B.L.’s 4.8. – Arbeit am Sich

21.03
Ich konnte es mir nicht verkneifen heute, ihren Rücken zu fotografieren, den ich aber nicht einstelle, nicht der jüngsten Vorkommnisse hier in das Dschungel, sondern aus Rück-(appunto!)-sicht, sogar vor mir. Ist natürlich zweideutig, dieser Possessiv, also sag’ ich mal fortan O. Ich könnte auch einen griechischen Buchstaben wählen, wie sie mir ja einst A und O gewesen. Aber, ich weiß nicht, ob Omega noch richtig wäre. Omikron wäre auch falsch. Also O. Wie ich sie ja auch oft in meinen schriftlichen Tagebuchfragmenten der letzten beiden Jahrzehnte nannte. Und die Nachbarin nenne ich mal N. (der ich Fußgänger ihr Autofahrerin in Amelia mal wieder begegnet bin). Die Gelegenheit dazu ergab sich heute in Amelia (appunto): Ponyreitwettbewerb mit Teilnahme der Neffen, die mich gestern extra noch anriefen, um mir die Zeiten mitzuteilen, natürlich weil sie wollten, daß ich komme. Also fuhr ich. Zumindest O. würde auch dort sein, das wußte ich. Ich hatte sie schon am Vormittag angerufen: ihr Geburtstag heute. Eine kleine Überwindung hat es mich doch gekostet. Denn ganzen Wettbewerb hindurch stand ich dann weitab von ihr und ihrer Schwester, der Mutter der Neffen, und auch der Holländerin, mit der sich immer noch keine Gelegenheit ergeben hat, einfach mal zu plaudern. Weitab, weil ich den Schatten unter den Bäumen oberhalb der Tribüne vorzog. So lange in der Sonne sitzen, mag ich nicht. Das war gleichzeitig Vorwand und Grund. Die Sicht war allerdings beschränkt. Kurz vorm Einschlafen sah mich ein kleines Mädchen aus ihrem Kinderwagen mit großen Augen an. Und ich schaute dann auch oft auf ihr Schlafen. Schließlich stand der Kinderwagen direkt vor mir und mir zugewandt. Dennoch war mir nicht wohl, ich wollte fast schon gehen. Ihre, O.’s, Gegenwart tut mir nicht gut, weil sie sich auf Förmlichkeiten versteift hat mittlerweile, die mich in Allem bremsen, wie gehabt. Alle Sicherheit verfliegt. Auch das ist zweideutig. Warum mußte ich denn ihren Rücken fotografieren? In gewisser Hinsicht ist sie immer noch die Frau, die ich hatte. Aber sie hat mich nicht mehr. Weil ich nicht mehr wollte, daß sie mich hat. Eine Frage – so banal es klingt – von Haben und Sein. – D. indes, die ich neulich in Porto Recanati besucht hatte, wird mir langsam zu einem Kontrapunkt zu meiner jetzigen Aufbruchbewegung, weil bei ihr genau das Gegenteil stattfindet. Entsprechend der Ton ihrer Mails. Ich kann aber solche Strudel im Moment nicht gebrauchen. D.h., ich werde mal wieder hinfahren müssen, einen Gesprächsnachmittag verbringen, sonst liegt das als unverdauter Kloß auf dem Magen. – Ab nächsten Sonntag findet nun in Toffia in der Sabina die Poesieausstellung statt, für die ich was eingeschickt hatte und von der es erst hieß, das solle in der Via Giulia in Rom sein. Gestern erhielt ich dann die offizielle Einladung dazu. Ich werde gewiß hinfahren. Denn das mach’ ich mir derzeit zum Prinzip, alles Neue auszuprobieren, was mir schon Lust macht, aber wofür doch eine gewisse kleine Schwelle zu überschreiten ist. Also auch das so ein bißchen Arbeit an Sich.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .