Arbeitsjournal. Mittwoch, der 6. Februar 2008.

4.59 Uhr:
[Hausacher Hegerfeld. Bruch, Kol Nidrei. Nescafé.]
Jetzt habe ich ein Problem. Sei es, daß er sich wirklich einen Infekt zugezogen, sei es, daß sich seine kleine Erkältung spontanverschlechtert hat, sei es, daß ihm die Beerdigung der Omi nachgeht, sei alles dies auch gemischt, jedenfalls habe ich seit heute nacht um zwei Uhr ein mit 39,7 hoch fieberkrankes Kind hier im Bett liegen. Und muß doch dringend nach Berlin zurück. S o können wir n i c h t fahren. Nicht vor allenfalls abends oder besser noch morgen; sollte sich das seltsame Kinderwunder schnellen Genesens wiederholen. Morgen früh um 9.30 Uhr ist der Termin im Konzerthaus mit dem ganzen Orchester, übermorgen früh um 9 Uhr geht der Spanienflieger. Die Reise ist nun akut gefährdet, damit der Artikel für die Sonntagszeitung und der Auftrag-insgesamt, und damit das gesamte nächste Geld. Selbstverständlich werde ich nach Krankheitslage entscheiden. Immerhin fand ich nachts beim Stöbern Kinder-Paracetamol gegen das Fieber, das dann auch schnell sank. Nun muß ich beobachten und pflegen. Und nachher gucken, ob ich Fieberzäpfchen auftreibe; während der Fasnacht ist hier ja fast alles geschlossen. Andererseits ist heute Aschermittwoch… (und gestern erzählte noch eine der neubekannten Verwandten vom Aschenkreuz)…
Eine leise Hoffnung habe ich noch, den Zug um Mittag nehmen zu können. Ansonsten k a n n es auch erst morgen sein. Frühestens. Abwarten. Und einfach sicherheitshalber schon mal alles gepackt haben.

[Banadanashwili, Gedicht für Klezmer-Klarinette und Orchester
(hier eben unter den CDs gefunden).]

Ich werde jetzt die BAMBERGER ELEGIEN wieder vornehmen.

(Ich trug die Urne selbst. Und ging – welch unbewußte Eulenspiegelei! aber ich kannte und sah es nicht – am Grab vorbei. Das merkte ich lange nicht, weil ich, meinen Jungen zur Seite, der eine Pflanze von meiner Mutter geliebter Terrasse trug, nicht hinter mich sah, wo die kleine Trauergemeinde längst stehengeblieben war. Die ältere freundliche Beerdigungsunternehmerin lief mir nach und drehte mich sozusagen herum.
Ich versenkte die Urne selbst im Grab. Versteckt stand nahbei die Schubkarre mit der Erde. Als alle Abschied genommen hatten, nahm ich den Spaten und begrub meine Mutter selbst. Mitten dabei springt ein hutzliges Totengräbermännchen herzu und schimpft im alemannischen Dialekt: „So geht das nicht“, nimmt mir den Spaten aus der Hand, dreht ihn stielunten und stochert in der Erde rum. „D o is der Grund!“ Ich nehme ihm den Spaten wieder weg und beschließe, was ich begann. Ich wollte das einen Fremden nicht tun lassen.)

10.13 Uhr:Der Junge, nebenan, schläft noch immer und schläft sich, denke ich, gesund. Vielleicht schaffen wir die 12.35er Ortenau-S-Bahn nach Offenburg zum Berliner ICE. Unruhig erledige ich Post; keine Konzentration für die Elegien…

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