Arbeitsjournal. Sonnabend, der 28. Juni 2008.

5.27 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Latte macchiato (Aber nicht ganz das Glas voll; ich werde sowas um sechs kurz zum Büdchen müssen, um Milch zu kaufen). Morgenzigarette. Völlig versiffter Schreibtisch.Es wird dringende Zeit, ihn zu reinigen, zu polieren, vorher Ordnung zu machen; vielleicht find ich dann auch die herausgebrochene Krone, die ich wochenlang mit mir im Portomonnaie herumtrug, die aber jetzt, als ich beim Zahnarzt war, nicht mehr im Fächerl lag; er bat inständig, es doch zu suchen; fänd ich’s, es würde ihm viele Arbeit ersparen. Na gut. Aber erst, wenn ich das Buch ausgelesen habe und raste, bevor ich die Rezension schreibe. Immerhin, ich mag ja keine Verrisse verfassen, immerhin bin ich beruhigt: schlecht ist dieses Buch n i c h t, es ist sogar gut, nein, sicher nicht in sprachlicher Meisterverfaßtheit, aber gut erzählt und: der Autor hat tatsächlich eine Geschichte, ganz >>>> wie feelia das vorgestern gefordert hat. Ich werde es so auch schreiben: Unter den gegenwärtigen Deutschen haben die Ostdeutschen die besseren Geschichten, wenn nicht überhaupt alleine welche. Jeder guten Geschichte geht Not voraus; im Realismus muß das eine objektive (materiale), nicht etwa eine subjektive (ideale/innere) Not sein. Mal den Eindruck ins Grobe gesprochen.

Gestern abend dann noch mit dem Profi in >>>> der Bar gewesen; auch findeiss stand an der Theke (folgen Sie >>>> diesem Link; es lohnt sich, bei ihm zu lesen). Kurze Begrüßung, wie immer, sich sehen, grüßen, auseinandergehen, „>>>> wie du das richtig geschrieben hast“, sagt er, hochgewachsen, der Frauen Scheitel reicht ihm meist grad bis zur Brust, immer sieht er ein wenig nach einer Kreuzung aus Woody Allan, Cary Grant und >>>> Peter Vogel aus; ich mußte aber doch für einen Moment dieses Ritual des Nichtssagens durchbrechen, um Dank zu sagen, und der Profi tat mit: „Das ist >>>> ein klasse! Text über Rainald Goetz, danke“. Mit dem Understatement eines persönlichen Profilberaters von Altkanzlern winkte er ab. Und rauchte. Ja, wir rauchten in der Bar, man stellte uns eigens einen Aschenbecher hin. Aber es war auch nicht viel los; ein paar Leute saßen draußen unter Heizstrahlern, wiewohl es s o kühl nicht war, und drinnen gab er mehrere schöne Frauen zu sehen, sechse je zu zweit, die andren in Gruppenbild mit Herren. Der Profi will mich immer noch für Malos halten; er sammelt sogar Indizien. Was nun aber Sie nicht wissen können, das ist, daß e r – nicht etwa ich bin’s – in den frühen Achtzigern im Sudan gewesen ist, als Entwicklungshelfer, und zwar direkt >>>> in Dschuba (er schreibt es nur anders, sagt er: Juba). Das macht also wiederum m i c h stutzig. Aber der Profi beharrt. Nun hat das auch sein Gutes, das seine Argumente ganz aushebelt: denn wenn Malos >>>> gestern abend Diotima tatsächlich getroffen hat, dann habe ich immerhin ein Alibi. Das würde ich im Notfall so auch vortragen lassen. Wiederum warnt der Profi: „Ich würde an deiner Stelle wenigstens sicher gehen, w e r er ist. Über den Sudan wurden im großen Stil Waffengeschäfte abgewickelt.“ „Das macht mich jetzt stutzig. Malos selbst schreibt, daß er während seines Rotterdamer Aufenthaltes kurz nach Brüssel habe müssen.“ Über die noch aus Kolonialzeiten „klassische“ Rolle Belgiens bei internationalen Waffengeschäften wissen wir beide. Ich denke aber auch an Mds Bemerkung zu meiner Börsenzeit: „Du weißt es besser n i c h t, für wen alles hier im Land wir haben den Finger krummachen müssen.“ Deshalb ist des Profis Warnung vielleicht besser doch in den Wind zu schlagen.

Ich werde jetzt wieder lesen. Guten Morgen.

18.22 Uhr:
Es geschieht nicht mehr sehr häufig, daß ich bei einem Roman weine. Hier, bei diesem geschah es. Auch das werde ich schreiben. Marc Buhl, 375, Roman, Eichborn.Ein paar Kleinigkeiten muß ich noch recherchieren, bevor ich zu schreiben anfangen kann. Nichts über den Autor, den ich bislang nicht kannte, auch nichts darüber, ob schon anderwärts über das Buch geschrieben worden ist; aber ein paar Hintergründe möchte ich noch wissen. Für alles andere, die reale Biografie usw., ist erst Zeit n a c h der Rezension.
Aber jetzt erst einmal wieder ans Cello. Habe ein neues Gedicht angefangen, ein trauriges, „Cellolied“ soll es heißen, fünf Zeilen sind schon da. Heute übernachte ich hier, damit ich gut Zeit für die Buchbesprechung habe, und vor allem, bevor ich schreiben werde, auch aufräumen und saubermachen kann.

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