DTs. Montag. Arbeitsdisziplin. (7. März 2005).

[Schottisches Folkslied, repetierendes Gejaule mit Dudelsack, Mandoline und Schlagwerk. Dänen-Internetradio.]

5.47 Uhr:

Erst um 5.33 Uhr auf, nachdem ich von 4.30 Uhr (Weckerklingeln) bis exakt 5.30 Uhr ausgesprochen durchkomoponierte Arbeitspläne träumte, zu ML, zu DLZI, zu anderen mehr: ganze Lebensabrisse von Romanfiguren,Beschreibungen von Orten usw. Als ich erwachte, hatte ich den Impuls, diese Pläne sofort in einem DTs zu veröffentlichen, und ich brauchte eine Minute, um mir klarzumachen, daß es somnische Schimären sind. Aber das brachte mir sofort das Thema eines weiteren Fragments der Kleinen Theorie.






Tagesplanung.




6.05 Uhr:

Brief an die Mutter des Jungen schreiben unter anderem einiger Terminfragen wegen.
DIE DSCHUNGEL: Weblog-Theorie.

7.05 Uhr:

Den Kleinen Wecken, Frühstück, Packen, den Jungen in die Kita bringen. Wechsel der Wohnung.

8.30 Uhr:
(Arbeitswohnung)

Internetverbot.

ARGO.

Internetverbot

11 Uhr:

Analyse.

12.30 Uhr:

Mittagsschlaf.

13.30 Uhr:

Dritter Scantext: korrigieren.
MF.
DIE DSCHUNGEL.

18 Uhr:

Nach Hamburg zu I.? (Aber ich hab kein Geld, weiß nicht, wie die Fahrt bezahlen.)
ARGO ff.
MF ff.

abends:

Je nachdem. Wenn nicht I. dann

22 Uhr:

Lützowbar. Mit dem Freund.





8.53 Uhr:

ALLES UMGESTÜRZT; man kann den Eindruck gewinnen, die Katastrophen häufen sich nun auch im Kleinen: gleich b e i d e Räder des Fahrrades platt. Also muß statt der Arbeit geflickt werden, sonst schaff ich zeitlich heute weder die Kita noch die Anylyse. Egentlich brauche ich neue Mäntel auf den Rädern, aber es ist kein Geld da. Ebenso wenig wie für die Reinigung: Seit Monaten kann ich Kleidung nicht abholen, weil ich nicht weiß, wie ich die Rechnung bezahlen soll.
Weitere Hiobs-Schriften dann in der Arbeitswohnung im Postkasten, aber all das ja erwartet:

Beide Mieten wurden storniert;
die Telefonrechnungen wurden storniert;
die Kredit-Ratenwurden storniert;
T-mobile wurde storniert;
der Krankenkassen-Beitrag wurde storniert;
die Steuer-Rate wurde storniert;
die Gas-Überweisung wurde storniert;
die Strom-Überweisung wurde storniert.

Wenn nicht ein Wunder geschieht, bin ich in spätestens zwei bis drei Monaten obdachlos. Keine Ahnung, wie ich das meinem Kind erklären soll.

Ich würde gern zu I. nach Hamburg fahren, aber ich habe kein Fahrgeld. Wie ich morgen meine Elisabeth für ihre sorgsame Haushaltshilfe bezahlen soll (einen Monat b i n ich bereits schuldig), weiß ich auch nicht.

Wie soll ich unter solchen Umständen arbeiten?

Angst.

12.44 Uhr:
Alles nun völlig anders. Ana will helfen wegen vermittels eines Künstlerhilfefonds, an den ich mich wenden soll. Was meinem Stolz den Magen umdreht. “Von deinem Stolz wird dein Sohn nicht satt.” Ja. Und mein Analytiker, weil ich den Verlängerungsantrag verschlampt (?) hab, bietet mir an, vorübergehend, wenn es s e h r drücke, Stunden sozusagen auf Pump zu nehmen, da ich ja nichts zahlen kann. Es schält sich heraus, daß das Almosen nun für mich zu einem schmerzhaften Thema wird. “Sie haben aber”, sagt der Analytiker, als ich wiederum aus Stolzgründen abwehre, “die Werte der kapitalistischen Tauschgesellschaft ziemlich verinnerlicht.”

Und wieder dieses schleichende, leicht hinterfotzige Gefühl, daß Die Dschungel ein Vermächtnis seien.

12.44 Uhr:

Alles nun völlig unschön anders. A n a will helfen verrmittels eines Kunstlerhilfefonds, an den ich mich wenden soll. Was meinem Stolz den Magen umdreht. “Von deinem Stolz wird dein Sohn nicht satt.” Ja. Und mein Analytiker, weil ich den Verlängerungsantrag verschlampt (?) hab, bietet mir an, vorübergehend, wenn es s e h r drücke, Stunden sozusagen auf Pump zu nehmen, da ich ja nichts zahlen kann. Es schält sich heraus, daß das Almosen nun für mich zu einem schmerzhaften Thema wird. “Sie haben aber”, sagt der Analytiker, als ich wiederum aus Stolzgründen abwehre, “die Werte der kapitalistischen Tauschgesellschaft ziemlich verinnerlicht.”

Und wieder dieses schleichende, leicht hinterfotzige Gefühl, daß Die Dschungel ein Vermächtnis seien.

17.28 Uhr:
[Hasse, Solemano.]

Nichts außer Den Dschungeln. Lähmung. Weggedrückte Angst. “Gespräche” mit Netzfreundinnen Geliebten. Werde n i c h t zu I. fahren können: Kein Geld aufgetrieben. Und morgen will ich meiner Elisabeth dann wenigstens mit offenem Gesicht sagen können, daß ich w i e d e r nicht zahlen kann… oder nur 50 Euro. Führe ich weg, wäre das wie eine Flucht.

Kein schönes Telefonat mit dem Freund vorhin, dem ich auf die Frage “Wie geht es dir?” nun wirklich nichts zu antworten wußte; ja völlig ungerechterweise wurde ich ärgerlich. Dann noch eine SMS-Auseinandersetzung mit der Mama meines Jungen, was einem zu allem das Herz zuschnürt. Ich starre auf den Bildschirm, versuche zu formulieren… aber was zu tun wäre, weiß ich nicht.

21.40 Uhr:

Scheißtag. Den Freund vergrault. Ana vergrault. Lamasohn schließt den messenger, weil sie mich in diesem Zustand nicht sehen mag. I. meldet sich g a r nicht mehr. Und überhaupt nichts gearbeitet. Die Depression wird immer heftiger, aber noch halt ich es aus, ohne zum Lexotanil zu greifen. Irgendwie.

0.38 Uhr:

“Du wirst schlafen und du wirst leben.”
“Nein. Aber ich will eine Waffe.Ich will erschossen werden und mich nicht selbst erschießen, Ich will keine Passivität.”

1.01 Uhr:

Trennung von meinem Sohn. Ich weine. Ich weiß nicht mehr weiter. Es geht nur: Zu gehen. (Aber ich weiß nicht, wie. Rein instrumentell.) Verloren. Mehr läßt sich nicht sagen.