Nicht daß wir unrecht haben, ist der Skandal, sondern daß wir recht haben.

Es gab eine Zeit – man nennt sie Die Jugend -, da stellten sich die späteren FunktionenInhaber und Funktionäre des Betriebes gegen jede Form von Seilschaft, Korruption und Heuchelei. Da wollten auch sie eine andere Welt. Dafür gingen sie auf die Straße, dafür überwarfen sie sich mit ihren Eltern. Da waren sie rebellisch. Und trugen das Rebellentum in die Berufe. Aber sie merkten nicht, wie die Berufe es ihnen untergruben, so daß sie immer weitere Grätschen machen mußten, um in die gegrabenen Gruben nicht hineinzufallen. Doch nicht jeder, und seltenst ein Mann, beherrscht den Spagat.
Nun sitzen sie i n der Grube und starren, freilich gut gepolstert, hinaus. Aber haben ein rechtes schlechtes Gewissen. Kommt deshalb einer daher, der damals m i t ihnen war und den Kampf m i t ihnen ausfocht – ein „Genosse“, wenn man so will – , doch der hat sich n i ch t geändert oder nur wenig, er ist jedenfalls in einer Grube noch immer nicht drin… dann wird das rechte schlechte Gewissen ganz schlimm! Denn mag er es auch zu nichts gebracht haben: zu keinem Haus, keinem Auto mit Leasingvertrag, schon gar zu einem Swimming Pool nicht, so hat er doch diesenB l i c k, diesen Stolz! ah!!: den muß man unbedingt blenden!!! Denn er leuchtet auf einen selber zurück. Leuchtet in die dunklen Gruben von oben herab. In denen man sitzt un sich in den Schatten drückt als ein Gesindel, das allen Grund hat, den Tag zu scheuen.

[Es gibt Erziehungssätze, die einen früh darauf vorbereiten, daß man sich eines Tages an jede gesellschaftliche Schweinerei anpassen werde, wenn sie denn gerad opportun ist: „Werd erst einmal erwachsen“ zum Beispiel. Oder das generöse: „Der wird sich seine Hörner auch noch abstoßen.“ Hinter so etwas steht immer das eigene schlechte Gewissen, das sich mit dem Weltenlauf selbst abtestiert.]

4 thoughts on “Nicht daß wir unrecht haben, ist der Skandal, sondern daß wir recht haben.

  1. Was aber ist der Weltenlauf an sich?
    Es gibt keine absouluten Wahrheit(en). Kein Patentrezept, keine immer gültige Formel, Strategie: Ein immer dagegen Stemmen ist genauso unangemessen wie ein immer Mitziehen oder ein sich immer treiben Lassen. Die Kunst ist eine innere, sie mißt sich tatsächlich nicht an Eigenheimen – ergo auch nicht daran, ob jemand eins hat. Das ist vice versa gültig, was Sie dort oben – nicht mal unrichtig – proklamieren. Aber die Jugend will halt zuweilen auch mit dem Kopf durch jedwede Wand, brüllt dort, wo das Alter schon lächelnd weiß, dass es gelassen mehr erreicht im wesentlichen Sinne. Es existiert überhaupt keine absoulute Regel – nur Situationen, jede anders, jede verschieden, jede einzigartig.
    Alles Andere trägt den Keim Doktrin schon in sich.

    1. Mein Text wird anders betont “Das sich selbst abtestiert”; darauf also das “selbst” bezogen. Und zwar: mit dem Weltlauf. Und n i c h t: mit dem Weltlauf selbst. Der Weltlauf-selbst wäre in Zusammenhang mit dem Abtestat absurd.

      Im übrigen: Hätte ich irgend etwas in meinem Leben lächelnd mit der Dummheit des Alters (Arno Schmidt: “Es gibt keine Altersweisheit, sondern nur Altersstarrsinn”) abgewartet und nicht gekämpft, so wäre ich heute ebenso tot wie mein Bruder.

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