B.L.’s 15./16.9. (II) – Obsessionen

20.35
An gestern kann ich mich kaum erinnern. Bzw. erinnern schon, aber an nichts herausragendes. Vorgestern abend passierte es mir gegen 10 Uhr abends, daß die Nachbarin zweimal mit ihren Füßen aufstampfte. Ich hörte Keith Jarrett aus den Lautsprechern (also nicht über Kopfhörer), aber durchaus nicht laut. Gut, dachte ich, das geht wohl direkt an meine Adresse, denn wenn alles still ist, hört man alles. Zum Ausgleich durfte ich mir dann anhören, wie sie weitere 75 Minuten über mir hin und her ging. Ich weiß auch gar nicht, ob’s die Mutter oder die Tochter war. Ich begegne ihnen schon seit Wochen nicht mehr. Vielleicht war sie, die Mutter oder die Tochter, an dem Abend nervös. Ich weiß es nicht. Kann auch sein, daß es wegen der wenigen Möbel besonders hallt. Ich zöge es vor, darauf angesprochen zu werden. Bei ihnen zu klingeln, scheint mir Fehl am Platze zu sein. Ich müßte erst fragen, wer denn nun auf den Fußboden gestampft habe. Obwohl ich’s eher der Mutter, der ich anfangs zweimal im Dorf begegnet bin, ohne daß sie mich zum Grüßen angeschaut hätte, zutraue, als N., der Tochter, die mich ja doch die paar Mal immer gegrüßt hat, als unsere Wege sich kreuzten. Also alles à la „kleine aber beharrliche Obsessionen“.
Heute zum Mittagessen bei der Neffenmutter, nachdem ich die Neffen in der „Unterstadt“ aufgegabelt hatte (sie waren bis 12 in der Messe (!), hatten dann Erlaubnis, mit den Freunden etwas im kleinen Park zu spielen, wo ich dann auf sie wartete, um sie zum Essen in die „Oberstadt“ mitzunehmen – zwischen ihrem Auftauchen und dem tatsächlichen Aufbruch verging wie üblich eine halbe Stunde: erst mußten mit den Freunden Kartenstapel begutachtet werden, einer hatte einen ganzen Beutel voll). Nach dem Mittagessen las ich ihm Schulheft des der beiden Neffen eine Beschreibung von mir: er hat mich noch in Erinnerung, daß ich die Treppe hinunter stieg, um mir Kaffee zu holen, gab aber die Schilderung meiner Abende in der neuen Wohnung wieder (also zwei Realitäten vermischend), daß ich nämlich im Sessel säße und läse bei einer Flasche Wein, ansonsten sei ich sehr intelligent, schlank und muskulös, außerdem hätte ich ihm Flitzebogen gebastelt. Dann zu O. wieder. Die Abrechnung der laufenden Ausgaben bis zu meinem Auszug. Und es kribbelt, wenn ich sie sehe. Wahrscheinlich auch bei ihr. Also, so richtig vorbei ist das nicht. Vorbei ist das Zusammenleben. Da gibt es kein Zurück. Es war auf jeden Fall lockerer als das letzte Mal. Einen Moment lang hatte ich ihren Oberarm vor meinen Lippen. Aber die Zeichen stehen auf Vorsicht. Die letztendliche Geste bei allzugroßer Nähe ist dann doch ein Abwenden. Und kein Warten. Und mein Warten dauert zwei Sekunden.

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