Rausch & Erkenntnis. Aus den Skizzen (1).

Benutzbarkeit ist sowieso eine höchst ambivalente Kategorie und kann auch dann noch unterlaufen werden, wo Komponisten und Autoren sich dem Unrecht eigens angedient haben, etwa Richard Strauss; des höchst reaktionären Pfitzners grandioser Palestrina ist ein anderes Beispiel wie in der Lyrik das Werk Ezra Pounds, und eben auch Wagners, um dessen Dramen sich seit Generationen die Regisseure bemühen. Oft geht ein Riß durch Qualität und Gesinnung. Nicht, ihn zu verschmieren, sondern offen klaffen zu lassen und uns den Ambivalenzen, schmerzhaft erwachsen, auszusetzen, daran eben schärft sich Erkenntnis. Das exakt ist die Arbeit des Deutens. Eigentlich in ihr steckt eine bleibende Kraft des Musiktheaters, die ihresgleichen sonst nicht kennt: ein reaktionäres Bühnenstück wäre schlichtweg verloren und zu recht. Nicht so, wo Musik die andre Sprache und einen Einspruch, oft gegen ihren Komponisten, spricht: – Kunst ist nicht einfach, sondern vielfach, wie Elemente, gebunden.


8 thoughts on “Rausch & Erkenntnis. Aus den Skizzen (1).

  1. Nicht nur in der Musik Das stimmt natürlich für die Musik ganz besonders, aber nicht nur. Und dafür ist nicht zuletzt Pounds Lyrik ein sehr gutes Beispiel.

    Außerdem finde ich, dass man die Differenz nicht nur zwischen “Qualität und Gesinnung” aufmachen kann bzw. auch immer wieder muss. Sie besteht bei einem Werk von Qualität eben auch hinsichtlich der Gesinnung allein. Will sagen, auch die Gesinnung vermag sehr vielschichtig zu sein, muss sie sogar. Nur mit einer minder komplexen Gesinnung ist halt eben auch keine Qualität zu erreichen. Und dann erübrigt sich das sowieso.

    1. Die reaktionäre Gesinnung des Royalisten Balzac muss für Sie ja in einem kaum fassbaren Widerspruch zu dessen Werk stehen, in dem die Dynamik und das unaufhaltbare Emporkommen des 3. Standes dargestellt wird.
      Gesinnung ? Werk? Das können Antipoden sein. Der Sachverhalt ist etwas Komplexer. Lesen Sie Celine!

    2. Trotzdem wird ein Komparativ kleingeschrieben, sofern er nicht am Satzanfang steht. Aber es ist nett, daß Sie mir eine Lektüre empfehlen, die >>>> zu einem meiner Hörstücke geführt hat. Hätten Sie etwas recherchiert, hätten Sie’s gewußt.
      (Worauf ich verlinke, ist nur das Typoskript; bei Interesse an dem tatsächlichen, also dem klingenden Hörstück bitte über >>>> das fiktionäre Kontaktformular melden.)

    3. Komperative Zusammenhänge! Trotzdem danke für den Hinweis auf I h r Hörstück.
      Das, was ich jetzt ungehörig schnell gelesen, war ein Schürfen im Grund. Also… ich werde es lesen.

    1. @phg
      Wer in einiger Entfernung vor Bergen steht, w ä h n t deren Farbe nicht blau, sondern nimmt dieses Blau wahr.

      Das wusst sogar schon die Farbenlehre Goethens.

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