Argo. Anderswelt. (65).

Selbstverständlich schaute Willis mehr als verdutzt aus der Wäsche, als ihn der schlimm verkaterte Broglier am nächsten Morgen fragte und dabei die Diskette aus dem Etui nahm: „Sag mal, Kalle…“, druckste rum, setzte neu an: „Wie lange muß man trauern?“ Unmittelbar: „Bisde nich mehr unjerecht bist.“ Das verstand nun Broglier nicht. „Schau mal“, sagte Willis, „wennde dir nach Dolly sehnst, dann is da doch keen P l a t z für ne andre. Dann is da doch Dolly immer noch da. Das mußte ner Neuen doch verschwiegen. Und s a a c h s t e s ihr, dann k n a l l s t e ihr sozusajen eine für was, womit die jar nix zu tun hat. Dat mein ich mit unjerecht.“ Und er fing an, von seiner Trennung zu erzählen, von s e i n e r Frau, „eines Tages isse wech, mit irjend sonem Laffen vonner Bank. Ick hab jetobt, hab dem Arschloch eins auf die Fresse jejeben, Strafanzeije, klar, zwee Monate wejen einfache Körperverletzung, nix Bewährung… war dat Beste, wat mich passiern konnte, ick hätt die Knalltüte sonst beim nächsten Mal abjemurkst. Als ick rauskam, war die Wut wech, war da nur noch sone Sehnsucht. Sone verdammte scheißige Sehnsucht, weeßte. Dat hat nie aufjehört. Nie.“ Beide schwiegen, Broglier spielte auf dem Tisch mit der Diskette herum. „Fünf Jahre her, so ziemlich, un es hat“, wiederholte er, „bis heute nich aufjehört. Nu hat se drei Krümel von dat Arschloch, nu is sowieso allet anners.“ „Und keine neue Frau seitdem?“ Willis lachte laut auf. „E e n e? Ick hab jevöjelt wie’n antiker Halbjott inne erste Zeit! Een, vielleicht zwee Jahre lang jedes Loch jestoßen, dat ick mir uffreißen konnte. Aber weeßte… irjendwann… Dat war mir eenfach zu ville, wenn die anfingen zu heulen, die heulten immer irjendwann… die wollten wat, verstehste? die hatten recht, wat zu wollen! Dat mußte erst mal kapiern, dat die recht hatten! Und dat de denen wat v e r p a ß t für wo se r e c h t ham! Dat mein ich mit unjerecht. Solange de eene andre liebst, darfste nix mit eener anfangen, die a u c h jeliebt werden will. Und se wollen alle jeliebt werden.“ „Du hast dann wirklich keine mehr angefaßt?“ Abermals lachte Willis auf. „Ick bin keen Asket, nee. Aber d a f ü r, weeßte, jibt’s ja Puffs. Dat is ne klare Sache, und billijer isses sowieso, als wenne ’n janzen Rummel mit Ausjehn, Essenjehn, Kino, Blumen, wat weiß ich noch allet, machst, nur um irjengwann zu kapiern, daß de eingtlich nur deene Ulla liebst un daß de vonner annern immer nur wiederham willst, wasse dir wirchlich nich jeben kann. Unnich jeben w i l l , kapierste? Weil se damit eem so kacke Recht hat. Is ja’n M e n s c h unnich ne Kopie.“

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