Arbeitsjournal. Sonntag, der 3. September 2006.

5.44 Uhr:
[Berlin Kinderwohnung, Küchentisch.]
Kurz nach zwölf ins Bett, kurz nach fünf Uhr auf. Die Routine beginnt, wieder zu greifen. Sofort war auch der Kopf wieder voll, nicht mit dem Persönlichen, das wie bei grippalen Infekten abends immer am meisten fiebert und morgens milder ist, man denkt persönlich-abgeklärter und dafür schärfer auf sein objektives Material; was möglicherweise mit einer direkt vollzogenen Traumarbeit zu tun hat, die bereits ausgleichend tätig wurde. Interesssanterweise, fällt mir gerade auf, verhalten sich Emotionen in dieser Hinsicht ganz anders als die Sexualenergie, die morgens – z u g l e i c h mit geschärftem Geist – fast immer auf dem Anstand liegt.
Mir geht >>>> diese Diskussion nach; und aus dem eben skizzierten möglichen Zusammenhang heraus denkt sie sich nun weniger auf mich selbst bezogen und im Wortsinn persönlich unangegriffener, so daß es gar nicht so sehr mehr darum geht, sich zu wehren. Statt dessen herrscht eine Überlegtheit vor, die zur Position finden will. Also begann ich sofort nach dem Aufstehen mit einem theoretischen Partikel zur Gewaltverherrlichung, bzw. überhaupt Darstellung von und Nachdenken über Gewalt und Gewaltbereitschaft, wohl wissend, daß sie direkt mit Sexualenergie konnotiert ist. Um die ging es dem Beiträger offenbar, also um ihre Darstellung in sehr bestimmten Facetten, auch wenn ihm das selbst s o wohl nicht klar ist und er das Problemfeld deshalb auf einen vermeintlichen Gegner, also mich, verschiebt. Der Text ist allerdings noch nicht fertig; ich schrieb eben die Ansätze herunter, die noch auszuformulieren sind. Deshalb hier einstweilen kein Link. Ich setze ihn später nach oder werde ihn anderswo setzen.
Interessant übrigens, was mir gestern vormittag am Telefon eine Freundin über einen Mann erzählte, der kurz davor war, aus seiner Ehe endgültig auszubrechen, einer anderen Frau wegen, zwischen der und seiner Gattin er in den letzten Monaten hin- und hergerissen war: Die Gattin kehrt von einer Reise zurück, er schläft mit ihr, und sie klagt: „Er war dermaßen hart und dominant! Das war nicht mehr schön.“ Metaphorisch gesprochen, läßt er in seiner Ehe >>>> das bleibende Tier von der Leine. Spannend ist dabei, daß sich das bleibende Tier nunmehr für die Gattin entscheidet und der mit ihr neu ausgelebte, sagen wir, ‚pure’ Sexualdrang, erfüllt, genau in die Sozialität zurückkehren will, die er doch eigentlich floh. So daß sich der Mann expressis verbis wie emotional für seine Frau e n t s c h e i d e t. Möglicherweise ist es also auch hier, letztlich, n i c h t das Verantwortungs- also das soziale Bewußtsein gegenüber der Familie (es sind Kinder da), was diese Familie schließlich rettet. Sondern ein sehr lebenserhaltender Instinkt, einer, der auch und gerade das Leben der Anvertrauten erhält, so sehr er es zugleich – biologistisch gesprochen: per auf Genestreuung gerichteter Energie – bedroht hat.
Solche Grundenergien freizulegen und künstlerisch zu gestalten, ist seit jeher eines meiner Anliegen gewesen. Was nicht völlig stimmt, denn sozialisierterweise komme ich von einer moralisch dogmatischen Sicht auf Gesellschaft und Dichtung her, einer gesellschaftskritischen, also politisch vorgefügten. Aus der ich nach und nach auf dem Wege meiner Arbeit herausgeglitten bin. Eigener Wille hatte damit nicht viel zu tun, sondern die Schärfe des literarischen Blicks, sowie Lebenserfahrungen: das sind solche an anderen und an mir. Soviel noch zu dem literarischen Projekt >>>> „Willige Frauen“. Damit sind ja Frauen gemeint, die wollen, nicht etwa solche, die gezwungen, geschweige sie nötigend übervorteilt werden. Jeder der kleinen Texte, die sich mit ihnen beschäftigen, stellt das mehr als klar. Es geht um, matriarchalisch gesehen, Frouwen, denen gegenüber das andere Geschlecht kaum mehr als eine Anhäufung verlorener Männchen dasteht. Und so wird es von ihnen behandelt.

Ich formuliere jetzt mal den Text weiter, dann geht’s wieder an Pettersson.

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