Montag, der 3. Juli 2006. (II).

5.31 Uhr:
Berlin, Kinderwohnung.
Nachdem das >>>> „Experiment Öffentliche Privatheit“ derart unerwartet vorüber ist, sitz ich gerade etwas hilflos hier und überlege. Etwas meine Arbeit Strukturierendes ist damit ja ebenfalls vorüber, auch wenn nun anderes an dessen Stelle tritt: etwas indes, das von der Arbeit getrennt werden muß, so daß ich lernen muß zu spalten. Dennoch bleibt es mir um Zusammenhänge von Produktionsprozessen und ihren Ursachen zu tun; ich werde aber diese Ursachen fortan, sagen wir:, umschreiben müssen – oder doch zumindest auswählen, vielleicht kurze Schlaglichter auf Geschehen werfen, jedoch diese Geschehen ihrerseits bereits zu Literatur verfremdet… Sie merken, ich stochere gerade in meinen Gedanken herum, ein bißchen, wie am Morgen nach dem Grillfest in der erkalteten Kohle und Asche. Was kein Werturteil ist, sondern es w u r d e ja gegessen, g u t gegessen sogar. Die Frage ist nur, wie fang ich das Neue – arbeitstechnisch – jetzt an? Wie seltsam, daß das Hand in Hand mit dem Abschluß von ARGO geht, welches doch bedeutet: den Abschluß des ANDERSWELT-Projektes, an dem ich zwar noch einzwei Jahre sitzen werde, aber feilend, nicht hinauswerfend, nicht mehr erfindend. Die Erde, die bepflanzt wird, ist nun d a, ich muß sie aus dem Krater meiner Imaginationskraft nicht mehr spucken, die Eruptionszeit ist vorüber, der Vulkan schläft, und die Bäuerlein kommen, die schon zerfallende Lava zu glätten zu bepflügen und in sie zu säen. Jetzt geht’s, um da s o auszudrücken, um die Orangenplantagen. Oder wie bei einem Krieger, der heimkehrt, und weiß nicht, was ein Frieden ist.
Seltsames Zeugs, das ich da schreibe, sehen Sie’s mir nach. Und ganz o h n e formulierte Innenschau wird’s nicht gehen…vielleicht nur ‘n o c h’ nicht… ich weiß es nicht.
Deshalb meine Gedanken jetzt s o: Zwar Tagebuch, aber auf die Arbeit bezogen, A r b e i t sjournal in beiden Wortteilen wörtlich genommen. Und eben auch nicht mehr n i c h t auf die Hauptseite Der Dschungel gestellt, nicht mehr apart, sondern schon auf der Oberfläche mit hineingewoben. Das Tagebuch selbst, da bleibt es bei meinem Entschluß von gestern nacht, läßt sich nicht weiterführen, weil es, klammere ich das mir Nächste aus, verwässert würde. Und ich verwässere keinen Ansatz. Verwässerung ist Verfälschung, in jedem Fall. Es wäre anders ein verlogenes Tagebuch, und so etwas publiziere ich nicht. Dann laß ich es besser g a n z sein.
Doch, wie gesagt, ‚ganz’ geht momentan nicht. Und ich muß eine praktikable Lösung finden. Bin verwirrt, Sie merken es an diesem Text. Bin zugleich glücklich. Wie komisch das ist.

>>>> Dieser Text stand übrigens, ein wenig anders formuliert, direkt in ARGO drin. Ich fand das, als ich überarbeitete, zu erklärend im Roman selbst – und nahm es heraus (das Buch ist eh viel zu dick). Möglicherweise werde ich alle oder doch die meisten solchen Stellen herausnehmen, weil sie vielleicht mehr der Eigenorientierung dienen, als daß sie dem Roman als ästhetischem Gebilde dienen. Dann bekommen sie erst einmal ihren Platz in Der Dschungel, werden dafür je als Getrenntes bearbeitet und schließlich, Pflastersteinchen für Pflastersteinchen, in den Weg gehämmert werden, der meine Poetologie auch theoretisch beschreitbar macht.

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