Freitag, der 7. April 2006. Baden-Baden.

8.31 Uhr:
[Best Western, Queens. Händel, Orest.
Wirklich bis halb acht geschlafen. Als ich nachts ins Hotel kam, konnte ich nicht anders, als >>>> das vorläufige Ergebnis noch einmal anhand des Typoskriptes zu sichten, das unterdessen ausieht wie ein völlig chaotischer Bauplatz aus verschiedenfarbigen Zeichen und Wörtern und Strichen und Pfeilen. Das tat ich an der Hotelbar, die um diese Zeit ausgespochen belebt, ja durchwühlt war von ziemlich lauten Menschen zwischen vierzig und sechzig. Aber mich stört Lärm ja beim Arbeiten nicht; ich kann da einfach wegdenken, auch wenn dicht um mich herum das schubsendste, selbst grölendste Leben gischtet und klatscht. Gegen zwei lag ich im Bett, mir selbst deutlich müde, aber dennoch: Griff zur Fernbedienung und in die Glotze gestarrt, wobei ich tatsächlich für Werbepornos zu erschöpft war und statt ihrer eine schon denkwürdig-schlechte Serie über mich hingehen ließ. In der nicht vollen, sondern wuchtigen Selbstbestätigung, es sei schon ganz richtig, daß ich daheim keinen Fernseher habe, schlief ich ein.
Mittags, beim Essen, Filz: „Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, daß ich Ihnen völlig carte blanche gegeben habe?“ Ich sagte ihm Ja, aber die Wahrheit ist: Nö, das ist mir n i c h t aufgefallen; ich nahm das für völlig normal – bin es allerdings über Thomas Zenke beim Deutschlandfunk auch gewöhnt; und als seinerzeit Klaus Vogelgesang vom DeutschlandRadio Berlin einzugreifen v e r s u c h t e, wurde ich sehr schnell grantig; hab ja auch von ihm keinen zweiten Auftrag mehr bekommen. Das ist egal; in die Sache selbst lasse ich mir nicht reinreden, es sei denn, da sind gute, also nachvollziehbar künstlerische Argumente.

Zu meiner >>>> Rosenkavalier-Kritik ist mir von http://Opennetz.de der schöne Leserbrief einer Hagener Opernsängerin nachgeschickt worden. Der hat mich sehr sehr gefreut. Und beim Funk konnte ich dank des Engagements dortiger Mitarbeiter durchsetzen, daß ich die Spesen für diese VERBEEN-Produktion heute in bar ausbezahlt bekomme. Mit dem Tagegeld kann ich, sowie ich wieder in Berlin bin, die März- und Aprilmiete für die Kinderwohnung bezahlen, die beide überfällig sind. Sowie das erste Stipendiengeld aus Bamberg da ist, kann ich dann auch endlich die ebenfalls überfälligen Krankenkassenbeiträge entrichten, jedenfalls erstmal einen Teil. Das beruhigt.

Mir fällt gerade auf, wie fern momentan ARGO ist. Mal sehen, wie schnell ich wieder flüssig da hineinfinde. Werde mich schon morgen, auf der Heimfahrt, einlesen.
Sonnenstrahlendes, aber kaltes Wetter. Gestern soll es auf der Schwarzwald-Hochstraße wieder geschneit haben. Und morgens müssen die Leute ihre Autoscheiben freischaben.

10.36 Uhr:
[Internetcafé.]
Schöner Spaziergang am Bach entlang durch den Park zum Internetcafé am Hindenburg-Plätzchen. Die Krokusse sind da, Osterglocken, Schlüsselblumen. Und ich sah etwas Poetisches am Rande, das mich zum Fotoapparat greifen ließ. Die Bilder kann ich jetzt nicht einstellen, weil ich sie hier nicht bearbeiten kann, bzw. es zu lange währen würde, wenn ich das parallel über den Laptop noch täte, der ohnedies nahezu entladen ist und dringend einen Stromzugang braucht. Also, versprochen, ich hol das morgen nach, evtl. aber erst in Berlin. Jedenfalls ist’s wunderschön. Und ich brech jetzt auf zum Funk. Erst einmal will ich aber meine Zugverbindungen für morgen früh heraussuchen.