schachmatt, platt… einfach hinüber, dieser tag war un:glaublich. für diesen arbeitstag werde ich nicht gewillt sein, eine begrifflichkeit zu finden. als ich unten ins gebäude kam, saß mein chef unten am empfang, er hatte seine schlüssel vergessen, der hausmeister war nicht erreichbar. ein hilfloses menschlein stand vor mir: „bin ich froh, daß sie kommen. guten morgen, gucken sie mal, so eine scheiße.“ er hielt mir seinen linken arm hin, ein eingerissener jackettärmel, die manschette seines hemdes in gleichem zustand, blickten mir entgegen. „was mach ich denn jetzt?“ „haben sie inzwischen das ersatzhemd und ein anderes sakko im schrank?“ „nein.. ich hätte auf sie hören sollen.“ „was hat eine gute sekretärin in ihrer schublade?.. außer aspirin, und schuhputzzeug, auch nähnadel, zwirn und knöpfe, wenn nötig auch noch sicherheitsnadeln und schnürsenkel.“ „ich brauch erst mal einen kaffee.“ ich hob die brötchentüte in meiner linken hand auf seine augenhöhe: „… und ein franzbrötchen?“ „ich glaub, sie retten mir heute morgen das leben und meinen frack.“ „jawohl chef.“ oben aufschließend, erstmal die fenster öffnend, die nicht gegossenen blumen registrierend, veranlaßte mich der anblick des büros meines chefs dazu, die tür zu seinem zimmer wieder zu schließen. er setzte sich dann auch nicht in sein büro, sondern auf den kleinen besucherstuhl hinter meinem schreibtisch. „und nu?“ „ich koch jetzt den kaffee, und sie ziehen sich aus“ grinste ich. „ok“ grinste er zurück. als ich aus der küche kam, war er in seinem zimmer verschwunden, hemd und jackett hingen über der rückenlehne des stuhls. auf dem rückweg aus der küche brachte ich gleich wasser für die blumen mit, was sehr wahrscheinlich zwecklos sein wird, die sind hinüber. mein kollegin hatte sie nicht gegossen, obwohl sie es mir versprach. in dem moment kam sie auch, begrüßte mich mit schmeichelweicher hand und einem strahlenden lächeln: „das ist ja schööön, daß sie wieder da sind“ flötete sie, und stutzte: „was machen sie denn da?“ „der chef ist mit dem jackenärmel irgendwie an der autotür hängengeblieben, ich geb grad mein bestes.“ „wo ist er denn?“ „in seinem zimmer.“ „ah… das ist gut, ich muß mit ihm gleich etwas klären.“ „hmm“ dachte ich… „laß ich sie da jetzt reingehen, oder nicht.“ „ich glaub, sie warten besser noch einen moment, bis ich ihm die sachen wiedergegeben habe…“ „wieso?“ „na ja, er sitzt da ja jetzt im hemde oder auch nicht…“ sie verstand nicht, was ich gesagt hatte. „nein, ich muß das gleich mit ihm klären, er ist mir gestern nämlich ganz gehörig auf die nerven gegangen, so geht das nicht.“ „gut.. wie sie wollen. wenn ich sie um etwas bitten dürfte?“ „ja?“ „nehmen sie ihm bitte seinen kaffee mit rein?“ ihre miene verzog sich: „wenn es sein muß.“ „ja, ich glaub, daß muß sein… er hatte noch keinen, dann kann ich hier weiter nähen.“ im stillen wußte ich ganz genau, warum mein chef in seinem zimmer verschwunden war, er hat nämlich die angewohnheit, unter seinem oberhemd kein unterhemd zu tragen. ich hatte die knöpfe an der manschette gerade angenäht, als die kollegin, ein tablett in beiden händen tragend, durchs zimmer fegte… sie öffnete mit dem ellenbogen die tür, und in dieser blieb sie dann stehen. die in ihr gesicht hochschießende röte sah ich ganz genau aus dem blickwinkel, den mir mein nach unten geneigter kopf noch gewährte, schließlich war ich ja ganz konzentriert mit nähen beschäftigt. sie klärte garnichts mit ihm, kam wie eine tarantel aus dem büro wieder rausgeschossen: „das hätten sie mir doch sagen müssen.“ „ich sagte ihnen, daß es besser wäre, zu warten, bis ich ihm seine sachen gegen habe, sie hörten mir aber nicht zu, und außerdem hätten sie ja auch anklopfen können.“ „und was hätte ich dann mit dem tablett machen sollen?“ „auf meinem schreibtisch abstellen, was sonst.“ sie sagte nichts mehr, ging in ihr zimmer und schloß die tür. der eingerissene ärmel war schwieriger instandzusetzen, ich schaffte es aber immerhin, mit dem annähen der knöpfe, auch das ausgerissene futter wieder zu stabilisieren, den rand noch angeheftet… so konnte er sich zeigen. ich ging zu seiner tür, klopfte an… wartete. er steckte vorsichtig den kopf durch die tür. „nu glauben sie ja nicht, ich hätte noch nie einen mann mit nacktem oberkörper gesehen, ich wollte ihnen sowieso mal ganz zart sagen, daß man unter dem oberhemd im job ein unterhemd trägt.“ „das weiß ich jetzt auch, aber das eben hätten sie mir doch ersparen können.“ „ich versuchte es, sie hörte nicht auf mich.“ er grinste wieder: „mir macht das ja nichts aus.“ „ich wollte der kollegin mal den anblick eines nackten durchtrainierten männlichen oberkörpers gönnen.“ und dann sah ich ihn einfach nur an, und er blieb stehen. war ein netter, kurzer augen:blick. er nahm mir das hemd und das jackett aus der hand: „ich würde gern mit ihnen gemeinsam frühstücken.“ „ok.. chef.“ die zeit des frühstückens war dann auch die notwendige aufarbeitung der letzten zwei wochen, danach verschwand er im ersten meeting.
ich holte mir glasreiniger und tücher aus der küche und säuberte meinen schreibtisch, die hausdame hatte keinen handschlag getan. während des wischens geriet ich mit einer handbewegung an den trackball, was zur folge hatte, daß sofort der bildschirm reagierte. „ups.. wieso ist der rechner an?“ fragte ich mich, ließ lappen und flasche stehen, meldete mich an, und sah erst einmal in das postach. 447 nichtgelesene mails. „danke liebe kollegin“ dachte ich, freute mich aber, daß die reparatur meines rechners während meines urlaubs geklappt hatte. auch war anscheinend alles schon installiert. auf die idee, mal unter den tisch zu gucken, kam ich erst später. ich ging rüber zur kollegin: „lief die reparatur meines rechners reibungslos über die bühne, oder gab es schwierigkeiten.“ „nein… es ist alles i.o., ihr rechner läuft.“ ich bedankte mich bei ihr und zog die tür wieder zu. beim weiteren arbeiten bemerkte ich aber, daß mir laufwerke fehlten.. ich schaute mir die netzwerke an, und sah, daß die meisten nicht verbunden waren, erst da guckte ich unter den tisch. und ich mußte nochmal gucken, es standen nämlich immer noch zwei rechner da… der rechner, der angeschlossen war, war eindeutig der leihrechner. meiner stand daneben. also ging ich wieder zur kollegin: „welchen rechner hat der it-service instandgesetzt?“ „ja… den, der angeschlossen ist.“ „das ist aber der leihrechner.“ „kann garnicht sein, der junge mann sagte mir, daß er ihren rechner repariert und angeschlossen hätte.“ „hat der junge mann, wie ich es ihm auf den zettel schrieb, dann auch gleich den it-service angerufen? der rechner mußte doch neu aufgesetzt werden.“ „nein, das war nicht notwendig, es war ja alles schon drauf.“
im grunde besiegelte diese antwort diesen arbeitstag. völlig ruhig rief ich den it-service an. sehr schnell klärte sich, daß nicht mein kaputter rechner, sondern der intakte leihrechner „repariert“ worden war. das neue board und die neue festplatte hatte man in diesen eingebaut. „eine frage möchte ich jetzt noch stellen, wieso hat sich niemand darüber gewundert, daß das betriebssystem auf dem reparierten rechner, obwohl es da ja hätte nicht drauf sein dürfen, schon installiert war.” dem jungen mann war es absolut peinlich… morgen kommt der it-service also nochmal und repariert dann den richtigen rechner. ich blieb ganz ruhig…manche tatsachen nimmt man einfach besser nur zur kenntnis, wenn man anfinge, darüber nachzudenken, spaltete sich nicht nur der schädel.
das postfach war am wichtigsten… fristengebundene betreffs arbeitete ich als erstes ab. danach war das büro meines chefs an der reihe. berge von papier… mappen gestapelt… bis zum nachmittag hatte ich wenigstens das auf der reihe. die kollegin hatte nichts, aber auch garnichts gemacht. mein chef… der hat einfach keine zeit für diese dinge. er sah zwar, daß es sich stapelte, aber keine möglichkeit für sich, es selbst abzuarbeiten. den halben tag kam die kollegin immer wieder zwischendurch in mein zimmer und klagte, daß sie ja jetzt durch diese zusätzliche arbeit die zwei wochen schon wieder so viel überstunden hätte. in ihrem klagelied hielt sie dann irgendwann plötzlich inne: „wieso haben sie eigentlich so wenig überstunden?…“ „ich arbeite anders als sie“ antwortete ich. da verstummte sie, und ging wieder in ihr zimmer. mal schauen, wie sie diese antwort jetzt verkraftet. jede menge terminüberschneidungen hatte sie in den kalender gestellt, wollte mir einige davon noch in die schuhe schieben, was dann doch zu einer auseinandersetzung führte, die ich eindeutig für mich klärte. die von ihr eingestellten engen zeitfenster der termine führten dazu, daß mein chef einige termine nicht zeitgerecht einhalten konnte, was widerum einen allgemeinen tenor entstehen ließ. „der hält seine termine nicht ein.“… drang in meine ohren, von den anderen suppen, die ich noch auslöffeln mußte, ganz zu schweigen. und, sie hatte tatsächlich in einigen abläufen beide chefs gegeneinander ausgespielt, was ich dann noch über beziehungen, auf aufsichtsratsebene, zu hören bekam, schlug dem fass den boden aus.
am späten nachmittag kam der chef noch einmal ins büro, bevor er einen externen termin wahrnehmen mußte. er sah meinen blick: „wollen sie mir etwas sagen?“ „ja.“ wir setzten uns noch kurz zusammen. „als sich mich einstellten, sagten sie mir, daß sie sich für mich entschieden hätten, weil sie eine starke persönlichkeit in ihrem rücken bräuchten… eben, weil sich einiges ändern muß. ich schreibe ihnen diese woche auf, was sich in unserem bereich alles ändern muß, damit die abläufe wirklich auch dann gesichert sind, wenn einer mal nicht da ist.“ er sah, daß ich es geschafft hatte, seinem büro wieder einen ansehbaren anblick zu verschaffen: „ich mochte ihr nicht alles geben, ich hätte es ja nicht wiedergefunden.“ „ich weiß, daß sie im augenblick in konzernweite entscheidungen eingebunden sind, die im ganzen unternehmen… in allen ländern auswirkungen haben werden, aber das geht so einfach nicht… da fragen sich die leute doch irgendwann, wer hier eigentlich der chef ist… zumal sie den ruf ja ohnehin seit jahren weg hat.“ „wie… welchen ruf.“ „frau xxxxx ist hier der chef…und zum anderen chef, nicht über ihre person, sagt man mut zur lücke.“ mir ist klar, daß sie erst seit einem halben jahr im unternehmen sind, sie aus diesem grunde noch nicht alle schwelenden feuer entdeckt haben, das wissen aber auch andere. wenn wir hier oben unsere abläufe nicht sicherstellen können, wie wirkt sich das dann in den abteilungen aus? wir sind hier 1500 mitarbeiter, wenn sich in der mannschaft ein tenor erstmal festgefressen hat, werden sie jahre brauchen, um diesen wieder zum verstummen zu bringen.“ „sie sind ganz schön mutig.“ „ja… und genau deswegen haben sie mich eingestellt.“
mich verließ ein sehr nachdenklicher chef, der sich dann aber für mein offenes wort bedankte. er hatte keine zeit, das gespräch weiterzuführen… der externe termin drängte. auch morgen ist er nicht im büro. „wir reden am freitag.“ sagte er. „bis dahin haben sie ihre aufstellung.“ antwortete ich. er ging noch nicht gleich, blieb stehen: “ich würde sie am freitag gern zum abendessen einladen. es gibt gespräche, die man besser nicht im büro führt.” “telefonieren wir morgen?” “ja” “gut, dann reden wir morgen noch einmal, ich muß da noch etwas klären, bevor ich zusagen kann.” “es freute mich sehr.” ich antwortete nicht, aber ich lächelte.
einen lichtblick hatte ich heute aber doch. ein kollege nahm sich, während er vor meinem schreibtisch stand, und auf meinen chef wartete, das kleine büchlein „griechischer frühling“ von gert hauptmann. „sie lesen?“ „ja.“ „auch englische literatur?“ „ja.“ „meine frau will jetzt die ganzen bücher ihrer studienzeit im altpapier entsorgen, ich bring ihnen morgen eine liste mit, da können sie sich etwas aussuchen, ich könnte ihnen ganze kisten hier anschleppen.“
er benannte mir dann sämtliche klassiker… worüber ich mich sehr freute. ich bin sehr auf die morgige auflistung gespannt, und werde mir so viel wie möglich aussuchen. es ist witzig, weil es nun der zweite kollege ist, der mir auf solchem wege bücher verschafft.
am meisten nehme ich der kollegin übel, daß sie, obwohl sie es versprochen hatte, meine blumen nicht mit wasser versorgte. unter anderem eine zwölf jahre alte orchidee… ich habe sie heute wieder mit nach hause genommen, mal schauen, ob ich sie wieder aufpäppeln kann. sie sieht so erbärmlich aus, daß mir das richtig weh tut. ich glaub, ich bin doch von einem anderen stern, ich rede ja auch mit meinen pflanzen.

der 10 kilometer lauf war notwendig…