Wir gehen durch Menschen h i n d u r c h.

Für >>>> June.

Wie sie durch uns.
Wir haben am Ende unscharfe Ränder,
diffus wie die Zeit und das Halblicht in Wäldern.
Wie Sonne in Meer vor der rufenden Tiefe.

7 thoughts on “Wir gehen durch Menschen h i n d u r c h.

  1. Variante, besser.

    Ihr geht durch Menschen h i n d u r c h.
    Wie sie durch euch.
    Ihr habt am Ende unscharfe Ränder,
    diffus wie die Zeit und das Halblicht in Wäldern.
    Wie Sonne in Meer vor der rufenden Tiefe.

    [>>>> Dieser Kommentar machte mir deutlich, daß ich nicht genau ausgedrückt hatte, was ich ausdrücken wollte; er hat ja recht; mich interessiert(e) aber eine andere Perspektive, eine andere Wahrnehmung: die der anderen, die einem verschwinden.]

    1. Variante. Ich will nicht behaupten, sie sei eine bessere. Aber. Ich würde es in der ersten Zeile bei einem kurzen dramatischen Aufschlag belassen: “Ihr geht durch Menschen.” Zwei Gründe: Drei Mal “durch” ist mindestens ein Mal “durch” zu viel. Und: dieses mit “h i n” aufgepeppte und ausgezeichnete “d u r c h” ist Wortgeklapper und ein ziemlich dick aufgetragener Sinn-Zeigefinger. Und. Die letzte Zeile ist schräg und schief. Ist die vierte Zeile mit Singular, Singular, Plural toniert, holpert die letzte Zeile mit Singular, Singular und Singular aus. Und weiter: Wollen Sie wirklich mit “Wie Sonne in Meer” das diffuse Licht bebildern, das Licht, welches entsteht, wenn Sie aus der Tiefe des Meeres die Sonne erblicken? Wenn Sie umgekehrt allerdings, von oben in die Tiefe blicken, werden Sie nur im spiegelglatten Hafenwasser einen Blick in den Dreck der Tiefe bekommen. Also und abschließend:

      Ihr geht durch Menschen.
      Wie sie durch euch.
      Ihr habt am Ende unscharfe Ränder,
      diffus wie die Zeit und das Halblicht in Wäldern.
      Wie die Sonne im Meer vor der rufenden Tiefe.

    2. @Scan. Danke für Ihre Anmerkungen. Über einige habe ich ein wenig nachgedacht.

      “Wir gehen durch Menschen hindurch” ist etwas grundsätzlich anderes als “Wir gehen durch Menschen”, schon deshalb, weil I h r Vorschlag ein konkretes Bild assoziiert, das so gar nicht gemeint ist. Die Dopplung des “durch”s im Titel ist außerdem sogar n ö t i g, wenn das “durch” in der ersten Zeile (die die zweite des Gedichtes ist) abermals aufgenommen wird: es ist ein Ton, an dem das Folgende dann entlanggleitet; ohne ihn gäbe es die Verbindung nicht. Ähnliches gilt für “wie die Sonne im Meer”: auch das ist wieder konkret und als Konkretion schlicht falsch, da es “die” Sonne im Meer nicht gibt. Hingegen hat “Sonne in Meer” (eben auch nicht “im”, sondern “in”) genau die Vagheit der ungefähren Wahrnehmung, von der der erste Satz des Gedichtes spricht.
      Von “Hafen”wasser ist nirgends gesprochen. Ihr Bild ist aber auch falsch. Im Hafen sehen Sie keineswegs “den Dreck der Tiefe”, sondern bloß verschmutzte Wasseroberfläche; das ist meist selbst in kleinen Seglerhäfen so. Von Tiefe oder gar Licht kann da keinerlei begründete Rede sein.

      >>>> Dielmann hat übrigens wegen meiner Umdeutung von “Wir” in “Ihr” protestiert, so daß es wieder in die erste Fassung zurückgegangen ist.

    3. Ich protestiere nicht. Ich gebe nur zu bedenken. Zumal Sie mich nicht überzeugt haben. Konkret kann niemand durch einen Menschen gehen. Es bleibt ein Bild, das auch nicht überzeugender wird, wenn dem Satz ein “hindurch” hinzugefügt wird. Wird dieses überflüssige Wort auch noch ausgezeichnet, entweder fett oder durch Leerzeichen oder unterstrichen oder kursiv oder wie auch immer, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, daß der Autor seinem eigenen Bild nicht traut. Dieser immanente Überzeugungsmangel macht mißtrauisch für die folgenden wie-Konstruktionen: Zeit und Halblicht sind so konkret wie visionär. Sonne in Meer – vor welcher Tiefe auch immer – ist eine geschwätzige Fortsetzung und weder vage noch ungefähr, sondern ganz einfach bemüht. Aber Sie werden möglicherweise widmungsangemesene Gründe für Ihr Bemühen haben, die wir Leser nicht kennen und dennoch zu akzeptieren haben. (chuly)

    4. @Scan. “Wird dieses überflüssige Wort auch noch ausgezeichnet, entweder fett oder durch Leerzeichen oder unterstrichen oder kursiv oder wie auch immer, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, daß der Autor seinem eigenen Bild nicht traut.”
      Woher wissen Sie das? Sie glauben es; das ist Ihr Recht. Aber es bleibt doch eine Annahme, bzw. , allenfalls, ein Geschmack. Offenbar sind Sie mit meiner Art der Notation von Texten unvertraut; ich sperre seit je, ich hebe auch seit je hervor, sowohl in der Prosa wie in der Lyrik. Das hat Gründe, die sich um Geschmack nicht kümmern. Letztlich habe ich solche Verfahren aus der Musik übernommen (ich überlege seit langem, wie sich, der Musik entsprechend, in Lyrik P a u s e n so notieren lassen, daß sie zur Silbenzählung (nach Takten) hinzugehören – ebenfalls wie in der Musik). Wenn – andere Hinsicht – Mahler über den Schluß der IX. nicht nur ein “pp” schreibt, sondern darüber notiert: “morendo” – so dürfte Ihrem Geschmack nach auch dort dem Bild nicht getraut worden sein; andere Komponisten gingen und gehen so weit, die Art der Bogenführung, die bekanntlich für die Klangfarbe wesentlich ist, vorzuschreiben. Inwiefern nun aber die verkürzte Form “Sonne in Meer” geschwätzig sei, müßten Sie auch erst einmal beweisen oder doch wenigstens argumentativ belegen. Im übrigen müssen “wir Leser” (!!!!: das gleiche rhetorische Sprachverhalten schreibt “macht mißtrauisch” ohne ein Subjekt – bislang sind es nur Sie, der sich entsprechend äußert) überhaupt nichts akzeptieren; es empfiehlt sich dann nur, einfach nicht mehr weiterzulesen. Aber wie so oft: der Aufwand verrät den Hirschen.

      [Freilich können Sie jetzt einwenden, Sprache sei nicht Musik. Darauf antwortete ich Ihnen dann: In mancher Hinsicht s c h o n. (NOTA: Sperrungen sind Betonungsanweisungen; das unterscheidet sie von kursiv geschrieben Bedeutungs-Hervorhebungen. Sehn Sie, jetzt lernen Sie sogar noch was.)]

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