Arbeitsjournal. Donnerstag, der 29.März 2007.

7.57 Uhr:
[Küchentisch.]
Lange mit dem Profi in der Bar gestern nacht, gegen Viertel vor eins erst kam ich heim und hab dann heute morgen verschlafen. Die Situation z e h r t, ich ziehe meine Kräfte um mich zusammen und fixiere die Attacken. Bereits gesichert sind nun Telefon- und DSL-Anschluß, bzw. – Kosten in der Arbeitswohnung. Zwei Leserinnen übernehmen je eines. Als ich mich bedankte, schrieb eine, was man a u c h mal dokumentieren sollte:(…)Nicht zu viel loben, ich arbeite auch nicht mehr als Sie, nur zahlen meine Kunden besser als Ihre. Wenn ich bedenke, für welchen Schrott ich teilweise Geld ausgebe (z.B. GEZ-Gebühren), dann ist die Überweisung an Sie eine mit einem super Preisleistungsverhältnis. Keine Mogelpackung, wie so vieles andere. So etwas macht mich auf eine etwas verquere Weise stolz, obwohl man ja meinen sollte, einem Dominanten wie mir müßten, weil er um Hilfe bitten muß, die Zähne faulen. Nö. Das Gebiß blitzt erst recht. Denn ließen sich Die Dschungel aus finanziellen Gründen nicht länger halten, wär das dem Betrieb eine L u s t. Und wer wollte ihm die gönnen? Jetzt i s t sie ihm nicht gegönnt. – Ich schrieb zurück:Liebe Frau ***, ich danke Ihnen dennoch (stapft mit dem Fuß auf…). Gestern kam gerade die Rechnung mit den Daten, ich leite sie einfach an Sie weiter. Man scheint bei >>>> Strato nur über Einzug zu handeln, ich frag aber nachher noch mal nach. Muß sowieso meine Einzugsgenehmigung stornieren, damit da nicht immer Rückbuchungs-Gebühren anfallen. Ich kann Ihnen sagen… hier ist was los. Doch bin ich ruhig, und mein ständiger pseudonymer Berater, der Profi, ist’s auch. Ganz komisch, daß ich in einer wirklich brenzligen Situation nicht ständig ausraste wie sonst, sondern still vor mich hinschau, den Kopf runternehm und mit bereiten Schultermuskeln den Ansturm erwarte. Nur zur poetischen Arbeit komme ich derzeit ein wenig eingeschränkt. Denn es ist ja auch noch der ganze Umzug zu richten (…).
Ja ja, dieser Umzug. Nötig ist a u c h: die Arbeitswohnung auszumisten, um Platz zu schaffen. Es stehen da bestimmt Hunderte Bücher herum, teils in hohen Stapeln auf dem Fußboden, die ich eh nie, bzw. nicht mehr lesen werde, auf die ich ganz gewiß auch literarisch nicht zurückgreifen werde, die aber alles haben wie ja… eine Dschungel zuwachsen lassen. Zumindest Platz für meine Baumhütte muß da werden; aber ich hab keine Ahnung, wie ich das zeitlich hinbekommen soll, w e n n denn die Elegien bereits im Herbst erscheinen sollen und die Hexametrisierung derart viel Zeit schluckt. Dabei ist noch gar nicht mitgedacht, daß auch an >>>> ARGO wieder zu gehen ist, nämlich die ZF zur DF zu bearbeiten. Und das Hörstück über Stromboli wird, neben >>>> der Dichtung für die Jesses, zu schreiben sein – weshalb übrigens Hartz IV für mich völlig ausfällt. Wenn nämlich der Funk im September zahlt, dann ist wieder ein Batzen Geld da, der aber für, sagen wir, ein halbes Jahr reichen muß; und sowas ist Beamten einer Agentur für Arbeit nicht klarzumachen. „Nee“, sagte der Profi gestern nacht, „das kapieren die n i e. Für die ist das dann ein Monatsgehalt.“ Aber im Fall des Privatkonkurses wär‘s eh weg… und auch, finde ich, dann ganz in der Ordnung so. Hauptsache, ich krieg die Schuldenlawine erst mal zum Stillstand und dann weg, bis mein Junge ins ausbildungstechnisch teure Alter kommt.
Guten Morgen, Leser. Ich tu jetzt anderthalb Stunden was an der Vierten, dann wende ich mich wieder >>>> d e m da, dem in Klammern, zu.

(Ach ja, was Mäzene und meine Arbeit anbelangt, steht als nächstes unbedingt die Mietsicherung der Arbeitswohnung an. Aber dazu schreibe ich dann noch mal gesondert, sowie ich insgesamt den Überblick habe. Noch sind drei fette Stöße ungeöffneter Post zu öffnen, bzw. die darin schon geöffnete Post zuzuordnen. Muß ich eh machen, damit ich beim Konkursanwalt eine entsprechende Aufstellung vorlegen kann.
Das Probem ist ja auch folgendes: Um so etwas wie über Stromboli zu schreiben – Hörstück & Dichtung -, muß ich da hin. Um da hinzufahren, brauch ich Geld, wenigstens Handgeld usw. Pfändet man mir das aber weg, dann k a n n ich nicht hinfahren und also auch den Auftrag nicht ausführen, und also verdien ich auch nichts daran. Unser System insgesamt rechnet einfach nicht mit Künstlern bzw. ähnlich arbeitenden Freiberuflern, sondern ist nahezu vollumfänglich auf angestellte Arbeitnehmer ausgerichtet, bzw. auf Leute, deren private und berufliche Finanzierungen getrennte sind: E i n h e i t des Menschen, Nicht-Entfremdung, ist nicht mitgedacht.)

11.40 Uhr:
Selbstverständlich ist jetzt, nach >>>> Volltext, mit mehr von >>>> solchem Ina-Hartwig-Zeug zu rechnen. Man muß ja irgendwie reagieren, das muß ja irgendwie entschärft werden. Eben rief >>>> Uwe Wittstock von der WELT an, wollte Näheres wegen der Revisionen an MEERE wissen; meine Bitte, nichts mehr über die Identität des Klägers zu schreiben, und zwar e b e n aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, schlug er in den Wind: „Das muß ich doch meinen Lesern e r z ä h l e n.“ Man kann sich nur an den Kopf fassen und wünschte sich einige Leute um den ihren kürzer. Es ist ohnedies nicht viel drinnen. Und was das von Ina Hartwig >>>> suggestiv unterstellte “Hier der Jude, da der Nazi” anbelangt, so gibt es darauf nur e i n e Antwort: die Ohrfeige, und zwar einmal links und einmal rechts.

14.13 Uhr:
[Arbeitsjournal. Britten, Winter Words op. 52.]So, latte macchiato, Musik und ungeöffnete, zu öffnende Post. Ich hoffe, daß ich damit heute fertigwerde, jedenfalls damit, sie richtig zuzuordnen. Tätig werd ich dann erst ab morgen/übermorgen. E** vorhin am Telefon >>>> hierzu: „Da hast du deinen Unbeliebtheitskoeffizienten mal wieder bestätigt.“ Was er zur Sache selbst gesagt hat? „Das ist soooo dumm! Die Leute sollten Ihren Beruf als Kritiker an den Nagel hängen, wenn nur noch Häme es ist, was sie antreibt.“ Und sich selbst auch, füg ich freundlich hinzu. Statt dessen hocken sie in Juries und treffen über Wohl und Wehe von Literaten Entscheidungen, über die keine fünfzig Jahre später die Leute nur noch den Kopf schütteln werden. Aber das kriegt ihr Kontoführer dann nicht mehr zu spüren. Und das Häuserl ist gebaut und vererbt.
Der Mittagsschlaf entfällt heute, arbeitshalber. Da ich abends Zuhause auch kochen möchte für meine Lieben.

15.13 Uhr:
[Martinu, Julietta.]
LH ruft an, leicht über Hartwigs Artikel empört… „Die hat das Buch doch gar nicht gelesen!“ A b e r, sagte er, „mit der hast du es dir jetzt für alle Zeit verdorben.“ Ich: „Sie mit mir auch. S o herum scheint das niemals wer zu betrachten. Außerdem kann es doch nun wirklich nicht darum gehen, daß man es sich mit jemandem nicht verdirbt, das hat doch bei der Beurteilung von Dichtungen und in der Haltung von Dichtern absolut nichts zu suchen!“

17.44 Uhr:
[Küchentisch. Am Netz.]
Einige Mails.

3 thoughts on “Arbeitsjournal. Donnerstag, der 29.März 2007.

  1. Sie schreiben von Pfändung. Ist Ihnen nicht die Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen bekannt? Gepfändet werden kann erst ab ungefähr 985,00 Eruo monatlich, d.h. alles was drüber liegt, kann gepfändet werden, aber 985,00 Euro muß man Ihnen lassen. Auch wenn Sie die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Da Sie die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, ist doch für drei Jahre Ruhe vor Gläubigern. Und warum bekommen Sie kein ALG II? Sie müssen halt nur Ihr Einkommen angeben, das dann mit ALG II verrechnet wird. So haben Sie aber monatlich mindestens ca. 345,00 Euro + Mietkosten. Aber wahrscheinlich verdienen Sie doch mehr (wenn auch unregelmäßig) und wollen das bei der Agentur für Arbeit nicht angeben. Machen Sie Privatinsolvenz, dann gilt doch auch die Pfändungsfreigrenze. Na ja, jedenfalls schade, dass Sie keine Mäzene finden, da Sie doch ein umfangreiches Werk vorzuweisen haben und wie ein Berserker an Ihrem Werk arbeiten. Ein Mann mit Ihren schriftstellerischen Fähigkeiten muß doch mal die finanziellen Probleme hinter sich lassen. Sie werden ja auch nicht jünger…

    1. Nee, jünger nicht. Lacht. Aber reifer. @steuerparadies. Das mit der Pfändunsgrenze weiß ich… es muß dann nur jedesmal, ist ein Konto, bzw. das, was daraufkommt, gepfändet, um wieder-Freigabe kämpfen – notfalls gerichtlich. Und ich kann getrost a l l e s bei der Agentur für Arbeit angeben, da ist ja nichts. Es wird in der Tat auch mein nächster Schritt sein, zusammen mit der Privatinsolvenz.
      Daß ich manchmal mehr verdiene, ist richtig, aber das muß man dann immer aufs Jahr hochrechnen. Letztlich hält’s sich mit ALG II wohl die Waage und wird dann eine reine Verrechnerei werden – die bitte der Konkursverwalter leisten möge, da ich selbst buchhalterisch völlig unfähig bin.

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