Bamberger Elegien (24). Sechste Elegie (4). Entwurf der weiteren Fortsetzung.

D a s tut Kunst: ist p e r v e r s, pervertere, ‚umkehren’, ‚wenden’,
Luzifer immer, immer Prometheus, Licht bringend, Feuer,
bäumt sich rebellisch gegens Entsetzen, verwandelt’s in Schönheit,
nicht dieses selbst, gewiß, doch uns, die’s ergriffen genießen.
Leiden preßt sie um in Genuß, ja w ä r ohne Leid nicht.
Daran hat Kunst ihre Schuld, wie Schönheit selbst, und Größe.
Ausweg ist sie, nur sie und Schuld doch wie jede Kultur,
ohne die sie nicht wäre, und weiß es und formt auch das noch.
Unumgänglich auch diese Verzweiflung, ihr wesenhaft eigen,
Unglück, selbst Grauen nutzen zu müssen und schwere Nöte,
Folter, Haß – vor Kriegen, Völkermord macht sie Halt nicht,
Lehm ist’s, sie knetet ihn, um zu gestalten, den Atem von Schönheit
atmen zu können, ihn auszuatmen: uns beglückend,
irreal, ein Phantom, aber ja sichtbar und hörbar!
Solch eine Kraft gibt es, wenn du bereit bist, dich hingibst selber,
Kraft aus dem wortgewordenen Nichts, so wehren w i r uns,
vollbewußt, daß es Nichts doch b l e i b t. Denn niemanden nährt es.
Keinem gibt es die Beine zurück, keinem die Töchter.
Was mir den Glauben an Übersinnliches nahm? Es war dieses.
Kunst ist genau. Dem Übersinnlichen sperrt sich das Handwerk.
Dann erst und darum kann sie’s erzählen. Und macht euch glauben.
Schönheit kann Werken, sogenannten modernen, auch fehlen;
grausam wirken sie, häßlich, unzugänglich, düster,
aber beschwören sie d o c h, indem sie streng sie verbergen,
jenem gleich, der Unnennbar ist, daß keiner ihn lästert;
so beschwören sie’s in einem selbst, bildnerisch innen;
man muß nur sehen, muß sehen wollen, nicht gleich verführt sein:
Wäre sie bloß, kaufte ein schneller Markt sie um Mehrwert,
dünnte, schminkte, zersüßte sie und machte sie billig
wie eine Prostituierte, die sich aufspreizt elend,
gegen ihren Willen, für jeden. Und verliert, was sie strahlte.
Was mich ungläubig machte? Daß diese Frau nichts rettet.

(4)

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