B.L.’s 26.9. – entthront

18:48
Zwar habe ich Aragon’s „Irène“ nicht mehr bekommen, dafür aber seht seit heute das Bild ihrer Mutter Irene auf dem Nachttisch meiner Ehebetthälfte, bzw. auf der Seite, auf der ich für gewöhnlich schlief. Denn seit dem letzten Jahr schlafe ich, wenn auch mit Unterbrechungen, immer häufiger und viel lieber allein. Auch früher schon, als ich meine erste Freundin hatte, konnte ich es nicht ertragen, die ganze Nacht dich bei ihr zu liegen: es gelang mir nicht einzuschlafen auf diese Weise. Sicher, das Bett damals war kleiner, und ein Ehebett ist groß genug, um unberührt darin schlafen zu können. Dennoch mußte ich meine Frau oft bitten, abzurücken, weil ich nicht sonst nicht einschlafen konnte. Für mein Alleinschlafen kommt noch der Umstand, daß ich zuweilen schnarche. Da war sie immer erbarmungslos: Sofortiges Wecken. Und wenn sich das in der Einschlafphase mehrmals wiederholt, kommt das einer Folter gleich, ständig sofort wieder geweckt zu werden. Also lieber so. Natürlich wird sie das Bild ihrer Mutter nicht deshalb auf „meinen“ Nachttisch gestellt haben, um damit einen Schnarch-Exorzismus zu betreiben. Das Zeichen ist zu deutlich, als daß ich nicht darin eine merkliche Distanzvergrößerung sehen sollte. Wir sehen uns gegenseitig wie durch umgekehrt vors Auge gehaltene Fernrohre. Ich habe die Bilder nicht gezählt, die sie von ihrer Mutter im Haus aufgestellt hat, sicher nicht so viel wie Anthoine Célèbre von seiner Fougère in Aragons „Spiegelbildern“, aber doch irgendwie allgegenwärtig. Wie sagte sie mir einmal im Auto: „Meine Hände sehen denen meiner Mutter immer ähnlicher“. Ich habe weder Bilder von ihr noch von anderen lebenden Personen hängen, auch trage ich den Ehering seit Jahren nicht mehr, er mir zu eng geworden (in tatsächlich beiderlei Sinn), auch das güldene Kettchen, das sie mir einst zum 40. Geburtstag schenkte, trage ich schon lange nicht mehr. Irgendwann empfand ich es nur noch als Kette. Selbst der —> Bart-„Schmuck“ ist mir nicht mehr so genehm, sobald er lang wird. Ganz kurz mag gehen, so wie jetzt. Einzig der Armbanduhr (auch diese ein Geschenk von ihr) mit den japanischen Ziffern bin ich schon seit langer langer Zeit treu, sofern ich mal unterwegs sein muß. Halt Schweizer Qualität!
„Der Mann nach der Uhr“ (—> Theodor Gottlieb HIPPEL: den kennt auch keiner mehr).

3 thoughts on “B.L.’s 26.9. – entthront

  1. Hmm… Herr Lampe – ich würde Ihnen gern mal den Faden, der sich durch Ihre Einträge zieht, am liebsten vor die Augen halten, ein bißchen baumeln lassen und sie fragen: „Was sehen Sie?“, „Welche Qualität hat dieser Faden?“, „Wie sieht das Garnknäuel aus, dem er entspringt?“; aber vor allem würde ich Sie fragen wollen: „Wer hat das Garnknäuel in der Hand?“.

    „Will ich etwas ändern?“ und „Warum will ich etwas ändern?“.

    Die Frage, warum Sie etwas ändern wollen, kann der stärkste Antriebsmotor sein. Wenn man sich klar macht, dass man in einer schwierigen Situation, die man nicht ändern oder vermeiden kann, immer die Freiheit hat, zu ändern, wie man mit dieser Situation umgehen will, auch die Freiheit hat, sich selbst zu ändern, sind die eigentlichen Beweggründe, warum Sie etwas tun wollen der stärkste Motor – Ihre eigenen Motive liefern die Antriebskraft. Wenn man meint, keinen guten Grund zu haben, etwas zu tun wollen, wird man sich kaum in Bewegung setzen. Es gibt einen guten Grund: … der heißt Bruno Lampe und das sind Sie. Sich sein eigenes Bewusstsein von „eigener Persönlichkeit“ wieder bewusst zu machen, hat auch etwas mit Liebe zu sich selbst und Selbstachtung zu tun.

    Im Übrigen finde ich es immer wieder schade zu registrieren, dass eine ganz einfache Regel in der Ehe nicht praktiziert wird: „Respektierende Distanz zur Nähe und liebende Nähe zur Distanz“ (dieser Gedanke kam mir irgendwann einmal).

    Ach ja – wo ist der Rasierapparat?

    1. Nichts anderes ist derzeit im Schwange. Sie sprechen es an. Das Knäuel hat noch tausend Knoten. Aber das läßt sich nicht vermeiden nach so langer Zeit. Und ihr Zitat von der respektierenden Distanz… das vermisse ich in der Praxis. Und nicht bei mir.
      Ansonsten rechnen Sie damit, daß hier noch etliche Knoten beschrieben und hoffentlich aufgelöst werden.
      (Gerade dachte ich auch daran, daß vielleicht auch einmal die Anfänge beschrieben werden sollten. Mal sehen, demnächst.)
      Ich habe aber noch gar keinen Rasierapparat! (Auch da gibt es eine Geschichte: als ich mich mal kahl schor!)
      Ich mag’s gern als eine Geschichte auffassen, die beschreibt, daß endlich doch noch eine Distanz entsteht zur Nähe, die dennoch nicht vergißt, daß sie vielleicht sogar eine Liebe hinter sich läßt. Ich weiß es noch nicht. Oder nicht wieder. Es ist sehr kompliziert. Und es schwierig, sich darin zurechtzufinden.

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