Arbeitsjournal. Freitag, der 1. September 2006.

6.07 Uhr:
[Berlin Kinderwohnung, Küchentisch.]
Um acht Minuten nach fünf aufgestanden, nachdem ich um zwölf ins Bett ging und auch gleich einschlief. Ich setz mich an den Küchentisch, und sofort fällt mir >>>> das ein. „Einfallen“ bedeutet, ich habe plötzlich den ersten Satz der Erzählung, ich hatte ihn, als ich die Leiter des Hochbetts hinabstieg. Setzte mich noch v o r dem ersten Eintrag ins Arbeitsjournal an den Laptop, schrieb ihn nieder und formulierte dann die Szene aus. Wohin so etwas gehört, ob ich sie in dem Requiem verwende (denn ganz offenbar ist sie aus meiner Pettersson-Beschäftigung herausgekommen), ob ich sie später in einen Roman integriere oder ob es eine eigenständige Erzählung werden wird, weiß ich nie sofort, wenn ich’s schreibe. Manchmal erfahre ich es erst Monate später. Also wird’s unter PROJEKTE „abgebucht“, die in Der Dschungel eine Reservoir von Ideen ansammeln für Zeiten, vielleicht, in denen mir nichts mehr einfallen sollte und ich mich allein noch auf die Beherrschung meines Handwerks werde verlassen können. Das Literarische Weblog hat den Vorteil, daß solche Ideen nicht mehr vergessen werden können in irgendwelchen Skizzenbüchern; wenn ich sie brauchen sollte, neue Ideen, dann werde ich einfach nur noch PROJEKTE anklicken und durchlesen können, was drin notiert ist. Und daraus wählen. Wie man einen Stein wählt, der behauen werden soll, wie man wahrscheinlich Farbe auswählt oder bestimmte Leinwände.
Ich will heute die Pettersson-Aufsätze weiterlesen, aber es wird nicht arg viel Zeit sein wegen der Steuer; mittags muß ich bei der Steuerberaterin sein, es sind vorher noch Rechnungen, die ich als pdfs erhielt, auszudrucken und mit anderen Unterlagen, noch nicht zugeordneten, für die 2005er Steuer zuzuordnen. Und irgendwann nachmittags oder frühabends findet meines Jungen Klassenfest statt. Da geh ich, klar, hin. Und werd auch den Abend danach familiär verbringen, denk ich mal.


[Diese von hinten oder seitlich aufgenommenen Fotos aus der Arbeitssituation haben was;
sie gefallen mir. Aber was – und wem ? – versuche ich eigentlich, damit etwas ‚zu beweisen’? Sicherlich haben solche
‚Dokumentationen’ auch einen sehr eitlen Character. Aber es ist nicht nur das. Sondern so etwas wie das Bemühen,
mich irgendwie abzusichern, irgendwie Selbstbestätigung zu erlangen, als wäre – und das ist es ja – mein Ich völlig ungewiß. Weshalb es Zeugen braucht. Nämlich Sie. Was immer man also über meinen Größenwahn
sagen wird: letztlich bin ich wohl der unsichere schüchterne Junge geblieben, der ich einmal gewesen bin, ängstlich
und ohne Selbstsicherheit- und hab ich noch so sehr die Decke meiner in Literatur verschlungenen Männlichkeit (meines machismo) darübergezogen.]

In den Pettersson einbauen, unbedingt: Prediger Salomo 4, 1. Denn auch er fiel mir ein, wortwörtlich, als ich die Leiter des Hochbetts hinabstieg.

9.20 Uhr:
[Berlin Arbeitswohnung. Allan Pettersson, Sinfonie Nr. 16.]Letzte Hand nicht an sich, sondern an die Steuervorbereitungen 2005 legen. Ganz sorglos. So gut ist’s in der vertrauten Arbeitshöhle, die von Musik schwillt.

12.52 Uhr:
[Berlin Kinderwohnung.]
Von der Steuerberaterin, bzw. deren ausgesprochen freundlicher und fühlend mitdenkender Mitarbeiterin zurück. Für 2004, so hat ihre Arbeit nun ergeben, gibt es keine Nachzahlungsverpflichtung, sondern eine Rückzahlung. Nur die Umsatzsteuer bleibt, was daran liegt, daß das Finanzamt Rechnungen als pdfs umsatzsteuertechnisch nicht anerkennt. Ich bekomme Telefonrechnungen aber sämtlichst online. Und werde deshalb von der Telekom schriftliche Rechnungen für alle Monate 2004 und 2005 nachfordern müssen. Dann wird sich auch die Umsatzsteuer – freilich erst nachträglich, also wenn die Belege vorliegen – deutlich gegen Null reduzieren lassen. – Mit einem enormen Gefühl der Erleichterung verließ ich das Steuerbüro und wandte mich bereits in der S-Bahn der Pettersson-Lektüre wieder zu.
Ob mich Pettersson >>>> hierfür sensibel gemacht hat?

Ich eß eben was, bin noch völlig ohne Frühstück. Vielleicht krieg ich dann noch eine halbe Stunde Mittagsschlaf hin, bevor es ins Kinderfest geht.

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