Wie das Unbewußte funktioniert.

Mir träumte heute nacht die Trennung Marlenes von Osso. Es war ein leichtfüßiger, melancholischer, in seiner sommerlichen Stimmung beinahe französischer Film, den ich sah. Immer wieder fielen Blüten durchs Bild, wehte wie lockerer Stoff ein ganzer Schwad aus Löwenzahnsamen vorbei. Es roch nach frischen Äpfeln. Der mir verhaßte Osso, glatzköpfig wie ich und mit freiem Oberkörper, die halbe Brust bis hinter die rechte Schulter in schweren, schwarzblau-flächigen Mustern tätowiert, wurde, da er nicht unbekannt ist, vor der Kamera interviewt. „Eine Zeit lang bin ich ihr Zuhause gewesen“, sagt er und lächelt.

Daß er mir plötzlich sympathisch ist. Daß mein nahezu phylogenetischer Ekel vor ihm weg ist. Daß ich mich wie unvermittelt mit ihm identifiziere. Als ich das, im Traum, begreife, erwache ich. Es ist halb neun, und die Sonne strahlt auf der beigegelben Fassade des Hauses gegenüber. Ich setze mich, noch ohne den morgendlichen caffè macchiato, an den Schreibtisch, notiere den Traum. Geh in die Küche, erhitze das Wasser in der Pavoni, bereite den Milchkaffee, geh mit dem Becher zurück an den Schreibtisch, lese den Traum noch einmal durch. Habe geschrieben: Mir träumte heute nacht die Trennung Marlenes von Do, – von einer Frau also, – der Frau, mit der ich vorher so viele Jahre zusammenwar und der zwei meiner wichtigsten Bücher gewidmet sind.

[Wie das Unbewußte funktioniert, so formen sich, gegen die Absicht des Autors oder wenigstens ohne sein Wissen, die tiefsten Geschehnisse der Romane. Man versteht, wenn überhaupt, erst hinterher, was sie bedeuten.]





herbst & deters fiktionäre

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