Donnerstag, der 13. Oktober 2005.

4.55 Uhr:
[Maderna, Elektronische Musik.]
Guten Morgen, liebe und böse Dschungelleser,
bin an der Arbeit. Der latte maachiato steht neben mir, Felix wurde heute nacht eingefangen, weil er ins Bett gekrabbelt kam; er sitzt nun in seinem Käfig und hat unmäßig viel gefuttert. Jonathan ist noch irgendwo ‚draußen’ und dürfte Hunger haben. Und der Sexist wirft nun seine Blicke in den Roman.

7.15 Uhr:
[Maderna, Oboenkonzert Nr. 1.]
Knifflige Stelle in ARGO gerade; das kostet Zeit, weil die innere Logik der Konstruktion zu durchdenken ist: Was bedeutet es für die O r g a n i k, wenn sich eine Person in den Cyberraum projezieren läßt? Was geschieht mit seinem Geist in der ‚Realwelt’ (die ja selbst immer nur Ableitung einer Parallelwelt ist), was geschieht mit seinem Körper? Und was geschieht, wenn man den Körper ebenfalls ‚ausschaltet’, also physisch sterben läßt: Bleibt der Geist in der Cyberwelt dann erhalten? Oder erlischt auch er? Und welche Folgen hat das dann für das Gesamtsystem, also die Matrix (die sämtliche Systeme in sich integriert)? Da Herbst in BUENOS AIRES.ANDERSWELT bereits aus Garrafff nach Europa projeziert worden i s t, stellt sich nun die Frage, was denn bis zu seiner Rückkehr mit seinem Körper war. An alledem prokle ich gerade herum. Die Frage der Körperlichkeit kristallisiert sich jedenfalls auch poetologisch als eine grundsätzliche, wenn nicht sogar als d i e grundsätzliche heraus. Kein Roman ohne Stoffwechsel ließe sich jetzt beispielsweise mit allem erkenntnistheoretischen Recht formulieren.

Daneben die Auseinandersetzungen hier in Der Dschungel; >>>> meine etwas schroff-arrogante Antwort an „pseudonym“ tut mir bereits ein wenig leid;; aber ich zensiere das nicht, will ja auch die aufschießenden Emotionen und ihre Wirkungsweisen protokollieren. Letztlich gehört auch dies in das von mir mit meiner von den Freunden vollzogenen Umbenennung (Ribbentrop zu Herbst) begonnene ‚Programm’: Überführung einer realen Person in Literatur:: Wie schaffe ich es, mein gesamtes Leben zu einem Roman zu machen? Notwendigerweise wird dann jede und jeder, denen ich begegne, ebenfalls ein Teil dieses Romanes.* Insofern liegen sowohl die juristische Auseinandersetzung um mein noch immer verbotenes Buch als auch diejenigen in diesem Weblog, sei’s wegen meines ‚Seximus’,sei’s wegen des PROJEKTES PRIVATHEIT vollkommen auf der um 1981 herum eingeschlagenen so poetologischen wie lebensphilosophischen Linie. DIE VERWIRRUNG DES GEMÜTS von 1983 – im Moment leider vergriffen – hat das zum ersten Mal ausformuliert und tatsächlich zu einem literarischen Progamm erhoben: Völlige Verschmelzung von Dichtung und Wahrheit als einen aktiven, bewußt eingeschlagenen Lebens-Prozeß (in Whiteheads Sinn: processuality). Insofern ist das hier PROJEKT PRIVATHEIT gewordene Programm nichts als eine weiterführende Ableitung des PROJEKTS DICHTUNG und gehört in die von mir zu vermittelnde (von mir als zu vermittelnd g e w ü s c h t e, erhoffte) Antinomie Fiktion ./. Realität. Dichtung ist bei mir insofern immer Realitätskritik. Das wurde mir in dieser Schärfe tatsächlich erst soeben bewußt. Oder ich hatte es vergessen, und die Erinnerung setzte wieder ein.Mit Maderna. Dessen Musik löst enorm vieles.
[*)Mir wird soeben klar, wie sehr das von dem ARGO-Verfahren aufgenommen, allerdings dort in die poetisch-kybernetische WirklichkeitsKonstituierung projeziert wird.]

Und die Fahrkarten für die Frankfurter Buchmesse und das Literaturhaus Stuttgart gelöst, wo ich ja >>>> am nächsten Samstag abend vortragen werde; tatsächlich hat meine VISA-card bislang noch funktioniert. Ich war ganz überrascht.

Aber weiter, ARGO. Jetzt nicht flüchten, wo’s so kniepelig ist.

23 thoughts on “Donnerstag, der 13. Oktober 2005.

  1. Sexismus, Matrixismus Sie sind mir ja ein sexistischer Faschist! Allein schon die ständig wiederkehrende Verwendung des Ausdrucks “Latte Macchiato”. Mit “Latte” ist doch bestimmt “eregiertes” Glied gemeint und “Macchiato” bedeutet doch sicher “Macho”, ist also ein Tippfehler. Und “Alban”, kommt das von “albern”?

    Spaß beiseite, ich rolle mich hier dauernd ab darüber, wie einige – offensichtlich sexuell gefrustete User – sich bei Ihnen bis in die Konsonaten hinein beschweren. Stand nicht in der Bibel “der werfe den ersten Stein”? Ein typisches Internetphänomen in Chatrooms, Foren und LitBlogs: die anonyme Beschimpfung.

    Konstruktiver jetzt: was die Projektion in einen Cyberraum betrifft, gibt es in Literatur und Film ja einige brauchbare Ansätze. Bei P.K.Dick liegen die Projezierten in dem Roman UBIK in Eispackung – ähnlich wie der Protagonist in Vanilla Sky – sind also ärztlich versorgt und vom Stoffwechsel her verlangsamt. In dem Film AVALON sind die Spieler nach ihrer Zerstörung im Spiel psychisch zerstörte Wesen in der Psychiatrie. In dem Film MATRIX stirbt der Körper, wenn er dauerhaft vom Geist getrennt ist. In der TV-Serie HARSH REALM, die originellerweise v o r MATRIX entstand und im Grunde aber die gleiche Geschichte erzählt, sind die Körper der Cyberdarsteller unter ärztlicher Kontrolle, also ebenfalls versorgt.

    Warum sollte ein Geist, der von seinem Körper gelöst in einer virtuellen Umgebung weiterleben kann sterben, wenn er von seinem Körper dauerhaft getrennt wird? Hier wird doch lediglich das Trägermedium gewechselt. Die elektrischen Schaltkreise zur Informationsverarbeitung funktionieren ja weiter.
    Interessant vielleicht auch der Film “The 6th Day “, in dem Personen geklont werden, denen nachträglich die Erinnerungen des Originals implantiert werden. Oder der Roman “Der futurologische Kongreß” von Stanislaw Lem. Hier wird die Bevölkerung einer ganzen Stadt unter Drogen gesetzt. Die sehen dann auch Dinge, die es nicht gibt. Weiterleben können diese Menschen, da die Handlungen der haluzinierten Welt nicht mit der realen Welt korrespondiert. Wiederum ähnlich zu “Sie Leben” von Carpenter.
    Sie sehen: ein weites Feld!
    Und lassen Sie sich nicht mobben!
    Ihr durch und durch sexistischer Leser Stromberg! 🙂

    1. Cyberraum Es gibt einen amerikanischen Philosophen namens Willard Quine – wenn ich mich nicht täusche -, der diesen Gedankengang “ging”: Was wäre, wenn wir wir alle nur Gehirne in irgendwelchen Fässern mit Nährlösungen – brains in a vat – wären?

    2. Brains in a vat. @ Frank. Das ist denkbar, aber dafür gilt dasselbe, was für Gott gilt: Man kann über ihn nichts Gesichertes sagen, also klammert man ihn erkenntnistheoretisch als wirklose Variable aus. Die Idee stammt von Nietzsche. Indes ergibt sowohl Gott als auch das Hirn im Faß jeweils eine gute phantastische Erzählung. Und a l s s o l c h e kommt beidem dann Wirklichkeitsbefähigung zu: indem es neue Wirklichkeit s c h a f f t.
      Und was die Fäser anbelangt, in denen die Gehirne schwimmen: Ich nenne sie K ö r p e r. Und die Nährlösung ist geschlechtlich, also Erotik und Sexus.

  2. Äährlich!

    Das versteht doch kein Mensch.

    I c h weiß jetzt wenigstens, wieso Sie keinen Leser und keinen Verleger finden.
    Beide leben nämlich in der r e a l e n Welt .

    Und dieses verschwiemelte Rumeiern zwischen privat und fiktional, die”poetisch – kybernetische WirklichkeitskKonstituierung ” — ich muß schon sagen!
    Irgendwie sollten Sie vielleicht doch etwas mehr Ihre Leser vor Augen haben, wenn Sie wollen, daß Ihre Werke gelesen werden.
    Man kann allerdings auch im künstlerischen Weltall agieren und hoffen , daß irgendwann die Menschheit dorthin gelangt.
    Da können Sie aber lang,vielleicht zu lang , warten.

    1. Da die Menschheit – oder doch ein Teil von ihr – s c h on einiges zu verstehen gelernt hat. Bin ich da ganz beruhigt. Und überlasse Sie getrost Ihrer vorgeblich realistischen Lektüre. Da Sie ja nun ausweislich zu meinen Lesern nicht zählen, kann ich es mir auch ersparen, S i e vor Augen zu haben. Es fiele mir sonst wirklich schwer, nicht arrogant zu werden. Und dann d e s h a l b die Literatur aufzugeben. S o indes können wir es beide zufrieden sein. Sie bleiben beruhigt im freilich wohlbezahlten Mittelmaß und ich surfe in meinem künstlerischen Weltall darüber.

    2. Die Arroganz trieft trotzdem aus jedem Buchstaben.

      Schreiben Sie ruhig weiter so. Wenn Sie müssen.
      Wenn Sie ohne Leser und Verleger auskommen – tun Sie das.
      Ich achte Ihre Arbeitswut , Ihren meisterhaften Umgang mit der Sprache, Ihre große Belesenheit.
      Ein Schwachpunkt ist indessen wohl gerade das, was Sie in dem heutigen Tagebucheintrag dem Leser mitteilen: daß Sie nie eine reale Heimat hatten, sondern alles war immer nur e r f u n d e n .
      Da das bei den meisten Lesern nicht so ist, stoßen Sie wohl immer (oder häufig) an Grenzen.
      Sicher ist Dichtung immer in gewisser Weise Erfindung, aber mit einer Verankerung im Realen.

      Das ist meine Meinung.
      Wenn Sie diese wieder meinen abkanzeln zu müssen, tun Sie das ruhig.

    3. Grenzen: Das haben nur die, die eine Heimat haben. Wer keine Heimat hat, besitzt auch keine Grenzen, die er verteidigen muss.
      ANH’s Grenzenlosigkeit führt ihn offenbar immer wieder in territoriale Konflikte hinein …

    4. @harry: Tut mir leid. Das mit der Arroganz. Daß ich Sie abkanzelte oder Sie sich abgekanzelt gefühlt haben, mehr oder minder zu recht, lag an Ihrem anti-intellektuellen Ton, auf den ich reagierte. Hätten Sie – etwa wegen ‘kybernetisch-poetologisch’ g e f r a g t, was ich denn meinte, ich hätte es ebenso sachlich erklärt, wie ich das bereits vielen anderen Lesern, auch Dschungellesern gegenüber (deren es übrigens, wie meine Zugriffszahlen sagen, Hunderte gibt) bereits mehrfach getan habe. Sie aber stellten sich auf den Boden einer Realität, von der ich sehr zwingend meine, daß sie illusionär und viel fiktiver ist, als Sie möglicherweise wissen oder annehmen wollen. Ich kann mich da ebenso wie Sie auf die Realität beziehen: Da ich fünf Jahre lang an internationalen Börsen gearbeitet habe, weiß ich nur zu genau, wie wenig materiellen Grund Geld- und damit dann auch politische Bewegungen haben, die sich etwa in Verarmung, Arbeitslosigkeit, Kriegen u.dgl.niederschlagen. Oft sind da Interessen, Ideen (etwa Religionen) und ähnliches im Spiel: alles Fiktionen, die aber eine enorme Kraft zur Wirklichkeitsbildung haben. Dies u.a. versuche ich, in meinen Büchern poetologisch zu fassen: das heißt: strukturell, nicht etwa aufklärerisch.
      Was nun noch das “ohne Verleger sein” anbelangt, so kann ich mich nach unterdessen fünfzehn Büchern und ihrem Niederschlag in den einschlägigen Literaturgeschichten an sich zurücklehnen, also was die Wirkung meiner Arbeit anbelangt. Ich hätte nur gerne n o c h weitere fünfzehn Bücher geschrieben – von den Hörstücken, der Poetologie, den politischen Aufsätzen usw., die ich im Kopf habe, einmal ganz abgesehen. An Lesern jedenfalls mangelt es mir nicht – dafür sind allein diese Dschungel zu heftig und auch zu kontrovers frequentiert. Es geht viel eher um die Frage meiner ökonomischen Existenzsicherung, für die ich eben keinen Kompromiß eingehen will. Aber notfalls wird es bei der Netzpräsenz bleiben; da meine hiesigen Veröffentlichungen von der Deutschen Bibliothek, bzw. Deutschen Bücherei bibliografiert werden, g e l t e n sie ja auch als veröffentlicht und gehen damit ins deutsche und, was mir wichtiger ist, europäische Kulturgut ein, sind also wissenschaftsfähig.
      Ich hoffe, diese Antwort kommt jetzt n i c h t als arrogant an bei Ihnen und anderen, die sie ebenfalls lesen.

    5. @Hediger. Vielleicht. Kommen wir einmal dahin, daß die Heimatlosen von denen m i t Heimat lernen (wie ich es gerade anhand des schönen Aufsatzes von Gerd Loschütz versuche), die m i t Heimat von denen o h n e Heimat aber auch. Denn ohne Heimat zu sein bedeutet nicht zuletzt: eine große Freiheit haben. Nur ist, wie bereits Nietzsche einmal bemerkte, die Luft an der Freiheit sehr dünn und sehr kalt. (Im Gegensatz zu dem, was Th. Mann über den Ersten Aufzug “Walküre” sagte: Kuhstallwärme der Musik. Da freilich ist es, wie am heimatlichen Ofen, warm. Der nämlich offenbar auch dann, wenn man sich seiner nur entsinnt.)

      NACHTRAG:
      “Territorialkonflikt” ist übrigens hübsch als Wort in diesem Zusammenhang. Ich m e r k e oft tatsächlich nicht, daß irgendwo für jemanden anderes eine quasi-geografische Grenze verläuft – einfach deshalb, weil sie für mich nicht existiert. Ich muß sie mir e r s c h l i e ß e n und bin deshalb darauf angewiesen, daß sie mir jemand erläutert. Das bringt auf meiner Seite zum einen ein große Furchtlosigkeit mit sich, auf der anderen bereite ich offenbar die Furcht, die mir abgeht, genau dadurch anderen. In d e m Zusammenhang steht auch das Verhältnis von privat & öffentlich: Ich habe für mich kein unantastbares Privates, weil ich selber nur b i n durch Veröffentlichung: also ich e n t s t e h e erst in Literatur, das ist ein Prozeß, der die Dichtung und mich unablösbar aneinanderschmiegt. Um dabei nicht den Boden zu verlieren, bin ich – was mein Ich anbelangt – offenbar darauf angewiesen, sehr nahe am Alltag entlangzupublizieren; das ist also eine Form der E r d u n g.

    6. Aber gilt das, was Sie im Beitrag an Harry über den “Boden der Realität” schrieben, nicht auch für die “Heimat”? Dass sie ebenso fiktiv sein mag, für den, der sie zu besitzen glaubt? Ebenso eine “Fiktion, die aber eine enorme Kraft zur Wirklichkeitsbildung hat”?

    7. Exakt. Aber das wollte ich jetzt so nicht schreiben, weil es ein unangemessener Eingriff in die persönliche Fiktion eines anderen wäre… und jetzt halt ist. Doch ohne die “enorme Kraft zur Wirklichkeitsbildung” gäbe es weder auf der einen Seite den Staat Israel noch auf der anderen all die weltweit verstreuten VertriebenenVereinigungen, die ja durchaus über politische Macht verfügen – auch wenn die Abkömmlinge bisweilen ‘ihre’ Heimat schon seit Generationen nicht gesehen haben und persönlich also gar nicht kennen.

    8. Wieso ein Eingriff? Als wäre die Bezeichnung “fiktiv” eine Abwertung eines vermeintlich “Realen”. Die Kraft und die Freiheit, die sich in einer “Fiktion” entfaltet und sichtbar wird, erkennt man sie denn, ist der Realität meines Erachtens zumindest ebenbürtig, wenn nicht überlegen, was ihr Potential zur Wirklichkeitsbildung betrifft.

    9. Fast bin ich da ganz Ihrer Meinung. Aber Harry ist es offenbar nicht, jedenfalls nicht in dem Beitrag, auf den ich mich bezogen hatte. Und es wäre ein Eingriff, eben weil e r der Meinung nicht ist (oder nicht zu sein scheint). Ich denke, das ist eine Frage der Feinfühligkeit, auf die ich auch immer dann feinfühlig reagiere, wenn mir die gleiche Rücksicht entgegengebracht wird. Falls nicht, schlag ich ebenso heftig zurück. Dann knurrt man etwas, bäumt sich auf, zieht die Lefzen zurück, vielleicht beißt man auch schon mal zu – aber das ist alles kein Grund, nicht hinterher dann doch gemeinsam einen trinken zu gehen. Lustig, wenn man dabei auf den gebrochenen Arm oder durchgebissenen Zeigefinger nicken und vor sich hinfluchen kann: “Scheiße, tut das weh.” Und das Gegenüber sagt: “Ja glaubste denn, mir n i c h t?”

    10. Schön, dieser Disput. Sehr schön.
      Ich genieße die Sprache und das intellektuelle Degenfechten.

      “Heimat” hat für mich in der Tat etwas Warmes, das ich der Kälte der intellektuellen Freiheit für mich vorziehe.
      Ob für die Juden die Heimat eine Fiktion war, scheint mit zumindest fraglich. Geschichtliche Gegebenheiten spielen ja auch mit in diese Fragestellung hinein.

      Intellektuelle Höhenflüge sind schön, was wären wir ohne unsere großen Philosophen, aber trotzdem:
      Ich sehe meine Umgebung, die ums Bestehen in der ganz banalen Realität kämpft, und denen hätte ich auch mal ein Buch von ANH gegönnt – ein verständliches.

      Übrigens : bin Akademiker , sowohl mit Abstraktem, Fiktionärem und Realem vertraut (3 Kinder, die einen sehr erden.).

    11. Wahre Kunst. Für harry Die Kunst ist lange bildend, eh sie schön ist, und doch, so wahre, große Kunst, ja, oft wahrer und größer, als die Schöne selbst. Denn in dem Menschen ist eine bildende Natur, die gleich sich thätig beweist, wann seine Existenz gesichert ist. Sobald er nichts zu sorgen und zu fürchten hat, greift der Halbgott, wirksam in seiner Ruhe, umher nach Stoff ihm seinen Geist einzuhauchen. Unso modelt der Wilde mit abenteuerlichen Zügen, gräßlichen Gestalten, hohen Farben, seine Cocos, seine Federn, und seinen Körper. Und laßt diese Bildnerey aus den willkürlichsten Formen bestehn, sie wird ohne Gestaltsverhältniß zusammenstimmen, denn Eine Empfindung schuf sie zum karackteristischen Ganzen.
      Diese karackteristische Kunst, ist nun die einzige wahre.

    12. Ein Buch von ANH – ein verständliches Da braucht man nicht weit zu suchen. Unter anderen, sein letztes z.B.: “Die Niedertracht der Musik”. Und grosse Kunst dazu.
      (Man wird fündig, selbst wenn man, wie ich z.B., intellektuell nicht ganz so auf der Höhe ist. Es reichen ein bisschen Neugierde und die Freude an der Sprache.)

    13. Für harrys warmen Kopf mit Motto: “plenus venter non studet libenter …” 4 Schweinskoteletten
      x Mehl; zum wenden
      1 El. Fett; zum Braten
      x Salz
      1 Orange; Saft
      1 Orange; geschält und filetiert
      2 El. Zucker
      1 El. Maisstärke
      1 Tl. Allzweckgewürze
      1 Tas. Wasser; heiss
      1 Zitrone; Saft
      75 g Rosinen; kernlos

      Zubereitung der Schweinskoteletten mit
      Orangen-Rosinen-Farce:
      Kotelette im Mehl wenden, beidseitig im heissen Fett kräftig braun anbraten, salzen, herausnehmen, beiseite stellen. Orangenfilets im Bratensatz kurz andünsten, herausnehmen und beiseite stellen. Zucker mit Stärke und Gewürze mischen, mit heissem Wasser verrühren. Bratensatz mit der Zucker-Stärke-Gewürze-Wasser-Mischung ablöschen. Etwas köcheln lassen, Orangen- und Zitronensaft zugeben und etwas köcheln lassen, bis die Sauce etwas dickflüssiger wird. Rosinen zugeben. Kotelette in die Pfanne zurück tun, mit den Orangenfilets bedecken und mit der Sauce übergiessen. Bei kleiner Hitze schmoren lassen, bis die Kotelette durch sind.

      Serviervorschlag:
      1 auf die rechte,
      und 1 auf die linke
      Wange
      – wie gewöhnliche Koteletten eben.
      Und 2 hinter die Ohren
      – wegen gefühliger Wärme
      gegen intellektuelle Kälte
      und für Verwirrung des Gemüthes.

    14. Hm, liebe Literaturgestalten. Das find ich jetzt nicht fair. Da die Diskussion gerade erst b e g a n n. Meist sind aus solchen anfänglichen Schußwechseln Freundschaften geworden, auch wenn die Waffen s c h a r f waren. Und w e nn schon, meine Herren (Damen?), dann doch mit offenem Visier und nicht hinter Tote oder Fiktive versteckt, die sich eines etwaigen Mißbrauchs nicht erwehren könnten.

    15. Ja,ja,ja,ja… Also, von einem DADAistischen Standpunkt aus war das bis hierhin doch schon Weltklasse!Ich finde es schön, wenn sich die Kommentare, so aneinandergereiht wie hier, zu einem Gesamtkunstwerk formen. Doch, sehr schön.

    16. Da Da! Hier ist die Mutter aller Kultur. Woher ich komme, aus dem verfluchten Westen, dort grinst nur strafbare Exhibition statt Kultur. Da Da! Ich fühle mich so stark, daß ich eine ganze Erde zeugen möchte. Da Da !!! – Mann und Weib, die bang zugehört, verstanden fremde Laute zwar nicht, fielen aber nieder, weinten auf seinen Unterleib herab, denn sie hielten ihn für den Gott der Himmelswut. Dann schlugen sie selbst ihre Nackheit. Nächsten Tag standen hundert Eskimoweiber draußen und baten um seine Mannheit. Er bezwang sie alle in drei Nächten, leicht. Bei Licht küßten sie seine Füße. Nur bedauerte er, daß hier kein Telefon war.
      Melchio VISCHER, Sekunde durch Hirn

      a propos “realität” und “fiktion” (ausgespart ist “in der heimat, in der heimat, ja da gibt’s ein wiederseh’n”)

    17. Freue mich, wieviel Reaktion meine Kommentare hervorrufen.
      Ist doch richtig lebendig hier.

      Soo viel Zeit für ein simples Kochrezept! Welche Aggressionen werden hier sichtbar!
      Übrigens: ein l e e r e r Bauch studiert auch nicht gern.

      Das Wort “Heimat” ruft ungemein unterschiedliche Reaktionen hervor. Warum?
      Ist uns dieses Wort durch die Nazis auch verdorben worden? Oder durch Heino?

      I c h finde, es ist etwas Schönes – wenn man sie denn hat. Nämlich eine Erinnerung an eine Zeit des Ursprünglichen, des Friedens, der Geborgenheit. An etwas , das ich jedem Menschen wünsche als Ausgangspunkt für ein selbstbestimmtes Leben. Eine Erinnerung an etwas Kreatürliches, das hilft, im erwachsenen Leben Kälte, Aggressionen wie z.B.bös gemeinte Kochrezepte aushalten und Realität gegen Fiktion abgrenzen zu können.

      Ich versuche, dies meinen Kindern mitzugeben
      .
      Das Wort “Territorium” gefällt mir hierzu.

      Danke für den Buchtipp.

    18. Heimat Heimat ist mir eigentlich nur dir Stadt in der ich die meiste Zeit meines Lebens gelebt habe, aufgrund der Erfahrungen/Erlebungen dort. Und je nachdem, wo ich lebe, kann Heimat entstehen.
      Bisher konnte ich das Wort Heimat (leider- denn die Sehnsucht danach ist da) nie mit Personen/Verwandtschaft verbinden.
      Insofern Heimatlos, aber nicht heimlos fühlend. Denn einnisten kann ich mich eigentlich fast überall. Wie tief das dann geht, ist eine andere Frage.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .