Im Maelstrom. 18.08. 2008. Paul Reichenbach spannt Taue.

Es ist wieder einmal Montag. Samstag und Sonntag, zwei Tage, die eigentlich zum Auftanken dienen sollten, vergingen wie im Fluge, ohne entspannende Wirkung zu zeigen. Die Sorgen, die mich nunmehr fast 3 Wochen schon so aufzusaugen scheinen, erzeugen eine Sucht nach Gedankenlosigkeit, die, wie der Teufel das Weihwasser, das Wort meidet.
Das alte Linienschiff ist zum Schlepper geworden, das einen Segler, der auf einer Sandbank aufsitzt, ins Schlepptau genommen hat, um ihn wieder in die Fahrrinne zu ziehen. Das Meer widerspricht mit stürmischen Wogen, will, was es schon für seinen Besitz hält, nicht freigeben. Der Sand knirscht an den Wanten der kleinen Segelyacht, die Taue spannen, und umso mehr sie gezogen wird, scheint sie sich einzugraben. Und Land, von dem Rettung kommen könnte, ist nicht in Sicht.

Stelle dir einmal vor, es sei zu den einzelnen Dingen
Nur ein beschränkter zeugender Stoff im Ganzen vorhanden:
Wie und wo, auf welcherlei Art, durch welches Vermögen
Sollte sich dieser zusammen, im Ozeane der Stoffe,
Unter den Strudel gemengt fremdartiger Teile, verbinden ?
Nirgends kann ich den Grund von solcher Vereinigung finden:
Sondern, so wie die wogige See, nach gewaltigem Schiffbruch,
Ruderbänke und Mast und Segelstangen und Steuer,
Kiel und Schnäbel der Schiffe, das bunte flutende Schnitzwerk
Weit an alle Küsten zerstreut entlegener Länder,
Dass sie ein Zeichen werden, ein Beispiel lehrend die Menschen,
Nie des gewaltigen Meeres verborgener Tücke zu trauen,
Ja, noch dann es zu scheun und nicht sich darauf zu verlassen,
Wann sie die spielende Flut mit buhlender Freundlichkeit anlacht:
Ebenso würden, woferne die Zahl von einigen Stoffen
Eingeschränket man nimmt, von wechselnden Wogen des Urstoffs
Ewig umhergewälzt, sie nie zur Verbindung gelangen,
Nie festsetzen sich können und nie sich vergrößern durch Wachstum.
Aber dass dieses geschieht, das sehen wir dennoch vor Augen;
Dass sich Wesen erzeugen und dass das Erzeugete fortwächst:
Und wir schließen daraus, die Zahl ursprünglicher Körper
Sei in jeglicher Art, das Ganze zu stützen, unzählbar.
Und so behalten denn nicht die Bewegungen, welche zerstören,
Immer die Oberhand, zu begraben ewig die Wohlfahrt
Aller Dinge; noch können auch die, die Zeugung und Wachstum
Fördern, erschaffene Wesen in ewiger Dauer erhalten.
Und so führt sich der Krieg der uranfänglichen Körper
Seit undenkbarer Zeit mit gleichem Verlust und Gewinn fort.

Lukrez: De rerum natura

Ob Lukrez mit seiner Behauptung, dass es eine Balance zwischen Gewinn und Verlust gibt, Recht hat, wird die Zukunft erweisen, die gegenwärtig dem alten Schiff alle Kräfte abzwingt, damit der Segler, um zu Sein, wieder an seinen eigenen Küsten landen kann. Schiffbruch ist dabei nicht auszuschließen.

P.S: Ich brauch noch eine Weile, um mich wieder ans TB heranzuschreiben.

2 thoughts on “Im Maelstrom. 18.08. 2008. Paul Reichenbach spannt Taue.

  1. darüber musste ich jetzt etwas ===>schmunzeln… nicht aber über die fehlende Balance… mit der habe ich selber zu kämpfen. Es scheint, als müsse sie wirklich jeden einzelnen Tag erarbeitet und mühselig bewahrt werden.

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