8. März 2005. (Dienstag).

6.42 Uhr:

Es wäre Selbsthohn, von einem “DTs” zu schreiben.
Den Wecker überschlafen. Aufgewacht in meinen Tagesklamotten in unbezogenem Bettzeug, einfach die Decke über mich geworfen. Einen leichten Kater von zuvielem Wein. Wein und Weinen. Der Mensch als seine Romanfigur. Insoweit ist das völlig stimmig. Wenn nicht diese Trauer wäre.

Ich geh jetzt an den dritten Scan-Text. Damit nicht auch d a s noch zerfällt. Hofmannsthals Pilze, die der Bildschirm zerkaut. “Du bist menschlich solch ein Arschloch”, hat >>>> Ana mir zuletzt geschrieben.

7.43 Uhr:
[Vier Gründe gegen den “Frei”tod.]

1) Die eigene Mutter lebt noch. Die muß erst weg.
2) Das Romanwerk ist noch nicht vollendet.
3) Es gibt einen Sohn.
4) Der Delinquent weiß nicht, wie.

Nachhallend und nachhallend: Du bist menschlich solch ein Arschloch.

10.13 Uhr:

Eigners großartiger Text über Nabokov.

Nymphchen, das sind Mädchen aus Fleisch und Blut zwischen neun und vierzehn, “die gewissen behexten, zwei- oder vielmal älteren Wanderern ihre wahre Natur enthüllen”; und insofern sind sie wieder “nicht menschlich, sondern (eben) nymphisch (das heißt dämonisch)”. Und also mit Sicherheit weit von dem entfernt, was der Volksmund – und das Wörterbuch in der Korsettierung des Kosenamens Lolita – unter einer Kindfrau versteht. Was aber die sogenannten Nympholepten oder auch an einer lebenslangen Pederosis Leidenden anbelangt, so unterlegen die den Zeitbegriffen gern Ortsbegriffe. So daß das Mädchenalter “neun bis vierzehn” die Grenzen einer “verzauberten Insel” markiert – “spiegelnder Strand und rötliche Felsen” -, “auf der diese (seine) Nymphchen ihr Wesen treiben, umgeben von einem weiten dunstigen Meer”. Weltabwendung? Diesseitsflucht? Vielleicht. Eher aber wohl das Abtreten in Felsspalte, in die nicht uriniert, sondern geweint wird. (Und das bei hellstem Verstand und nicht umwölkt von Sehertum, Mitleid, Selbsthaß und Lues.)

Und – endlich – eine lächelnde >>>> Kätzin.

[Ana. Anubis.]: Schlechte, fachlich grundlose Assoziation.

Nachtrag:

Jetzt schicken mir schon junge Autorinnen Geld. Wie weit einer sinken kann. Und daß er das nicht ablehnen kann. Weil anders das Leben nicht zu bezahlen ist. Dankbarkeit & Scham.

Und die Email eines ebenfalls noch jungen Dichters:

las eben in Deinem Logbuch. Will Zeichen geben: auch hier einer, der Dich braucht. Dein Schädel hat zu leben gelehrt. Als Zuruf, aus meinen Notizen
Sehr schönes Gespräch dann am Abend mit Eigner bei einem Essen, wohin ich ihm seine durchgesehene Texte brachte. Als ich heimkomme, sofort die nächste Katastrophe: Trennung von I., ich gerate völlig außer mich, fühle mich und bin betrogen, seelisch betrogen, nicht sexuell: denn bis zu einem, was ich zuvor immer abgelehnt hatte, >>>> Sklavenvertrag hatte sie mich gebracht. Allein durch ihre Lust daran, die mich begeisterte, berauschte. Ich habe mir wirklich Arbeit damit gemacht und ihn, lustvoll, auf I.’s so körperliche Seele geschrieben. Die tanzende, manchmal stampfende Sexualität, die Übertretung des Erlaubten. Und noch, bevor ich zu Eigner radelte, schrieb sie in dem Messenger: „Ich würde dich so gerne lieben, Albano.“ Danach eiskalt: „Ich hoffe, du hattest einen schönen Abend.“ Eifersucht und Kränkung. Nichts anderes bleibt.
(Der Hintergrund ist klar: Wie beinahe alle Frauen, so hält auch sie die Dynamik des verbotenen Buches nicht aus und nicht das, was zu dem Verbot geführt hat und was um das Verbot weiter herumwirkt: nicht diese Liebe, die in mir ist, nicht den Vergleich. Anstelle zu kämpfen, gibt I. von allem Anfang an auf. Was dann zu solchem Betrug führt. Bruce Willis aber hat ja schon >>>> r e c h t.)