Judith in London (5).

Endlich bekam er sich in den Griff. Er fing wieder zu arbeiten an.
“Was war los mit Ihnen, Henkell? Probleme?”
“Tut mir leid. – Nein.”
” Haben Sie sich schon den Fall Soundso angesehen? Was meinen Sie?
Er verließ das Büro um eins.

“Guten Tag, Mahmut.” Sie saß, lächelnd, auf der Terrasse des KRANZLERs und wippte mit der rechten Pumps. Nur die Fußspitze hielt sie, der Spann bog sich lockend in die Ferse. Sie hatte einen sehr gestreckten, gliederigen Fuß. Die gesamte Eleganz ihrer Erscheinung, so schien es ihm, hatte sich in dieser Kurve zusammengezogen. Es war ihm unmöglich, den Blick zu wenden davon.
“Sie mögen meine Füße?”
” Bitte?”
“Sie verstehen sehr gut. Wollen Sie noch immer mit mir schlafen? S i c h e r wollen Sie das.”
Er konnte sich nicht rühren.
“Setzen Sie sich.”
“Setzen?”
“Na aber hier doch!”
“Ach so, ja, ach so.”
“Sie haben mich gesucht?”
Er mußte sich zusammennehmen. Aber bekam die rechte Erwiderung nicht in die Sprache.
“Wir werden zusammen nach London gehen,” sagte Judith.
“Du bist Engländerin?”
Sie lachte. “Und Sie?”
“Ich?”
“Mit Ihrem Namen?”
“O das! Das ist ein Spleen meiner Eltern gewesen… Zur Zeit meiner Geburt waren exotische Namen modern.” Endlich nahm er Platz.
“Ah ja?”
“Ja.”
Sie lachte abermals.
“Wo bist du neulich geblieben?”
“Wie meinen Sie das?”
“Im Dominique…”
“Ach das!”
“Das, ja.”
“Ich hatte keine Lust mehr auf Sie.”
“Wie?”
“Sie waren sich meiner zu sicher.”
Verrätselt sah er sie an.
“Ich bin eine Göttin,” sagte sie nebenhin und bestellte zwei Milchkaffee.
Noch vor ein paar Tagen hätte ihn ihr Satz bloß amüsiert. Nun machte er ihn stumm.
“Göttinnen benutzen,” sagte Judith.
Er schwieg weiter.
“Ich werde Sie mir erziehen.” All das im Ton des schönen Wetters.
“Sie sind keine Göttin,” versuchte er endlich.
” Sie sind ein schlechter Mensch, nicht wahr?”
Er schloß, weil er so hilflos war, für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, war Judith nicht mehr da. Vor ihm standen zwei drittels geleerte Kaffeebecher, und die hübsche Bedienerin hatte ihn an der Schulter gestupst: “Noch einmal dasselbe?”
“Wie?”
“Noch zwei Milchkaffee? Ich möchte allerdings Ihre Selbstgespräche nicht stören.“

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