Empfangsbescheinigung

ICH: (singend klingend, nicht auf eine Antwort wartend) “Morgen.“
S t e h e vor dem Empfangstresen.
Sie: (nicht lächelnd) “Grüß Dich.“
Ich: “Siehst heute so grau aus. Wo sind denn die fetzigen, schicken, grünen Schuh’ ?“ ‘Liebes Aschenputtel.’

Sehe Sie seit fünf Tagen immer wieder und anheimelnd an. Unbemerkt. Genieße ihre Schönheit. ’Wenn es eine ist?’ Sie verlängerte sich am Sonntag die Haare bis morgens um Vier. Sieht aus, wie eine Goldmarie, künstlich. Fast Perfekt. Stimmig. Überbetont. Blond, weisshaarig, rotgold schimmernde, schmale Strähnchen. Geschminkt. Inszeniert. Rotlippig. Polarisiert. ’Goldener Schnitt Ästhetik.’ Fast Sakral. ’Verrückter – Schick. UHAH!’
’Vielleicht fällt Sie mir nur auf, weil meine Gehirnprogrammierung etwas
b e m e r k e n s w e r t e s scannt, etwas, dass sich vom gewohnten abhebt.
‘Is’ ja klar!’

Sie: “Hatte gestern ein qualifiziertes Einzelgespräch“
ICH: “Aha“
Sie: “Mein äußeres Erscheinungsbild sei auffällig.“
ICH: “Gut.?“
Sie: “Nein. Das hier ist keine Modelagentur.“
Ich: “Schade. Oder?“
Sie: (schmunzelnd) “Ist ernst. Wirkt wohl unseriös.“

’Auf wen?’

ICH: (ironisch) “Schön im Takt bleiben? Schwarz und grau und weiss. Oh! Das ist JA schon so was von – GEWAGT. Vielleicht bist du in der falschen Horde? Hast du schon mal gefragt, ob du wechseln kannst. Zu den Kreativen! Das darf es BUNT sein. Du hast doch den Status eines abgeschlossenen Studiums?
T. zum Beispiel, der ist doch arg stilisiert in seinem Auftreten – Punk und trotzdem A-Kunden-Agent. Kleidung wechselnd passend zum Kunden. Ha. Ha! Alkoholiker mit Pfefferminzkaugummi, Hundezüchter, Hure, Trauernde Ehefrau, Kunstprofessor, Ingenieur, Examinierte Krankenschwester, Kieswerkbesitzer, Peter Fox- Hörer, Oma mit Regulator, Kammerorchestergeiger, Norwegenreisender … . Steuerlich absetzbar?“
Sie: “Ach. Ich hätte kein Kind bekommen sollen.“
Ich: “Hä? Steht doch auf der Internetseite. Karriere bei Punkt 8: Innovatives Unternehmen mit Familienorientierung.“
Sie: “Ja. Klar. Teilzeitgehalt mit Projektarbeit als Aufstiegschance und anschließendem Freizeitausgleich“
ICH: Hm. Na ich muss, will – sonst bin schon zu spät. Wir können zusammen Essen gehen? Wenn du magst?“ ’Hm und ihr Duft.’
Sie: “Aber nicht in die Kantine.“
ICH: “OK.“

Vorbei gehende Menschen: (singend)
“Morgen.“
“Morgen.“
“Morgen.“
“Brauch’ mal den Schlüssel von der SechsHundertundVier.“
Sie: “Bitte.“

Ich nehme den Fahrstuhl.

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