Mittwoch, der 4. Januar 2006.

4.58 Uhr:
Das Wasser in der PAVONI erhitzt sich, ich bin kurz nach halb fünf… na gut, um Viertel vor fünf hoch. Ein ganz aufgeregter Ratz empfängt mich, läuft nun an mir rum; ich werde mich weiter um diese Rechnungen kümmern, Bittbriefe schreiben undsoweiter. Danach vielleicht an das ARGO-Typoskript gehen.
Später abends gestern, als ich heimkomme, finde ich eine Nachricht Frau von Mecks, die eine Begegnung in Innsbruck nun wieder absagt: meine Verfallenheit in ****** usw. Nein, es w a r nicht so, daß Tschaikowski, er, die Begegnung scheute; das war für die Nach- und Umwelt nur so gestellt. Und vielleicht ist auch einiges, was Kafka uns glauben ließ, nicht wahr: und Milena, nicht er, ist auf halbem Wege ausgestiegen und nach Prag wieder zurückgefahren. – Ah ja, n o c h etwas Hübsches, ein Briefdialog:
SIE … auch wenn ich Ihre Meinung zu Frauen oft nicht teile.
ER Ach, wissen Sie, die teile ich oft selber nicht.
Da kommt ein vergnügtes Lachen zurück, das elektronische Postfach vibriert davon.

(Heut ist mein Junge wieder da. Heut geht er wieder in die Schule. Heut bring ich ihm sein in der Kinderwohnung vergessenes Fahrradschloß vorbei. Und nehm das kleine StoffWildschwein mit, das U., der Profi und ich für ihn im Schorfheider Wildpark erstanden haben.)

8.40 Uhr:
[Ruzicka, Sinfonia.]
Bis eben, bis S. 400, das ARGO-Typoskript vorankorrigiert. Bin aber nicht immer im Text, etwas wie ein Schleier liegt zwischen ihm und mir. Vielleicht ist es zu viel Nähe, zu viel Vertrautheit, zuviel Vor/Wissen… bin gespannt, was die mitlesenden Freunde schreiben.
Nun aber wirklich an den Rechnungsmüll.

11.23 Uhr:
Komme grad wieder in die Arbeitswohnung. In der Schule bei meinem Kleinen gewesen, sein Fahrradschloß vorbeigebracht, das er an Weihnachten in der Schönhauser vergessen hatte. „Ach wie süß ist das!“ ruft er wegen des Stoffwildschweins aus.
Auf dem Weg dahin die Innsbruck-Reise über Bamberg gebucht, und wie ich es dachte: Jetzt ist auch die VISA-Card gesperrt. Die Welt schnürt sich langsam zu; ich werde es bei Flügen und ähnlichem von nun an so machen müssen wie mein verehrter Freund und Kollege ***: über jemanden anderes buchen, der eine Kreditkarte noch h a t. Alles sehr umständlich, man fällt aus der Welt. Aber man weiß ja andererseits, was man vorzuweisen hat. Dumm, unbequem und demütigend ist die Situation dennoch. Werde nach Innsbruck schreiben und drum bitten, das Honorar in bar zu bekommen; andernfalls besteht die Gefahr, daß ich die Rückfahrt nicht zahlen kann. Tolldas.

16.18 Uhr:
[Schreker, Der Schatzgräber.]
Was zu schaffen war mit der Schuldenpost, i s t geschafft. Sogar meine SpesenAbrechnung für die Villa San Michele (das Stück wird nun endlich produziert, allerdings erst im April/Mai ausgestrahlt werden) hab ich nun fertiggemacht. Und was sich überweisen ließ, i s t überwiesen; aber das waren grad mal 70 Euro für die Musikschule des Jungen und eine Minirate zur Abwehr eines Zahlungsbefehls. Nun ist auch dieses Konto leer, Frau von Mecks Geld ist noch nicht da. Bin mal gespannt, wie das Bundesverwaltungsamt auf meinen Bettelbrief reagiert, auch die Inkasso-Unternehmen werden einigermaßen überfordert sein. Um nicht gänzlich in Panik zu geraten, lese ich >>>> Preußers Anmerkungen zu THETIS, mit denen er immerhin eine Typologie zu Enzenberger, Grass und Strauß einleitet. Ich werde den Aufsatz nächste Woche auf die fiktionäre Website einstellen; Preußers Genehmigung habe ich vogestern erhalten.
Gleich zur Post, das ganze Zeug wegbringen. Vielleicht ist auch das Rad schon fertig. Dann mal wieder ein bißchen literarisch was tun… und, liebe Leser, es tut mir leid, wenn die Struktur Der Dschungel momentan etwas vernachlässigt ist und sich hier so sehr vieles aufs Tagebuch konzentriert. Sie müssen bitte immer mitdenken, daß ich zugleich an einem neuen 1000seiter sitze u n d diesen ökonomisch bedrängenden Alltag hab. Daneben sind Telefonate zu führen um (noch ausbleibende) Aufträge, ebensolche Emails und Briefe sind zu schreiben usw. Aber ein neues Segment der Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens ist bereits skizziert, und ich sinne auch unentwegt-subkutan über eine Fortsetzung >>>> der Judith-Geschichte und vor allem >>>> der schönen Elisabeth Schneider nach.

Nachtrag.
Mit dem Profi in die Bar am Lützowplatz. Danach ins Odessa nach Mitte. Die Wege des Tierparks sind reines Eis. Ich merkte es erst nachts, als ich vom Rad stieg, um das Foto zu machen, das – dies Ihnen zur Orientierung -in Richtung Brandenburger Tor blickt. Man konnte, mühsam, fahren, das ja, stehen aber kaum, und zu gehen wäre näherungsweise unmöglich gewesen.
Im Odessa – unter vielem anderen – einen Single Malt aus Österreich getrunken. Er schmeckte nach einem mit Enzian verschnittenen Grappa. Alle probierten wir, die Neige kippte wohltätig unsere Bedienung in den Abguß. Es muß nach eins gewesen sein, als ich fortradelte.