Arbeitsjournal. Mittwoch, der 10. Oktober 2007.

5.26 Uhr:
[Am Terrarirum.]
Die zweite Nacht, in der ich die Zwillingsbabies allein betreute; das läuft ganz wunderbar; werden sie unruhig, sind sie fast allein durch Körperwärme und auch schnell wieder zu beruhigen. Haben sie Hunger, bring ich sie kurz der Mama, die auch schon fast wieder gesund ist, und nehme sie nach dem Stillen wieder zu mir. Und bisweilen muß nachts halt gewickelt werden, was auch nicht sonderlich anstrengend ist. Man fällt in der betreuenden Gegenwart von Babies in solch eine Art Halbschlaf, der dennoch tief und erholsam ist; so, stell ich mir vor, schlafen Katzen – und so schläft vielleicht überhaupt alles Tier, das sich nicht in Höhlen schützen kann, sondern im Unterholz liegt: immer ein Ohr auf die Gefährdung ausgetrichtert. Ich hätte sogar pünktlich um halb fünf zur Früharbeit aufstehen können, war eben wirklich munter, ja frisch; aber die Kleinen waren unruhig, so mußte (und wollte) ich noch etwas bei Ihnen liegen.
Die Arbeit ist darüber jetzt etwas ins Stocken geraten, aber das macht mich nicht nervös. Wenn der Junge um halb acht zur Schule radelt, werd auch ich aufbrechen und dann sicher in einem Rutsch den Entwurf der ersten Heidelberger Vorlesung fertigstellen. Die Schwiegermutter ist noch für eine Woche auf Besuch; so ist ab zehn Uhr morgens Betreuung hier, und ich werd bis zum Abend durcharbeiten können, von meinem Mittagsschlaf und um 16 Uhr einem Fußpflegetermin abgesehen.
Das ist, Leser, nun mal wieder ein sehr privater Eintrag, der eigentlich mehr in ein Tagebuch als in das Arbeitsjournal gehörte. Doch ich dämpfe seine Privatheit; erklären indes, weshalb die >>>> Dts’ gerade etwas stocken, m u ß eine Dokumentation literarischer Arbeitsabläufe und -bedingungen schon. Aus bekannten Gründen erkläre ich aber lieber in Andeutungen und, sic, dämpfe, wo ich früher präzis und so unscheu wie unkeusch erzählt hätte.

Mit dem >>>> Opernnetz gab es gestern abend ein sehr freundliches Telefonat mit dem Mitherausgeber. Ich bin mit ihm übereingekommen, den Klarnamen des Redakteurs, mit dem ich die Auseinandersetzung hatte, aus Der Dschungel wieder herauszunehmen; es mag ihn erschreckt haben, wie schnell und wie weit vorne er sich bei Google wiederfinden mußte. Allerdings laß ich mich nicht darauf ein, die Zitate aus seiner Email an mich ebenfalls zu entfernen; andernfalls wäre mein großer Ärger, von dem ich berichtet habe, für niemanden mehr nachvollziehbar.
Jedenfalls werde ich nunmehr weiter für das Opernnetz schreiben. Worüber ich eigentlich auch ganz froh bin: schon weil ich das Opernnetz-Label nun n i c h t von meiner Laptop-Decke abkratzen muß.

Guten Morgen. Ich werd mal den Morgen-Kakao für meinen Sohn bereiten.

(Heute beginnt die erste Frankfurter Buchmesse seit über zwanzig Jahren, auf der ich nicht dabeisein werde. Weil ich das Reisegeld nicht für eine Fahrt nach Frankfurtmain nicht habe. Etwas Wehmut ist da s c h o n.)

7.28 Uhr:
Der gesundheitliche Zustand ist doch noch nicht so weit besser, daß ich zur Arbeitswohnung radeln wollte, ehe die Schwiegermutter hier ist und also jemand die Wache übernimmt. Deshalb bleib ich noch bis gegen halb elf. Und arbeite nebenher Am Terrarium an der Vorlesung weiter.

14.29 Uhr:
[Arbeitswohnung. Ligeti, Kammerkonzert für 13 Instrumente.]
Nach etwas mehr als 2 Lebensjahren ist heute nacht Ratzfelix gestorben. Auch wenn diese Spanne der, wie ich erfuhr, durchschnittlichen Lebenszeit einer Ratte durchaus entspricht, ein wirklich schönes Leben hatte das Tier sicher nicht, so ganz ohne Gefährten seiner Art. Da ist schon ein schlechtes Gewissen in mir, etwas leise Nagendes… dieses Bewußtsein, daß es für meinen seinerzeit vierjährigen Jungen tatsächlich zu früh war, daß ich >>>> ihm solch ein Tier geschenkt (20.52 Uhr im Link) habe , das Anschluß und Freunde braucht. Er hat sich nie recht um Felix gekümmert, und auch ich, eigentlich, war dazu nicht recht in der Lage, schon weil ich ihn hier, der vielen Kabel usw. halber, nicht einfach herumlaufen lassen konnte.
Seit vorgestern war das Tier seltsam. Flitzte es sonst, sowie ich die Arbeitswohnung betrat, immer an die Gitter seines Käfigs, um begrüßt zu werden, gefüttert zu werden, gestreichelt zu werden, lag es seit gestern nachmittag nur in seinem Unterschlupf und mochte sich nicht rühren. Daß es bis heute gestorben wäre, war mir instinktiv klar. Als ich ihn eben aus dem Käfig nahm, war das Körperchen schon starr. Nun werd ich Ratzfelix heute am Abend mit meinem Jungen bestatten: neben seinem vor knapp zwei Jahren verunglückten Ratten-Brüderchen Jonathan unter dem Holztotem, das auf einer Rabatte im Hof der ehemaligen Väter-WG steht.

Nur langsames Weiterkommen mit der ersten Heidelberger Vorlesung, da es bereits nicht mehr um Ideen geht, was zu sagen ist, eher bin ich schon zu lang geworden, sondern um den Bogen in den Schluß. Ich werde das Ding vielleicht heute noch ausdrucken, um dann erstmals auf dem Papier zu korrigieren und auch, vor allem, zu strukturieren.

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