Arbeitsjournal (1). Donnerstag, der 7. Februar 2008.

5.15 Uhr:
[Honegger, Cellokonzert (1929).]
Raus aus dem Rucksack, rein in den Rucksack. Morgen früh geht es ja gleich weiter; Sachen sind zusammenzusuchen, vor allem für die Geräte: die USB-Soundcard von Edirol, der DAT-Rekorder mit den OKM-Mikros, für den Notfall der Mini-Disk-Rekorder und genügend DAT-Bänder und Minidisks; dann die Computer-Hardware und ein Satz beschreibbarer CDs/DVDs; der Fotoapparat; die Akku-Ladegeräte (zur Sicherheit müssen noch Batterien gekauft werden). Dann die Klamotten, dabei ein Anzug mit Hemden für die Konzertabende. Das Typoskript der BAMBERGER ELEGIEN wird freilich ebenfalls mitmüssen. Ich seh mich schon schleppen. Immerhin muß ich für die Reiselektüre keine Bücher einpacken, denn die schreib ich mir selbst (ist ein Bonmot Tucholskis, lo so).

Dreiundfünfzig bin ich heute. Nach dem Tod meiner Mutter (der Herd für den Knochenkrebs saß, wird vermutet, in der Lunge) bin ich nicht ganz ununruhig, was meine eigene Raucherei anbelangt; dennoch will ich Zigarren mitnehmen. Auch mein Großvater ist an Lungenkrebs gestorben, wie nun seine Tochter, so auch er mit 77; auch mein Vater ist (wahrscheinlich) an einer Krebsart gestorben. Sowas, denkt man zynisch, verpflichtet wie sein Adel. Um 9.30 Uhr will ich im Konzerthaus sein: zur stattfindenden letzten Probe-vor-der-Tournee; ich soll da dem Orchester als „Chronist“ vorgestellt werden, was ich witzig finde. Vorher will ich nochmal zur Familie heimradeln; auf dem Wohnzimmertisch liegt liebevoll Verpacktes.

Die Rückfahrt von Hausach ließ sich erst gut an; aber nach vier Stunden Fahrt stieg das Fieber wieder, und mein Junge mußte sich legen. Knapp drei Stunden hatte ich seinen Kopf auf meinen Schenkeln und konnte eigentlich nichts weiter tun, als ihn zu streicheln und ihm die Kraft zu übermitteln, die letzten Stunden Heimkehr einigermaßen durchzuhalten. Ab Hauptbahnhof nahmen wir diesmal ein Taxi; der Junge lag, ich saß mit hinten und hatte nun seine Unterschenkel auf den Schenkeln. Zuhause ging das Fieber erst wieder zurück, aber im Bett dann stieg es erneut an, so daß der Bursche heute zuhausebleiben wird.
Gearbeitet hab ich während der Fahrt also nicht; die ersten drei Stunden döste ich ohnedies nur vor mich hin, stärker geschafft, als ich das vorher gemerkt hatte. Nachts traf ich dann noch U. und den Profi, der mit mir Geburtstag hat. „Du siehst aus, als wolltest du am liebsten dauernd weinen“, sagte er. Ich darauf: „Das will ich nicht. Grad das ist das Erschreckende, wie pragmatisch ich alles aufgenommen habe und immer noch aufnehme, wie wenig Gefühl dabeiist. Es ist ein wenig, als würde mich d a s erschöpfen.“ Ich hielt auch nicht lange durch. Nachdem wir uns um zwölf in den Arm genommen hatten, bat ich ziemlich gleich um den Aufbruch und war dann auch bereits zwanzig nach zwölf wieder daheim, um die Babies zu übernehmen; die Frau schlief diesmal im Zimmer unsres kranken Jungen. Der aber wohl durchschlief.
Jetzt also ist aus- und einzupacken. Ich hätte gern noch einen Puffertag zwischen Hausach und dieser neuen Reise gehabt.

[Bruckner, Sechste, Klemperer.]

Diese Sinfonie wird auf der Tournee gespielt werden. Ab heute nachmittag, und bis zum 18., werden Sie das Arbeitsjournal auch auf der Hauptsite Der Dschungel finden, stets >>>> zum Konzerthaus Berlin verlinkt. Weltwechsel.

(Und ich werde heute im Lauf des Tages mein Interview mit >>>> Lothar Zagrosek in Die Dschungel stellen; als Einführung, dürfen Sie sagen.)



>>>> REISEVORBEREITUNGSJOURNAL.
[Unüblich für mich, übrigens, direkt ins Weblog zu schreiben, anstatt erst einmal als Datei vorzuformulieren. Aber, wenn online, eine hübsche live-Erfahrung.]

14.01 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Die Probe sollte bis 14 Uhr weitergehen, aber ich mußte los, um aus dem Laden bei mir unten im Haus meine Post der vergangenen Woche abzuholen… UPPS, Anruf… und schon muß ich wieder weg. Shit.

14.40 Uhr:
[Bruckner, Sechste, Klemperer.]
Zurück. Also an die Vorbereitungen.

23 Uhr:
[Am Terrarium.]
Bin ausgesprochen müde (wieder nicht zum Mittagsschlaf die Zeit gefunden), aber will unbedingt noch die Sterbeanzeige für meine Mutter formulieren und heute nacht per Mail in Auftrag geben; dazu lese ich im Tristram Shandy quer – dem Roman, den meine Mutter für ihre nächste Öffentliche Lesung durch- und durchgearbeitet hat. Aus ihm will ich das Motto der Anzeige ziehen, die noch an diesem Wochenende erscheinen sollte.

4 thoughts on “Arbeitsjournal (1). Donnerstag, der 7. Februar 2008.

  1. Dir das Beste wünsch’ ich zu Deinem Geburtstag und für die anstehende Reise, ohne es deshalb auf solche kurzen Zeiträume beschränken zu wollen, das Beste nämlich.

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