neuen großdeutschlands habe ich hier erlebt. ich kenne nur die alte BRD. ihre enge. die neue weite sagt mir nichts. was ich begreife an dem, was alban schreibt, ist der wunsch, sich in dieses ungeheure hineinzuversetzen, das so geheuer war wie das tägliche leben, das ich gelebt habe in der BRD. es hängt direkt mit der RAF zusammen. das ungeheure wurde dadurch relegiert an die DDR. also die fähigkeit zur denunziation. um den preis der eigenen haut. zur rettung des wir-gefühls. da ist allerdings auch alban mit einem „wir“. dem ich mich nicht anschließen kann. mein land ist der abend. da sind alle menschen grau. oder auch nicht. aber eben doch menschen. was aber nichts mit dem begriff von kultur zu tun hat. vielleicht mit diesem erlebnis im letzten sommer: ein israeli wird mir vorgestellt, er redet sofort deutsch mit mir wegen meines unübersetzlichen wirklichen vornamens. sein vater habe ihn das deutsche gelehrt, die die sprache der mutter gewesen, die im kz umgekommen. kultur ist also heimat ist also muttersprache und margarete hat blondes haar und sulamit zu asche und die filme die man zu sehen bekam in der schule mit den gerippen, die aus den öfen herauskamen, das prägt. da ist aber keine erinnerung für unsereinen. weil unsereiner nicht dabei war. aber es ist eine große scham, vor einem israeli zu stehen, eine synagoge zu betreten. obwohl das eigentlich langweilig ist. kafka selbst langweilte sich. man sollte den begriff der scham wieder einführen. ich jedenfalls schäme mich, wenn ich mir die deutschen zwangsweise als solche vaterländisch vorstellen muß! nein, genötigt werde.

    1. ich denke wir bewegung uns hier in deutschland auf einer oberfläche hauchdünnster kosmetischer persuasionstechniken.
      wenn ab 2006 etwas entspannter wurde zwischen den leuten verschiedener herkunft dann lag das für meine begriffe an der WM – am fussball !
      das war das fundament der entspannung – ein etwas arg bescheidenes fundament, finde ich.
      naja – da es funktionierte, warum nicht – muss man ja nicht gleich verschreien.
      was mich letztlich etwas arg stuztig machte, waren die von allen seiten harsch zerrissenen kommentare von schwan und sommer zu dem gären von unzufriedenheit im unteren drittel der gesellschaft.
      in der aktuellen politischen debatte wird armut gerade(zu) aktivst ausgeblendet, weil da sicherlich ein kritisches potential besteht.
      nun man kann ja verdrängen wie man will und man kann auch seitens der medien
      schon sehr gut überpinseln.
      ich frage mich allerdings ob das auf immer und ewig so sein muss.
      ich selbst war ja immer ein anhänger einer fröhlichen revolution – imgrunde einer
      bildungsorientierten reformistischen ohne hektitk und knallerei.
      ich mag unruhe und chaos nicht, sprich ich mag geistiges durcheinander nicht.
      ich weiss allerdings nicht, inwieweit eine auf klassiker ausgerichtete bildung hier
      ein wirkliches verständnis der verschiedenen kulturellen prägungen unterstützt aber auch reich und arm versöhnen kann.
      ich weiss erst recht nicht, was ich einem moslem, der hier geboren ist und aufwuchs, eigentlich erzählen soll, was er von der deutschen kultur zu adaptieren hätte ausserhalb der regelungen, die das grundgesetz vorschreibt.
      was denn noch ?
      dass er lieber mozart zu hören hätte als rap ?
      dass er lieber currywurst essen sollte als döner ?
      dass er anständig deutsch lernt – so wie man es den meisten unterschichtsdeutschen aber gleichermassen empfehlen würde ?
      ich bewege mich durchaus gelegentlich in sogenannten unteren milieus und ich darf sagen – ich treffe da leute, die bestimmt keine zombies sind und die mich sicherlich nicht vor ihre grossen fernseher schnallen wo vielleicht gerade türkisches tv läuft.
      und wo wäre auch der unterschied zu deutscher volksmusik ?
      seh ich keinen – dort ist der beat ein wenig präsenter, da die harmonik ein wenig
      präsenter, ja und ?

  7. H bild um bild
    ein entzug von wirksamkeit
    sterbende zeugen
    verblassende zeugnisse
    geflutet die dokumente der zeit
    kulturelle selbstbefriedigung
    statt eines strebens
    nach einheit von wort und wirklichkeit

    volksseeligkeit darf sich breit machen
    bewusstein oder schuld
    von den balkonen des lebens schubsend
    wo sind die friedenskämpfer
    wo sind wir vor dem bild geworden
    die autonomie der kunst
    ein weiteres opfer des “Mir-san-Mir-Gefühls”
    ja schlafen wir denn schon wieder

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