DTs. Montag. (14. März 2005).

5.54 Uhr

Sexuell völlig erhitzt aufgewacht um halb fünf, mich dann noch eine dreiviertel Stunde sozusagen her- und hingeschlagen, schließlich, um in der Metapher zu bleiben, kapituliert. Vielleicht wird mein Zustand auch durch die ständige Beschäftigung mit MF genährt, deren Prosa so sehr leidet, mitleidet, dermaßen viel an Unglück trägt und ihm Sprache findet, der aber eines fehlt: erotischer Wille. Der ist völlig im Formwillen aufgelöst. Deshalb werden in Fritz’ Büchern Kinder auch immer gezeugt wie Schicksale, wie Schicksalss ch l ä g e, nie hingegen aus Lust; die Körper haben Wärme zueinander, mifühlende Wärme, Umarmungen sind Tröstungen, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Meine Hochachtung vor Fritz’ poetischer Leistung stößt sich im Wortsinn an meiner eigenen, ebenfalls poetischen Lebens-Haltung, die nicht einsehen will, nichts als Beobachter und Beschreiber zu sein: Meine Poetik will auch praktisch – real – gestalten. Kinder zeugen halt.

Ich müßte dringend aufsaugen hier; es knirscht unter den Sohlen, wenn ich über die Dielen der Arbeitswohnung gehe. Klar, Aschestaub vom Ofen. Dem ökonomischen Rutschen folgt wie das psychische so auch das der bewohnten Umgebung. Magisches Denken hieße: Ich sauge auf, und dadurch ändert sich auch die Ökonomie. Bei Frauen funktioniert das übrigens: wenn sie ihr Haar waschen. Und auch d a s ist festzuahlten, in Sachen erotischer Dominanz und ökonomischer Impotenz: Sich das nicht n e h m e n lassen, ehrlich zu bleiben; das Dokument nicht schminken; auch dann nicht, wenn wieder ein “Ich sehe dich nur noch als Opfer” dabei herauskommt. Mit Stolz zu den Verhältnissen s t e h e n, in denen man halt herumschwimmt, bzw. – strampelt zur Zeit. Und die Stirn haben, es auch öffentlich zu zeigen.

Und dann noch: Ana. Ständig zugegen.
Und E. Die alles sieht. Und auch zugegen ist.
Und wer noch.
Die verschwundene I.
K. Immer.
R. wieder, neuerdings, aber im Hintergrund.
Und L.,das Sisserl, das ebenfalls zurückerschien, um ein wenig verschmitzt “Guten Tag” zu sagen und meine erotischen Notate zu kommentieren.
Ein ganzer Zusammenhang im Netz, neben – sozusagen – der “Welt”.







Tagesplanung.




6.30 Uhr:

MF-Exzerpte.

8.30 Uhr:

MF-Typoskript beginnen.
DIE DSCHUNGEL.

11 Uhr:

Telefonate, Geldbriefe etc.
Post öffnen. Sich den Mahnungen stellen.

12 Uhr:

Joggen gehen.

13 Uhr:

Mittagsschlaf.

14 Uhr:

MF.
DIE DSCHUNGEL.

19 Uhr:

>strike>Etwas essen und weiter MF.
DIE DSCHUNGEL.
Eisenhauer: “Magst du heute abend eine Stunde lang Billard spielen?”

22 Uhr:

Bar mir G.?






14.35 Uhr:

Geschlafen, tief gesackt. Vorher endlich wieder gelaufen: Hin- und Rückweg je 1,5 km + 13 ½ Runden Aschebahn, insgesamt also ca 8,5 km, das alles inklusive Stretching in einer Stunde; für die lange Pause wirklich befriedigend. Nur der An- und Heimweg auf dem Straßenpflaster wird sich vielleicht in den Knie rächen. Doch wie vieles bei mir über den Körper geht. So auch die Selbstachtung. Der ganze Modder vom Körpermißbrauch, vor allem vermittels der Raucherei, kommt hoch, die Lungenflügel entfalten sich spürbar, fetter Schleim wird gelöst, der ich noch anderthalb Monate, nachdem ich aufgehört habe, in dem Organ festgekrallt hat. Körnig-fkatschiges Ausspucken auf dem Rückweg, wie etwas Fremdes, wie ein Tier, das in mir schmarotzt hat. Reinigung. Gut denkerisch gestimmt. Und tatsächlich heute morgen die MF-Exzerpte insgesamt abgeschrieben, teils bereits korrigiert. Das nun ff; dann mit dem eigentlichen Text beginnen.

Den Frühling gerochen. Und, schillernd, die ersten Stare. Neben der Aschebahn auf dem Rasen. Bereit und prallvoll Wille, sich fortzupflanzen. Leben.

21.35 Uhr:

Plötzlich Besuch. L.aus Karlsruhe, mit der ich vor etwas mehr als einem Jahr ein kurzes Verhältnis hatte und die mich einige Male versetzte. Sie will sprechen, will in den Arm genommen werden, will hier übernachten. Böse Geschichte mit einem Liebhaber, mit einer Fehlgeburt, mit einer Abtreibung und einem Liebhaber, den sie “mein Freund” nennt (sie ist parallel verheiratet). Ich habe mein Treffen mit Eisenhauer, frage, ob sie mit möchte, ob ich absagen soll. Sie möchte hierbleiben, allein, lesen, Händel hören; ich werde etwas mehr als eine Stunde wegsein. Nach der Stunde versuch ich anzurufen, L. nimmt nicht ab, ich schicke eine SMS, ob ich etwas zu essen mitbringen solle. Darauf sie, SMS zurück: “Ich mußte wieder flüchten.” Und ist weg.
Ich bin völlig hilflos, spreche mit Ana im messenger. Daraufhin Vorwürfe, meine Unsensibilität, wieder Esoterik, also mein geistlicher Mangel usw. Furchtbar. Ich könnte nur noch heulen. Hab mich aus dem Gespräch ausgeklinkt. Habe Hilfe gebraucht, Erklärung und statt dem – vorwurfsvolle Stanzen bekommen. Es ist wirklich nicht mehr meine Welt. Meine Sohn hält mich. Sonst nichts. Doch, das Werk noch.

21.50 Uhr:

Und, während ich noch nach ihrer Telefonnummer in meinem Papierkram suche, ruft Ana a n. Was hier an Gefühlen schäumt, ist kaum zu fassen. Sie schnurrt phonetisch am Ende des Gesprächs. Ich schnurre auch.

23.36 Uhr:

Und wieder Streit. Ich habe keine Lust mehr darauf. Es nimmt nur Kraft. Irgend etwas daran lügt. Und schafft deshalb diese Konflikte. Ich möchte nicht mehr. Sie h a t ihren Mann. Soll sie ihn behalten. Was soll dabei i c h? Nur Traurigkeit kommt dabei heraus.

(E. wird dies lesen. I. wird dies lesen. Andere werden dies lesen. Und: Es kommt nur Traurigkeit dabei heraus.)