Die Dialektik des Tabus.

(Den Patriarchen ins Album geschrieben:)

Tabus, indem sie etwas nicht nur zu tun, sondern sogar zu denken verbieten, glauben an den Geist. Sie meinen, wenn etwas gedacht werde, dann sei es auch fast schon geschehen. Insofern sind sie magisch und aufklärerisch zu gleich. Zumal locken sie eben jene erst an, die alleine fähig wären, ein solches Tabu zu brechen: Solche nämlich, deren Stolz nicht zuläßt, etwas nicht durchdenken zu dürfen; also denken sie es nun erst recht. Die ihnen gegenüber aufgerichtete Autorität muß sich dann beweisen. Was ihr, da ja nicht gedacht werden darf, nicht gelingen kann. Also f ä l l t das Tabu. Es trägt seinen eigenen Untergang in sich. Nicht, weil etwa reizvoll ware zu tun, w a s es verbietet, sondern allein aus dem Umstand, daß seine proklamierte Grundlosigkeit derart provoziert. Und weil, je schärfer das Tabu, um so höher die Lust an seiner Übertretung ist, nämlich auch dies nicht des eigentlichen Inhaltes halber, sondern wegen seiner den freien Stolz verletzenden Macht.

(CXXXV).

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